Pöbelnde Zuschauer im Fussball
Die Sicherheit ist in den letzten Jahren verbessert worden

Zu ehrgeizige Eltern stehen oft am Ursprung von Problemen. Das hat auch der Schirm-Wurf von Zug gezeigt, der allerdings eine Ausnahme war. Denn die Spieler, Trainer und Schiedsrichter in der Schweiz sind aufgrund guter Prävention und Repression gut gesichert.
Publiziert: 24.08.2024 um 13:58 Uhr
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Aktualisiert: 26.08.2024 um 14:08 Uhr
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Die Captains-only-Regel hat bereits erste Wirkungen gezeigt und die Sicherheit auf den Fussballplätzen verbessert.
Foto: TOTO MARTI

Auf einen Blick

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Pascal RuckstuhlSport-Desk-Reporter

Amateurfussball in der Provinz. Dorfklub X spielt gegen Dorfklub Y. Fehlentscheid des Schiedsrichters. Ein aufgebrachter Zuschauer am Spielfeldrand ruft ins Feld, meckert gegen den Schiri. Der lässt sich nichts anmerken. Der genervte Zuschauer macht weiter. Die Stimmung lädt sich auf. Langsam wirds explosiv. Es braucht nicht mehr viel, bis die Lage ausartet und der Zuschauer dem Schiedsrichter an die Gurgel geht.

Das Beispiel ist fiktiv. Doch wer schon mal im Amateurfussball unterwegs war, hat es mindestens schon mal so oder so ähnlich erlebt. Dieser eine Fan, der lauter als alle anderen ist. Er wütet mal gegen den Schiri. Mal gegen die gegnerische Mannschaft. Oder gar gegen die eigene Mannschaft, wenn ihm irgendetwas nicht passt. Ein mühseliger Fan am Seitenrand, der seine Emotionen nicht unter Kontrolle hat.

Eltern sind oft Spielverderber

Gerade im Amateurfussball ist eine hitzige Angelegenheit, die auch mal aus dem Ruder läuft, keine Seltenheit. Weil Schiedsrichter teilweise ohne Assistenten auf dem Platz stehen, diese kommen erst ab der fünfthöchsten Liga, also der zweiten Liga, hinzu. Der Schiedsrichter hat also keine Helfer und verliert den Überblick schneller als im Profi-Bereich. So kommt es zu mehr Fehlern und mehr Frustpotenzial bei Spielern und Zuschauern.

Oft sind es überehrgeizige Angehörige von Spielern, die aufgrund der Geschehnisse auf dem Platz ganz aufgebracht sind – und teilweise sogar ganz die Kontrolle verlieren, wie am vergangenen Wochenende in Zug. Lazam Bajrami, Papa von FCZ-Spieler Labinot Bajrami, schmiss beim Cupspiel Zug gegen den FC Zürich (0:2) nach der Ein- und Auswechslung seines Sohnes einen Regenschirm nach FCZ-Trainer Ricardo Moniz, der die Auswechslung zu verantworten hatte. Der Gegenstand verfehlte sein Ziel knapp und es ging glimpflich aus, doch es hätte auch ins Auge gehen können. Wortwörtlich. Oder es hätte ein gefährlicherer Gegenstand sein können, der ins Stadion gebracht wurde.

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Wie kann es sein, dass so einfach etwas aufs Feld fliegt und Schiedsrichter, aber auch Spieler und Trainer in Gefahr geraten? Die banale Grundsatz-Antwort: Die Infrastruktur auf Amateurplätzen ist meistens nicht ausreichend für grössere Spiele, nicht genügend Sicherheitsleute vorhanden für einen Massenauflauf an Personen. Hier handelte es sich allerdings um einen einzelnen Störenfried – und solche wird es wohl immer geben. Deshalb kann die Sicherheit zwar verbessert, aber nie vollends gewährleistet werden.

Tabellensystem wegen Sicherheitsgedanke abgeschafft

Auf Amateuranlagen wurden in den letzten Jahren Massnahmen durchgeführt, um solche Szenen wie diejenige in Zug zu verhindern. Um dieser Grenze zwischen, mitleiden, wüten und letztlich sogar handgreiflich werden entgegenzuwirken. Die regionalen Fussballverbände haben bis zu einem gewissen Alter (12. Lebensjahr) das Tabellensystem abgeschafft, damit deren hitzköpfige Eltern nicht mehr so schnell die Kontrolle verlieren.

«Es kommt schon vor, dass Eltern handgreiflich werden», teilt der Zürcher Fussballverband (FVRZ) auf Blick-Anfrage mit. Wichtig sei aber zu sagen, dass die Verhältnismässigkeit vollkommen in Ordnung sei. «Von 21'000 Spielen in der letzten Saison gab es bei uns sechs ernste Fälle. Eine Mutter rannte bei den A-Junioren auf den Rasen, es kam zu Querelen.» Heisst: in 0,02 Prozent der Fälle. Diese Quote war gemäss Verband vor Jahren noch höher.

Ab dem 13. Lebensjahr gibts die Tabelle wieder. Um auch da die Sicherheit zu gewährleisten, bieten regionale Verbände mehr Verhaltenskurse für Schiedsrichter und Trainer an als in der Vergangenheit. Die Teilnehmenden sollen das Wissen anwenden, sondern an die Spieler und deren Eltern weitergeben. Klar ist trotzdem: 100-prozentige Sicherheit wirds trotz der Verbesserungen in den letzten Jahren nie geben.

Captains-only-Regel ein weiterer Schritt

Im Hinblick auf diese Saison sind zudem alle Profi- und Amateurfussballklubs mit der Captains-only-Regel vertraut gemacht worden, auch das ein Schritt zur Verbesserung der Sicherheit auf dem Feld. Der schweizerische Fussballverband hat diese Regel für alle Stufen ins Leben gerufen: Nur der Captain darf mit dem Schiedsrichter diskutieren. Mediensprecher Adrian Arnold: «Ein weiterer Schritt in die Richtung, dass Teams noch respektvoller mit dem Schiedsrichter während des Spiels kommunizieren und interagieren. Das wirkt sich auch auf das Publikum aus, wie erste Erfahrungen zeigen. Eine sehr, sehr gute Regel.»

Insgesamt kann also gesagt sein: Die Sicherheit auf den Schweizer Fussballplätzen ist gut. Der Regenschirm-Fall in Zug bildet dabei eine Ausnahme. Um solche Fälle in Zukunft zu eliminieren, steht neben Prävention auch Repression im Fokus. Die Verbände greifen bei fehlbaren Verhalten knallhart durch. Für Spieler setzte es nach schweren Vergehen (angehen des Schiedsrichters) schon ganze Saisonsperren ab. Der Schirm-Werfer Bajrami wurde mit mehrjährigem Stadionverbot auferlegt «Gleichzeitig läuft ein Verfahren, in dem weitere Sanktionen und Strafen gegen die Person geprüft werden», sagt der SFV.

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