Am 26. Februar 2016 trat Gianni Infantino (52) die Nachfolge von Sepp Blatter als Fifa-Präsident an. Am Kongress in Kigali wird der Walliser am Donnerstag für eine weitere vierjährige Amtszeit bestätigt werden. Blick stellt Infantino ein Zeugnis aus:
Finanzen
Die Einnahmen von 2019 bis 2022 stiegen im Vergleich zum letzten Zyklus um mehr als eine Milliarde auf 7,568 Milliarden Dollar – trotz Corona-Pandemie. Alleine im WM-Jahr lagen die Einnahmen bei 5,769 Milliarden. Fast 90 Prozent des Geldes werden in den Fussball reinvestiert, der SFV erhält acht Millionen Franken und somit zwei mehr als im vorangegangenen Vier-Jahres-Zyklus. Insgesamt haben sich die Einnahmen der Verbände unter Infantino versiebenfacht. 2023 bis 2026 rechnet die Fifa mit Einnahmen von insgesamt 11 Milliarden.
Blick-Bewertung: Die Kasse klingelt. Note: 6.
Reformen
Die angekündigten Reformen sind nur teilweise geschehen. Immerhin: Auch Fifa-Mitarbeiter bestätigen, dass dank Infantino wieder Schwung in den Verband gekommen ist. Die WM wird nicht mehr von einem Exekutivkomitee, sondern vom gesamten Kongress vergeben. Die Entwicklung des Frauenfussballs sowie die Globalisierung werden vorangetrieben. Auch eine Human-Rights-Policy wurde eingeführt, bei deren Umsetzung es allerdings hapert. Trotzdem: Auch in Katar gab es im Zuge der WM Fortschritte in diesem Bereich.
Blick-Bewertung: Der Reformstau wurde teilweise gelöst. Es geht aber noch mehr. Note: 4,5.
Transparenz
Finanziell wurde vermehrt Transparenz geschaffen, so ist Infantinos Lohn 2022 mit 3,6 Millionen Franken ausgewiesen. Doch viele Mitgliedsverbände wissen nicht immer genau, was die Fifa-Spitze im Schilde führt. Noch heute ist unklar, welches Konsortium 2018 hinter dem 25-Milliarden-Angebot für das «Project Trophy» steckte. Der Plan Infantinos wurde vom Fifa-Council abgeschmettert, weil die Fifa diverse Rechte ihrer Wettbewerbe hätte abtreten müssen.
Blick-Bewertung: Die Fifa muss noch transparenter werden. Note: 3,5.
Führungsstil
Infantino ist ein Machtmensch. Obwohl laut Statuten die Fifa operativ von der Generalsekretärin Fatma Samoura geleitet werden müsste, ist er der starke Mann. Kritische Stimmen verabschiedeten sich in der Ära Infantino schon früh aus der Fifa. Domenico Scala, die treibende Kraft in der Reformagenda, trat frustriert zurück. Die Ethik-Aufseher Hans-Joachim Eckert und Cornel Borbely wurden nicht mehr nominiert, der ehemalige Vorsitzende der Governance-Kommission, Miguel Maduro, wurde abgesetzt.
Blick-Bewertung: Unter Infantino ist von einer «Fifa-Monarchie» die Rede. Note: 3.
Wettbewerbe
Die WM wurde von 32 auf 48 Teams aufgestockt, was 2026 in den USA, Kanada und Mexiko 40 Spiele mehr zur Folge hat. Die Idee, die WM alle zwei Jahre durchzuführen, sowie eine globale Nations League scheiterten am Widerstand Europas und Südamerikas. Am Kongress 2022 ruderte Infantino zurück und behauptete, die Fifa habe diesen von Saudi-Arabien vorgebrachten Vorschlag nicht gewollt, sondern nur eine Machbarkeitsstudie durchgeführt. Auch die auf 32 Teams aufgeblasene Klub-WM ab 2025 ist ein Angriff auf andere Wettbewerbe und belastet den übervollen Spiel-Kalender noch mehr.
Blick-Bewertung: Neue und aufgeblasene Wettbewerbe braucht es vonseiten der Fifa nicht. Note: 3.
Öffentliche Auftritte
«Heute fühle ich mich katarisch. Heute fühle ich mich arabisch. Heute fühle ich mich afrikanisch. Heute fühle ich mich schwul. Heute fühle ich mich behindert. Heute fühle ich mich als Gastarbeiter.» Infantinos WM-Eröffnungsrede dürfte zu einem Dokument der Zeitgeschichte werden – im negativen Sinn. Schon fast zynisch war sein Auftritt am G20-Gipfel in Bali, als er an einen Waffenstillstand für die Dauer der WM im Russland/Ukraine-Krieg appellierte. Infantino sucht die Nähe zu den Mächtigen und lässt sich gerne an der Seite der Stars blicken. Er betreibt aber auch Legenden-Pflege, was positiv zu werten ist.
Blick-Bewertung: Seine Auftritte sind ein Ärgernis. Note: 2,5.
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Infantino hat es nicht geschafft, die Fifa in ein besseres Licht zu rücken – im Gegenteil. Er selbst hat – aus diversen Gründen – viele Kritiker. Hängig ist noch immer das Strafverfahren gegen ihn wegen des Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses, des Amtsmissbrauchs und der Begünstigung sowie der Anstiftung hierzu. Dabei geht es auch um mehrere nicht protokollierte Treffen mit dem ehemaligen Bundesanwalt Michael Lauber.
Blick-Bewertung: Die Fifa und ihr Präsident haben noch immer einen schlechten Ruf, vor allem in Europa. Note: 2.