Auf einen Blick
Nein, der neue GC-Coach Tomas Oral schreckt wirklich nicht vor unkonventionellen Methoden zurück. Als er beim FSV Frankfurt Trainer wird, schickt er die komplett verunsicherten Spieler direkt in eine Autowaschanlage. Sie sollten dort den Staub ihrer Niederlagenserie «wegwaschen». Und als er bei Karlsruhe übernimmt, verhängt er nach einem sackschwachen Auswärtsspiel gegen Union Berlin (0:4) eine Strafe, an die sich der damalige KSC-Stürmer Florian Kamberi auch acht Jahre später noch erinnert: «Wir mussten mit dem Bus nach Karlsruhe fahren, statt wie geplant mit dem Flugzeug zurückreisen.»
An die Fahrt selbst kann sich Kamberi – wohl aus gutem Grund – bloss noch bruchstückhaft erinnern. Die Erinnerungen an Oral sind beim Mann aus Lachen SZ aber noch omnipräsent. «Er hat mich immer ‹mein Junge› genannt.» Kommunikativ und menschlich sei der Trainer top gewesen, so der 29-Jährige. «Orals Bürotür ist immer offen gewesen und wenn ich mal nicht gespielt habe, dann hat er mir erklärt, warum.»
Dass sein Ex-Coach mittlerweile seinen Jugendklub GC trainiert, freut Kamberi sehr. Weil Orals Qualitäten im Abstiegskampf Gold wert sein könnten. «Er hat dieses typisch Deutsche, diese Arbeitermentalität. Das kann GC momentan sehr gut gebrauchen.» Seinen Ruf, ein harter Hund zu sein, hat Oral unter anderem bei seinem Engagement in England untermauert. Damals heuert er beim FC Fulham als Assistenztrainer an. Unter einem der härtesten Hunde der Fussballgeschichte: Felix «Quälix» Magath. Der holte Oral nicht ohne Grund. Unter anderem soll der Unterfranke ein abwechslungsreiches und gut strukturiertes Training gestalten. Kamberi sagt: «Er ist sehr akribisch, überlässt nichts dem Zufall, die Teamsitzungen und die Vorbereitungen auf die Gegner waren top. Die Trainings waren sehr intensiv, aber auch informativ. Wir haben viel 11 gegen 11 gespielt.»
Hat Oral seine Nerven im Griff?
In Sachen Nervenkostüm gibts hingegen grosse Fragezeichen. Dass Oral in seiner Trainerkarriere nicht selten übersäuert hat, ist kein Geheimnis. Dass er ein Provokateur und schlechter Verlierer ist, ebenfalls nicht. Als Ingolstadt-Coach verliert er im Kabinentrakt des 1. FC Nürnberg derart die Nerven, dass er sich hinterher beim gegnerischen Klub entschuldigen muss. Bei seinem letzten Arbeitgeber, dem SV Sandhausen, gerät er nach einer unglücklichen Niederlage heftig mit seinem Fürth-Coach Alexander Zorniger aneinander. Dem Vernehmen nach hatte Oral Zorniger beleidigt, der, wie Videobilder zeigen, nachfragte, ob er die Äusserung richtig verstanden hatte – was Oral bejahte. Als Quittung gibts vom Verband eine saftige Busse und ein Innenraumverbot. Vom SV Sandhausen die Entlassung. «Tomas Oral ist ein heissblütiger, emotionaler Typ, sehr leidenschaftlich, aber immer authentisch», sagt Kamberi.
Ein Zufall ist es deshalb nicht, dass Orals Café, das er in der Frankfurter Innenstadt besitzt, «Leidenschaft» heisst. Dort solls die besten Sachertorten in ganz Hessen geben. Hana, Orals Schwester, die den Laden in Abwesenheit ihres Bruders führt, sagt: «Der Name des Cafés passt zu ihm. Er lebt den Fussball, ist mit ganzem Herzen dabei. Und zwar 24/7.» Das sei schon in der Kindheit so gewesen, alles habe sich um den Ball gedreht. «Die ganze Familie ist fussballverrückt, mein Vater, meine drei Brüder, wir sind so aufgewachsen.»
Oral steht an der Kaffeemaschine
Auf die Frage, ob Tommy, wie sie Oral in Frankfurt nennen, schon als Kind ein schlechter Verlierer gewesen sei, antwortet Hana: «Er war schon immer sehr ehrgeizig und lebt für den Erfolg.» Dass ihr Bruder weiterhin leidenschaftlich an der Seitenlinie stehen werde, verstehe sich von selbst. Weil er gar nicht anders könne. «Was auch immer Tommy tut, er tuts mit Überzeugung.» Das gelte auch für seine Arbeit im Café Leidenschaft. «Wenn wir Personalnot haben, dann hat er immer eine helfende Hand und steht selbst an der Kaffeemaschine. Tommy ist fordernd, aber immer fair. Und er geht mit gutem Beispiel voran.»
Aktuell aber müssen die Mitarbeiter im «Leidenschaft» auf Tomas verzichten. Abstiegskampf mit GC statt Café in Frankfurt. Gilt für die gesamte Familie. «Wenn das Wetter es zulässt, wollen wir am Samstag gegen Winterthur im Stadion sein und ihm vor Ort die Daumen drücken», sagt Hana. Es versteht sich fast von selbst, dass sie ihrem Bruder ein Stück Schwarzwäldertorte aus dem Café mitbringen wird. «Die mag er am liebsten.»
Noch lieber aber wären dem neuen GC-Trainer wohl drei Punkte im Abstiegskampf.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | FC Zürich | 14 | 7 | 26 | |
2 | FC Basel | 14 | 20 | 25 | |
3 | FC Lugano | 14 | 6 | 25 | |
4 | Servette FC | 14 | 2 | 25 | |
5 | FC Luzern | 14 | 4 | 22 | |
6 | FC St. Gallen | 14 | 6 | 20 | |
7 | FC Lausanne-Sport | 14 | 2 | 20 | |
8 | FC Sion | 14 | 0 | 17 | |
9 | BSC Young Boys | 14 | -5 | 16 | |
10 | Yverdon Sport FC | 14 | -10 | 15 | |
11 | FC Winterthur | 14 | -21 | 11 | |
12 | Grasshopper Club Zürich | 14 | -11 | 9 |