«Wir werden Gianni Infantino bei der Wahl unterstützen»
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SFV-Präsident Dominique Blanc:«Wir werden Gianni Infantino bei der Wahl unterstützen»

SFV: Lob und Kritik für Fifa
«Wir wollen keine Konkurrenz zwischen Fifa und Uefa»

Im Blick-Interview sagt Präsident Dominique Blanc, warum der SFV Gianni Infantino als Fifa-Präsidenten unterstützt, er Verständnis für Granit Xhaka hat und Quali-Gegner Belarus von der Uefa nicht ausgeschlossen wird.
Publiziert: 14.03.2023 um 00:52 Uhr
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Dominique Blanc ist seit 2019 Präsident des SFV.
Foto: TOTO MARTI
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Christian FinkbeinerStv. Fussballchef

Dominique Blanc, am Donnerstag tritt Gianni Infantino am Fifa-Kongress in Kigali zur Wiederwahl als Präsident an. Wird der SFV ihn wählen?
Ja, weil sich die Fifa unter ihm dank vieler Neuheiten, Projekte und Reformen grundsätzlich positiv entwickelt hat. Die Kommunikation muss aber verbessert und vor allem proaktiver gestaltet werden, auch gegenüber den Mitgliedsverbänden. Manchmal kennen auch wir die Strategien und Ziele nicht oder erfahren Neuigkeiten erst aus Pressekonferenzen oder an Kongressen. Die Fifa könnte mit einer guten und transparenten Kommunikation sehr viel gewinnen.

Was ist konkret besser geworden?
Die Erhöhung der Anzahl der Spiele für die Nachwuchs-Mannschaften, die Unterstützung der einzelnen Verbände während der Corona-Pandemie mit 1,5 Millionen Franken, die Entwicklung des Frauenfussballs, die dem SFV wichtig ist, aber auch die technologische Entwicklung – die halb automatisierte Offsidelinie, der Chip im Ball oder statistische Informationen – geht vorwärts, was die Spiele für die TV-Zuschauer attraktiver macht. Zudem gab es auch institutionelle Reformen.

Welche sind das?
Nicht mehr ein Exekutivkomitee entscheidet über die Vergabe der WM, sondern die ganze Versammlung, zudem ist die Fifa transparenter geworden, auch wenn es noch weiteres Verbesserungspotenzial gibt. Wir wissen beispielsweise den Lohn des Fifa-Präsidenten. Früher wussten wir diesen nicht.

Was läuft weniger gut?
Zwischen der Fifa und der Uefa gibt es Spannungen, das passt uns nicht, da wir Mitglied beider Verbände sind. Es soll keine Konkurrenz zwischen den beiden geben, jeder hat seine Rolle. Ein zweiter Punkt ist das Thema Menschenrechte. Die Fifa hat zwar in Katar einige Fortschritte erzielt, wir wollen aber, dass sie sich bis am Schluss dafür einsetzt, dass die Arbeiter, welche die Stadien gebaut haben, entlöhnt und diejenigen, die zu Schaden gekommen sind, entschädigt werden. Wir erwarten auch, dass die FIFA in Zukunft bei allen ihren Veranstaltungen diese Prinzipien der Achtung der Menschen- und Arbeitnehmerrechte anwendet. Dies entspricht auch ihren eigenen Regeln und Deklarationen.

Sind die Zahlungen nicht geschehen?
Wir wissen, dass von der Fifa dafür ein Fonds geschaffen wurde, wir wissen aber auch, dass laut der International Labour Organisation (ILO) bis Anfang dieses Jahres 35’000 Arbeiter in Katar nicht entlöhnt worden sind. Wie viele davon für die WM gearbeitet haben, wissen wir nicht, aber es ist anzunehmen, dass es auch solche darunter hat. Wir wollen Gewissheit haben, dass dies noch passieren wird. Deswegen unterstützen wir in Kigali auch einen Vorstoss des norwegischen Verbandes zu diesem Thema.

Beim Knatsch zwischen der Fifa und der Uefa sprechen Sie die Idee an, die WM alle zwei Jahre durchzuführen …
Ja. Diese wurde abgelehnt. Dieses Vorhaben kann man durchaus als Angriff auf die Uefa und ihre EM sowie die anderen Kontinental-Turniere sehen. Jeder Verband hat seinen Platz und seine Rolle. Auch bei der aufgestockten Klub-WM wissen wir nicht genau, was die Intention der Fifa ist. Für Europa und die Entwicklung des Fussballs in unserem Kontinent ist die Champions League extrem wichtig.

Was muss in der Fifa besser werden?
Die Fifa und die Konföderationen müssen zusammen – und nicht gegeneinander – arbeiten. Die Entwicklung des Frauenfussballs muss weitergehen, denn da gibt es sehr grosses Potenzial. Die Wettbewerbe für die Nachwuchs-Teams müssen weiter gefördert werden.

An der WM 2026 werden 48 anstatt 32 Mannschaften mitspielen. Wie stehen Sie dazu?
Ich kann die Vision Infantinos verstehen, den Fussball noch globaler zu machen. 48 Teams sind aus dieser Optik betrachtet eine gute Sache. Man muss es positiv sehen, auch wir haben grössere Chancen, uns für das Turnier in den USA, Kanada und Mexiko zu qualifizieren. Mir ist bewusst, dass die Puristen des Fussballs dies anders sehen, aber am Ende wird auch mit 48 Mannschaften die beste gewinnen und der beste Fussball geboten werden.

Ist es nicht einfach nur eine Geldmacherei?
Es gibt zwei Aspekte. Der Fussball ist trotz aller Kritik ein unglaublicher Vektor zur Kommunikation – ob regional, national oder international. Sponsoren und Firmen brauchen Wege, um ihre Produkte und Dienstleistungen anzupreisen. Und der Fussball bietet dafür ein unglaubliches Werkzeug. Was man mit dem Geld macht, ist eine andere Frage.

Sind die Spieler nicht überbezahlt?
Es gibt einen Markt. Dieser ist global, aber im Moment ist das Zentrum des Fussballs immer noch Europa, dabei denke ich besonders an England. Das ist der Markt, man muss damit leben und dies wird sich auch nicht so schnell ändern. Aber es gibt auch eine andere Seite. Die Uefa zahlt jedes Jahr rund 85 Prozent des Gewinns an die Verbände und Klubs aus, um den Fussball auf allen Stufen weiterzuentwickeln. Bei der Fifa fliesst ein ähnlicher Prozentsatz in den Fussball zurück. Und wenn die WM auf 48 Teams aufgestockt wird, sehe ich nicht in erster Linie den finanziellen Aspekt, sondern dass nun weitere, auch kleinere Länder die Chance erhalten, an einer WM teilzunehmen. Das ist doch wunderbar.

Dominique Blanc persönlich

Dominique Blanc wurde am 5. Dezember 1949 in Lausanne geboren. Er ist ehemaliger Schiedsrichter (1. Liga und Assistent in der NLA), später leitete er die Schiedsrichterkommission im Waadtländer Verband. In diesem wurde er 2000 in den Zentralvorstand und 2007 als Präsident gewählt. 2015 wurde er Präsident der Amateur-Liga, 2019 trat er die Nachfolge von Peter Gilliéron als SFV-Präsident an. Der Lausanner ist selbständiger Unternehmer (Firmen im Bereich Baumaterial, Lack und Farben). Er hat zwei Kinder und spricht neben Französisch auch Deutsch, Englisch und Spanisch. Im März 2020 erkrankte er an Corona und musste beatmet werden.

Dominique Blanc wurde am 5. Dezember 1949 in Lausanne geboren. Er ist ehemaliger Schiedsrichter (1. Liga und Assistent in der NLA), später leitete er die Schiedsrichterkommission im Waadtländer Verband. In diesem wurde er 2000 in den Zentralvorstand und 2007 als Präsident gewählt. 2015 wurde er Präsident der Amateur-Liga, 2019 trat er die Nachfolge von Peter Gilliéron als SFV-Präsident an. Der Lausanner ist selbständiger Unternehmer (Firmen im Bereich Baumaterial, Lack und Farben). Er hat zwei Kinder und spricht neben Französisch auch Deutsch, Englisch und Spanisch. Im März 2020 erkrankte er an Corona und musste beatmet werden.

Wie wichtig sind die Endrunden-Prämien für die SFV-Finanzen?
Für die WM-Teilnahme in Katar haben wir knapp zehn Millionen Franken kassiert, hinzu kam noch eine Achtelfinal-Prämie. Der Netto-Gewinn war allerdings nicht sehr gross, weil die Kosten wesentlich höher waren als bei früheren Endrunden. Der Gewinn einer Endrunde fliesst bei uns seit letztem Jahr aber nicht mehr in das Jahresbudget ein. Das Geld wird für einzelne Projekte in der Nachwuchsförderung, im Frauenfussball oder im Schiedsrichterwesen eingesetzt.

Kurz vor WM-Start verbot die Fifa das Tragen der One-Love-Captainbinde, was für Unmut gesorgt hat. Wurde das Thema im Nachgang aufgearbeitet?
Wir sind einerseits glücklich, weil die Fifa die Idee, mit der Captain-Binde eine Message auszusenden, aufgenommen hat. Dies war eine Idee der Working Group Qatar, die am Ende ihr Ziel erreicht hat. Andererseits sind wir aber auch traurig, weil kurz vor Beginn der WM die Fifa Druck gemacht hat, was nicht sehr angenehm war.

Der Jubel von Granit Xhaka mit dem Jashari-Shirt sorgte im Nachgang des Serbien-Spiels für Diskussionen, weil man dies als politische Geste deuten kann.
Zuerst muss gesagt sein: Alles, was unser Captain macht oder nicht macht, wird medial enorm aufgebauscht. Es ist schwierig, nachzuvollziehen, was in den Köpfen unserer Spieler mit kosovarischen Wurzeln, deren Eltern Opfer des Kriegs waren, vorgeht. Aber man muss Verständnis dafür haben. Auch wenn wir im Vorfeld des Serbien-Spiels alles unternommen haben, dass es in diesem nur um Fussball gehen soll, war eine enorme Anspannung zu spüren. Granit Xhaka hat sich nach dem Spiel zu seiner Geste erklärt, dem etwas hinzuzufügen, wäre unnötig gewesen.

Auch Stimmen aus der kosovo-albanischen Diaspora in der Schweiz sagten, dass dies eindeutig eine politische Geste war …
Schauen Sie, wir haben im SFV 186 Nationalitäten. Wir haben Werte, die uns sehr wichtig sind. Aber wenn wir beginnen, Gesten, die politisch gemeint sein könnten, zu kommentieren, dann nähme dies kein Ende. Die Fifa hat eine Untersuchung eingeleitet, das Ganze aber nicht als politische Geste gewertet und uns und Granit nicht bestraft.

In zwei Wochen startet die EM-Qualifikation gegen Belarus ausgerechnet in Serbien. Hat sich der SFV gegen den Spielort gewehrt?
Wir haben mit der Uefa mehrmals gesprochen. Aber Belarus hat das Recht zu entscheiden, wo es seine Heimspiele austragen will, weil in Belarus seit einem Jahr aus Sicherheitsgründen nicht gespielt werden kann. Aus Sicht der Uefa gibt es kein erhöhtes Risiko, wenn wir in Serbien spielen, zumal das Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden wird.

Gibt es verstärkte Sicherheitsmassnahmen?
Unsere Sicherheits- und Teamverantwortlichen waren zweimal in Novi Sad und haben mit dem serbischen Verband, der zusammen mit der Uefa das Spiel organisiert, das Ganze rekognosziert. Wie bei jedem Spiel der Nati haben wir auch für dieses Spiel ein klares Sicherheitskonzept.

Müsste Belarus als Junior-Partner von Russland nicht ausgeschlossen werden?
Russland wurde boykottiert, weil es mit dem Ukraine-Angriff die Statuten der Uefa und der Fifa verletzt hat. Es ist ein juristischer Entscheid, den übrigens der SFV im Februar 2022 noch vor der Uefa und der Fifa getroffen hat. Der Entscheid wurde auch vom CAS in Lausanne bestätigt. Auf Belarus trifft dies aber nicht zu.

Es ist eine politisch brisante Gruppe, da auch gegen den Kosovo und Israel gespielt wird. Bereiten Ihnen diese Duelle Bauchschmerzen?
Die Spiele gegen den Kosovo sind für mich zwei Duelle unter Freunden. Wir haben eine grosse kosovarische Gemeinschaft in unserem Land. Sie ist sehr gut integriert und wir haben mehrere Nati-Spieler mit kosovarischen Wurzeln. Wir haben auf allen Ebenen gute und enge Beziehungen mit dem Kosovo. Deswegen sind die beiden Spiele für mich trotz der sportlichen Bedeutung auch ein Fest. Die Partie im Oktober in Israel ist für uns ein Spiel wie jedes andere auch.

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