Okay, dass das Spiel zwischen Katar, der Weltnummer 50 (warum sind die eigentlich vor Griechenland und Rumänien?) und Ecuador, der Nummer 44, fussballerisch nicht der ganz grosse Brüller werden würde, war zu erwarten gewesen. Diese Erwartungshaltung erfüllten vor allem die Katari absolut, indem sie in einem absolut schlechten Spiel absolut chancenlos blieben.
Doch vieles darum herum war mindestens so schräg wie die doppelt misslungene Faustabwehr von Goalie Saad Abdullah Al Sheeb, die zum vermeintlichen 1:0 nach drei Minuten führte. Doch der VAR interveniert – und nach endlosen, fast zwei Minuten das Verdikt: Offside. Die Dauer stand ziemlich diametral dem Versprechen der Fifa gegenüber, dank der halbautomatischen Offside-Technologie die Dauer auf rund dreissig Sekunden zu senken.
Zuschauer verlassen frühzeitig das Stadion
Aber Ecuador mit dem bärenstarken Captain Enner Valencia von Fenerbahce Istanbul holt die Tore schnell nach. Erst foult besagter Katari-Goalie Valencia unbedarft. Der Stürmer sagt «muchas gracias». Dann bucht er mit einem Kopfball so scharf wie Chipotle-Chili das 2:0. Das wars. Katar viel zu schwach. Ecuador nonchalant.
Doch was sich da noch so abspielte, sieht schon nach der Pause ein beträchtlicher Teil der 67'000 «Fans» nicht mehr. Viele kehren von ihrem Pausentee oder Kaffee schon gar nicht mehr zurück. Vielleicht hätte sie ein Bierchen zum Bleiben bewegen können. Und eine Viertelstunde vor Schluss ist das Al-Bayt-Stadion, das rund eine Fahrstunde von Doha entfernt liegt, mindestens halbleer. Die Katari fordern von den Fans, die sich an den Golf bewegen, um einem Anlass beizuwohnen, der auch seine historischen Riten hat, ihre Kultur anzunehmen. Aber sie bringen dem Sport – und um das geht es bei allen Diskussionen um andere Dinge immer noch – kein bisschen Respekt und Sportsgeist gegenüber.
Freeman widerspricht sich selbst
Das hat mindestens so genervt wie der Versuch der Fifa, ein Fussballspiel zu einer Micky-Maus-Show nach amerikanischem Vorbild zu machen, mit laut plärrender Musik und noch lauteren Animatoren. Brauchts alles nicht. Ebenso wenig wie den Monsterstau rund um das Stadion mit den dicken und noch dickeren Karren der vielen VIP's und VVIP's, der zu massiven Verspätungen führt. Auch ein Wlan, das nicht richtig funktioniert, Foodstände, die nach der Pause leer sind, und das Ausserkraftsetzen von vertraglichen Millionenabmachungen zwei Tage vor Turnierstart (es geht um Bier) sind solch einer Veranstaltung unwürdig. Die Katari wollten diese WM. Sie haben sie gekriegt. Und nun sollen sie bitteschön auch richtig ausrichten!
Schön, wie immer: die Eröffnungsshow. Aber auch ein bisschen bizarr. Derweil Shakiras «Waka Waka», die wohl immer noch schönste Fussballhymne, ohne die kolumbianische Sängerin über die Bühne geht, erstaunt es, dass Oscar-Preisträger Morgan Freeman einen skurrilen Auftritt hinlegt, immer wieder von «Toleranz» und «Respekt» redet in einem Land, das Homosexuelle verfolgt. Dabei hatte Freeman vor ein paar Jahren gesagt: «Für Gleichberechtigung zu kämpfen ist ein Fest der Unabhängigkeit.» Aber mit 85 Jahren kann man das eine oder andere vielleicht vergessen.
Ach ja, und noch das zum Schluss: Die WM steigt in einem Land, in welchem es null Pfiffe gegen Fifa-Präsident Gianni Infantino gab.