«Löwe mit ausgefahrenen Krallen als Symbol dieser Tage»
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Uli Forte lobt Kampfgeist:«Löwe mit ausgefahrenen Krallen als Symbol dieser Tage»

Vor Wintis «Finalspiel»
So erklärt Forte seine Verschwörungs-Tirade gegen die Liga

Winterthur wehrt sich mit allen Mitteln gegen den Fall in die Zweitklassigkeit. Uli Forte geht wie ein Löwe voran und stichelt mit bewussten Provokationen: «Wir können uns nicht alles gefallen lassen.»
Publiziert: 18.04.2025 um 23:55 Uhr
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Aktualisiert: 08:05 Uhr
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Uli Forte vor den Winterthurer Tagen der Wahrheit: «Ich wusste ja, auf was ich mich eingelassen habe.»
Foto: TOTO MARTI

Darum gehts

  • Uli Forte kämpft mit Winterthur gegen den Abstieg aus der Super League
  • Forte setzt auf Bildsprache und Konfrontation, um das Team aufzuwecken
  • Noch sechs Runden stehen an, Winterthur ist aktuell Tabellenletzter
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sven SchochReporter Sport

Uli Fortes Countdown läuft: «Ich wusste ja, auf was ich mich eingelassen habe. Winterthur war Letzter, als ich gekommen bin – und ist es immer noch. Du musst als Trainer in die Köpfe der Spieler kommen, damit sie deine Ideen umsetzen können.»

Die Zeit wird knapp, noch sechs Runden stehen an. Der FCW-Coach sitzt im leeren Stadion auf der Tribüne. Die Gärtner der Stadt bearbeiten das malträtierte Rasenfeld. Fortes Gedanken kreisen um das nächste «Finalspiel» im Letzigrund (Samstag, 18 Uhr im Blick-Liveticker): «Wir brauchen den Sieg mehr als GC.» In den Tagen der Wahrheit muss der Zürcher die richtigen Schalter bedienen: «Es geht um das Gleichgewicht zwischen Druck, Anspannung und Entspannung.»

In komplizierten Zeiten setzt Forte auf die Kraft der Bildsprache: «Ich habe den Spielern einen Löwen gezeigt. Vor dem Löwen fürchtet man sich. Er ist nicht umsonst der King of the Animals. Er ist der König der Tiere – nicht weil er am grössten ist, sondern am gefährlichsten. Wir haben den Löwen sogar im FCW-Wappen. Also müssen wir die Krallen ausfahren.»

Forte fordert Grinta, also Biss und Resilienz ein: «Wir können uns nicht alles gefallen lassen.»

Zu viele Traumschwiegersöhne

Die Tonalität hat der Mann an der Linie im Februar nach dem 0:2 gegen den FCZ gleich selber gesetzt – mit einer Tirade gegen die Liga und die Schiedsrichter: «Wenn die Liga will, dass wir nicht mehr in der Super League sind, dann müssen sie es einfach sagen.»

Nach dem fünften Spiel seiner Winterthurer Amtszeit ohne Sieg und einem weiteren Fehlentscheid legt Forte nach und spricht von einer «Retourkutsche» der Referees. «Ich bin seit über 20 Jahren im Business und wusste genau, was ich damit bewirken würde», gibt Forte offen zu.

Von einer diffusen Verschwörung gegen die Entscheidungsträger der Super League könne keine Rede sein, wehrt sich Forte gegen entsprechende Theorien: «Es ging mir primär darum, das Team zu wecken, es vielleicht sogar ein bisschen zu schocken. Ich habe nach meiner Ankunft schnell einmal gemerkt, dass wir fast zu viele Traumschwiegersöhne in der Mannschaft haben.»

Sein Vorstoss habe etwas gebracht, sie hätten seither eine gewisse «Wir-gegen-alle-Mentalität» entwickelt: «Das ist auch nötig, wenn man unten festklebt. Dann muss man sich etwas verschwören gegen alle, um die Energie aufzubringen, um weiterzukämpfen.»

«Ich habe mich immer in die Jobs gestürzt»

Mit einem möglichen persönlichen Kollateralschaden kann er problemlos leben: «Ich habe mir während meiner ganzen Laufbahn nie Gedanken über mein eigenes Image gemacht, wenn es um das Team ging. Nie, never!»

Vor einem persönlichen Zürcher Triple-Abstieg – mit dem FCZ (2016) und GC (2019) – fürchtet sich der 50-Jährige ebenso nicht: «Ich habe mich immer in die Jobs gestürzt, ohne gross zu überlegen. Man kann es mutig nennen oder auch kopflos, aber nein, ich überlegte mir nie: Was ist, wenn ich ein drittes Mal absteigen würde? Es gehört zum Fussball: Entweder man schafft es, oder man schafft es nicht.»

Forte über Bickel: «Eine gute Sache»

Fortes Vertrag gilt auch für die Challenge League. Er will seinen Weg auf der Schützenwiese so oder so weitergehen. «Gekommen, um zu bleiben.» Den Wandspruch im Eingangsbereich der FCW-Tribünengebäudes nimmt der Coach wörtlich.

Daran ändert die Ankunft von Fredy Bickel (59) auf VR-Ebene nichts. «Es gab ein paar Kapitel, in denen wir ein bisschen aneinandergeraten sind. Das ist überhaupt kein Thema mehr. Wir haben uns ausgesprochen und sind ein paar Mal essen gegangen», stellt Forte klar. Zur Vorgeschichte: Bickel hat Forte schon zweimal entlassen – in Bern und bei GC. «Das ist alles ausgeräumt.»

Winterthur sei im Rahmen seiner wirtschaftlichen Möglichkeiten immer an Fachkompetenz interessiert gewesen, so Forte zu Blick. Die Wahl Bickels goutiert er: «Er kennt den Schweizer Fussball, er hat eine enorme Erfahrung. Das ist eine gute Sache, die mich aber nicht direkt tangiert. Ich habe genug zu tun mit der Mannschaft. Wir haben uns an den Spielen gesehen. Fredy wünschte viel Glück.» Im Alltag begegnen sie sich nicht allzu oft: «Fredy ist im Verwaltungsrat aktiv, nicht im operativen Geschäft.»

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