«Wir wollen um den Titel spielen»
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Burgener zieht Zwischenbilanz:«Wir wollen um den Titel spielen»

Präsident Bernhard Burgener zum Zoff mit Mitbesitzer David Degen
«Es gab zahlreiche Versuche, den FCB günstig zu übernehmen»

Hier spricht Basel-Präsident Bernhard Burgener: Über 35 Millionen Franken Transfergewinn, den Zoff mit Mitbesitzer David Degen und Anfeindungen in der Stadt.
Publiziert: 13.12.2020 um 01:01 Uhr
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Aktualisiert: 04.01.2021 um 17:58 Uhr
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Bernhard Burgener erzählt kurz vor Weihnachten, dass der FC Basel 35 Millionen Franken Transfereinnahmen verbuchen kann.
Foto: TOTO MARTI
Andreas Böni, Stefan Kreis (Interview) und Toto Marti (Fotos)

Bernhard Burgener (63) hat schon frühmorgens gute Laune. Sein FC Basel hat am Vorabend Sion 4:2 geschlagen. Live gesehen hat er das Spiel nicht. «Meine Tochter hat ihren 18. Geburtstag gefeiert», sagt er stolz. Er habe aber stets sein Handy neben sich gehabt. «Die Klingeltöne bei Tor Basel und Tor Gegner sind unterschiedlich. So merkte die ganze Familie schnell, dass wir voraussichtlich gewinnen werden.»

BLLICK: Herr Burgener, erstmal herzliche Gratulation! Sie gehören laut «Bilanz» neu zu den 300 reichsten Schweizern mit 100 bis 200 Millionen Franken Vermögen. Wie fühlt sich das an?
Bernhard Burgener: «S’letscht Tschöpli het keini Säck», der letzte Anzug hat keine Taschen. Geld war nie meine Antriebsfeder. Das ist eine reine Momentaufnahme, weil wir erfolgreich durch die Krise gekommen sind und unser Aktienkurs sich fast verdoppelte. Und auch der Lohn dafür, dass wir bei unseren Film-Unternehmen schon viele Jahre vor der Corona-Krise auf die digitalen Medien gesetzt haben. Das hat uns sehr geholfen.

Auch beim FC Basel entwickeln sich die Zahlen positiv. Letztes Jahr betrug der Verlust noch 19 Millionen Franken. Wie sieht es dieses Jahr aus?
Wir gehen davon aus, dass wir Ende Jahr eine schwarze Null schreiben werden. Zwei Faktoren haben wesentlich dazu beigetragen: Dank unserem erfolgreichen Abschneiden in der Europa League und dem Erreichen des Viertelfinals konnten wir uns 2020 Uefa-Prämien in der Höhe von rund 4,2 Millionen Franken sichern. Damit verbunden führte dies auch zu einer Marktwertsteigerung unseres Spielerkaders. Zudem waren wir erfolgreich - bei den Verkäufen von Okafor, Omlin, Alderete und weiteren Spielern. Bis Ende September haben wir rund 27 Millionen Franken eingenommen. Bis Ende Jahr kommen weitere 8 Millionen Franken hinzu, insgesamt somit rund 35 Millionen Franken. Darin enthalten sind auch noch Erfolgsprämien von früheren Transfers.

Auch die sinkenden Aufwand- und Personalkosten haben zum positiven Ergebnis beigetragen. Wieviel haben Sie eingespart?
Von Januar bis September 2020 konnten wir den Betriebsaufwand im Vergleich zum Vorjahr von 65,6 Mio. Franken auf 46,15 Mio. Franken reduzieren. Den grössten Anteil daran hatten die Personalkosten, die wir im Vergleich zum Vorjahr von 36,2 auf 25,0 Millionen Franken senken konnten. Bei der Reduktion von rund 11,2 Mio. sind auch rund 1,2 Mio. Franken Beiträge für Kurzarbeit enthalten.

Mussten Sie Leute entlassen?
Nein. Der Personalbestand hat sich im Vergleich zum Vorjahr von 220 auf 212 reduziert, von diesen acht Stellen betreffen fünf die erste Mannschaft. Wir haben 11 Spieler abgegeben und sechs geholt.

Wieviel Einnahmen gingen dem FCB wegen der Corona-Krise flöten?
Wir haben insgesamt rund 9,5 Millionen Franken an Zuschauereinnahmen verloren. Davon entfallen rund 5,5 Mio. Franken auf Spiele in der Super League. International hätten wir in der Europa League gegen Frankfurt und Donezk zuhause vor ausverkauftem Haus spielen können, das wären weitere 4 Millionen Franken gewesen. Zurzeit verlieren wir in jedem Super-League-Spiel ohne Zuschauer rund 600'000 Franken an Zuschauereinnahmen.

Werden Sie A-fonds-perdu-Beiträge vom Bund beantragen?
Selbstverständlich, wir sind nicht die Verursacher dieser Krise und wir haben stets die Auflagen der Behörden und Gesundheitsämter befolgt. Wir haben zum Beispiel das vom Bund geforderte Schutzkonzept, welches uns rund eine halbe Million Franken kostete, eingesetzt. Allerdings konnte es auf Grund der ständigen Änderungen der Auflagen aber nur einmal angewendet werden. Wir sind zurzeit gezwungen jede Woche Spiele durchzuführen – und das mit nur 15 Zuschauern. Stellen sie sich vor, die Fluggesellschaften müssen fliegen, aber dürfen keine Passagiere an Bord lassen oder die Restaurants müssen öffnen, aber dürfen keine Gäste bedienen. Diese Verluste müssen auf irgendeine Weise abgefedert beziehungsweise kompensiert werden.

Was halten Sie davon, dass der Bund im Gegenzug fordert, die Fussballerlöhne ab 148'000 Franken um 20 Prozent zu senken?
Diese Neid-Diskussion ist für mich schwer zu verstehen. Für den Schweizer Fussball ist es wichtig, dass die Klubs auch Fussballstars in ihren Teams haben. Dafür kommen die Fans ins Stadion. So ist es bei allen Events. Bei Konzertveranstaltungen sowie im Kino. Die Fans wollen ihre Lieblinge sehen und sie bewundern. Aber sicher machen sie sich keine Gedanken über das Einkommen. Es sind wenige, die es in den Olymp schaffen und sehr viel verdienen. Schlussendlich geht es darum, dass die Klubs am Ende überleben, denn gerade wegen den Fussballstars kommen die Fans ins Stadion. Können wir diese Löhne nicht mehr zahlen, gehen sie ins Ausland. Das SRF zeigt ja auch nicht nur Filme mit Nebendarstellern. Zudem zahlen diese Stars auch hohe Steuern in der Schweiz. Und das ist doch gut, dass sie dementsprechend ihr Einkommen hier versteuern.

Ja, aber man kann doch nicht Spielern 1,5 Millionen Franken Lohn bezahlen und gleichzeitig Geld vom Staat dafür fordern.
Man muss doch vernetzt denken. Der Profi-Sport ist allgemein sehr wichtig. Der Profi-Fussball hat eine grosse Wertschöpfung und einen hohen gesellschaftlichen Wert. Der erfolgreichste TV-Event der vergangenen Jahre ist der WM-Achtelfinal zwischen der Schweiz und Argentinien mit über 1,5 Millionen Zuschauern gewesen. Jedes Wochenende werden ca. 10'000 Fussballspiele ausgetragen. Der Fussball zahlt rund 42 Millionen Franken Steuern pro Jahr. Und so weiter. Wenn man sieht, wie schnell in anderen Branchen geholfen wurde, wie zum Beispiel der Swiss, dann verstehe ich die Kritiker nicht. Was lehrt man uns: «Wir sollten nicht den Ast absägen, auf dem man sitzt.»

Werden die Jahreskartenbesitzer, die derzeit nicht ins Stadion dürfen, entschädigt?
Wir haben eine Pflicht gegenüber unseren Fans, dass diese eine Kompensation erhalten. Wir müssen faire Lösungen finden. Solche Gespräche finden zurzeit statt.

Apropos Haupt- und Nebendarsteller: Ungeklärt ist Ihr Zoff mit FCB-Mitbesitzer David Degen. Sie haben ihm 10 Prozent der Aktien verkauft, er kann bis Herbst 2021 weitere 35 Prozent der Aktien erstehen dank eines Vorkaufsrechts. Ihm das anzubieten, war reichlich naiv von Ihnen.
Ich bin ein Mensch, der nach vorne schaut und ich werde dieses Thema nicht in den Medien kommentieren. Ich will nur das Beste für den FCB und ich lege Wert darauf die Kontrolle zu behalten.

Wie ist der Konflikt entstanden?
Wie gesagt, ich werde dieses Thema aufgrund der Vertraulichkeit nicht öffentlich kommentieren.

Degen sah die Ausrichtung der Führungspersonen anders.
Da müssten Sie Herrn Degen fragen. Ich werde mich nicht öffentlich dazu äussern.

Vermuten Sie den Banker Eric Sarasin hinter Degen?
Zu Spekulationen äussere ich mich nicht. Aber was ich sagen kann …

… bitte.
In den letzten Wochen und Monaten hat es zahlreiche Versuche gegeben, den FCB günstig zu übernehmen.

Sie vermuten, dass Degen dahintersteckt.
Dazu äussere ich mich nicht.

Wegen Degens Vorkaufsrecht konnten Sie mit Centricus den englischen Investor nicht ins Boot holen, weil Degen sonst plötzlich die Aktienmehrheit besessen hätte.
Das ist Ihre Auslegung, die Vergangenheit können wir nicht ändern, aber die Zukunft können wir neugestalten.

Es gab massive Proteste, als die Centricus-Gerüchte aufkamen. Schliessen Sie einen ausländischen Investor aus?
Wieso sollte ich? Solange ich die Kontrolle habe, bin ich für alles offen. Ich hatte in meinen 38 Berufsjahren stets mit Schweizer und internationalen Partnern erfolgreich zusammengearbeitet. Ohne diese hätte ich all das nicht erreichen können. Seit mehr als 20 Jahren sind wir mit einigen Unternehmen an der Börse gelistet und da bin ich kein Mehrheitsaktionär. Aber die Partner sind immer zu mir gestanden und haben mir bis heute die Geschäftsführung in all den Jahren anvertraut. Aber ich stehe zu meinem Wort, bin Basler, bin jede Woche mehrmals in der Stadt und fühle mich mit dem FCB verbunden. Die Kontrolle des Klubs muss in Basler Händen bleiben.

Bei Ihren Auseinandersetzungen mit Degen ging es auch oft um sportliche Differenzen. Stimmt es eigentlich, dass Sie Ruedi Zbinden abgemahnt haben?
Ich spreche nicht öffentlich über unsere Mitarbeiter.

Man sagt, Sie hätten es als Vertrauensbruch empfunden, dass er hinter Ihrem Rücken einen Vertrag für Alex Frei ausgehandelt hatte.
Wenn Fehler passieren, dann rede ich mit den Leuten. Und grundsätzlich vertraue ich den Menschen. Ich bin nicht nachtragend und ich würde nie jemanden fallen lassen.

Zbinden ist nun wieder Chefscout statt Sportchef. Holen Sie keinen Nachfolger für ihn?
Nein, ich habe nicht vor, einen neuen Sportchef zu holen. Schauen Sie: Ich orientiere mich am englischen Manager-Modell. Darum haben wir Ciriaco Sforza in unser Transfer-Gremium eingebunden. Er muss mitreden können, welche Spieler man holt. Meiner Meinung nach muss jener Mann, der das Team als Trainer führt, auch bei der Auswahl der Spieler mitentscheiden.

Das ist ein heisser Lauf. Wenn Sforza keinen Erfolg hat, muss er gehen – und der neue Trainer hat einen Scherbenhaufen, weil die Kaderzusammenstellung auf die Bedürfnisse des Coachs, nicht auf jene des Klubs ausgerichtet wurde.
Ich stehe zu hundert Prozent hinter Ciriaco Sforzas Arbeit. Wir haben mit Ciriaco Sforza einen Trainer verpflichtet, der die Strategie des FC Basel umsetzt. Und das freut mich.

Aber sportlich läuft es mässig. Aus in der Europa League, nach Verlustpunkten ist auch der Rückstand auf YB gross.
Ok, aber wir sind auf einem guten Weg. Wir möchten, dass junge Spieler den Weg in die erste Mannschaft finden und unser Trainer scheut sich nicht davor, Talenten eine Chance zu geben.

Mit dieser Strategie war es aber voreilig, vor der Saison das Ziel Meister-Titel auszurufen.
Ich habe immer gesagt: Wir wollen um den Titel mitspielen. Wir sind der FCB, das gehört dazu. Klar, der Rückstand auf YB ist zurzeit nicht befriedigend. Aber Corona hat uns herausgefordert. Erst mussten wir in Quarantäne, fehlender Rhythmus, mehr Verletzte und jedes Mal, wenn Nati-Pause ist, kommen Spieler mit dem Virus zurück. Aber damit müssen wir leben.

Sind Sie also gegen Länderspiele?
Nein. Ich bin auch Nati-Fan. Aber es ist einfach Fakt.

Ist das Kader stark genug?
Ja. Trotzdem planen wir in der Winterpause zu investieren und die Mannschaft noch punktuell zu verstärken.

In der turbulenten Phase vor einigen Wochen wurden Sie permanent angefeindet. Wurden Sie auch direkt angegangen auf der Strasse?
Ich konnte mich problemlos bewegen in der Stadt. Ein einziges Mal hat mir einer vom Velo aus nachgerufen, ich solle verschwinden. Ich bin keiner, der die Konfrontation scheut, habe einen starken Rücken, solange ich davon überzeugt bin, ich mache die Dinge richtig.

Und die Plakate in der ganzen Stadt?
Das war alles orchestriert.

Von der Yystoo-Bewegung?
Sicherlich hat die Yystoo-Bewegung diese Kampagne zum Teil mitgenutzt. Als Kapitän auf stürmischer See ist es meine Verantwortung und Pflicht als Blitzableiter, und auch «durchs Dorf Getriebener» meinen Kopf hinzuhalten. Das gehört leider auch dazu.

Weihnachten wäre ja das Fest der Nächstenliebe und perfekt, sich mit den Fans zu versöhnen.
Ja da haben Sie recht. Wir haben den Fans bereits im September angeboten, mit uns zu reden. 138 meldeten sich per Mail, 45 haben die persönliche Einladung wahrgenommen. Für mich war es ein guter und konstruktiver Austausch.

Wie feiern Sie Weihnachten?
Im kleinen Rahmen mit der Familie. Meine liebe Frau wird uns wie immer an Weihnachten mit einem traumhaften Festessen überraschen. Unsere Kinder schmücken den Weihnachtsbaum und ich besorge meistens noch die letzten Geschenke.

Was wünschen Sie sich?
Dass die Corona-Krise endlich vorbei geht und dass alle gesund bleiben. Und dass trotz aller Probleme wir die Zuversicht nicht verlieren - und schon gar nicht die Lebensfreude und die Hoffnung, dass alles wieder besser wird.

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Zürich
FC Zürich
14
7
26
2
FC Basel
FC Basel
14
20
25
3
FC Lugano
FC Lugano
14
6
25
4
Servette FC
Servette FC
14
2
25
5
FC Luzern
FC Luzern
14
4
22
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
14
6
20
7
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
14
2
20
8
FC Sion
FC Sion
14
0
17
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
14
-5
16
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
14
-10
15
11
FC Winterthur
FC Winterthur
14
-21
11
12
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
14
-11
9
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