Manager-Legende Vogels Transferanalyse
FCB im Kaufrausch – FCZ der Kauf-Nix

Die Shoppingtour der Super-League-Klubs ist zu Ende, das Transferfenster zu. Manager-Legende Erich Vogel über Last-Minute-Käufe, viele Wechsel und aufgeblähte Kader.
Publiziert: 08.09.2023 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 08.09.2023 um 08:58 Uhr
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Erich Vogel lobt YB. Die Berner Transferpolitik sei vorbildlich.
Foto: Pius Koller

Das wars mit Last-Minute- oder Frust-Käufen, Panik-Leihen oder Schnäppchen. Sieben Wochen nach Saisonstart ist jetzt auch in der Schweiz das Transferfenster zu.

Lausanne holt noch kurz vor Ende Stürmer Samuel Kalu von Watford und Fousseni Diabaté von FK Partizan Belgrad. St. Gallen holt Bastien Toma aus Genk, SLO leiht Emmanuel Essiam vom FCB aus. Es ist der Schlussspurt äusserst hektischer Transfertage.

Für Erich Vogel unverständlich. «Als Schweizer Klub musst du die Transfers möglichst früh machen. Es entscheidet sich Anfang Saison, ob man sich für die Europa League qualifiziert, für die Conference League oder ganz leer ausgeht», sagt die 84-jährige Manager-Legende. Auch für die Meisterschaft sei der Start äusserst wichtig, so Vogel weiter. «Du musst unbedingt versuchen, das erste Spiel zu gewinnen. Zum Saisonstart musst du bereit sein. Bist du das nicht, spricht das nicht für enorm viel Kompetenz.»

YB habe dies vorbildlich gemacht, findet Vogel. «Da hat man hervorragend antizipiert. Bevor zum Beispiel Rieder überhaupt weg war, war sein Nachfolger Lakomy schon da.»

Vor allem GC und der FC Basel sind in den vergangenen Wochen durch emsige Transferaktivitäten aufgefallen. Der FCB hat besonders gut verkauft: Rund 50 Millionen Franken hat er in diesem Sommer eingenommen, über 40 Millionen alleine für Zeki Amdouni, Andy Diouf und Dan Ndoye. Starker Wert. Dank seines riesigen Netzwerks aus der Spielerberater-Zeit kann David Degen verkaufen, besser als jeder andere Klubverantwortliche in der Schweiz.

«Diese Teams sind noch weit weg von einer Stammformation»

Aber Degen kauft auch ein. Mehr als alle anderen weltweit. Ex-FCZ-Captain Kevin Rüegg ist Neuzugang Nummer 18 beim FC Basel. Insgesamt hat der Klub mittlerweile gut 30 Millionen Franken ausgegeben. 

Es ist der grösste Umbruch der Klubgeschichte, obwohl Präsident Degen an der Generalversammlung im Frühling versprach: «90 Prozent des Kaders bleiben zusammen.» Das Gegenteil ist der Fall: Beim 2:2 am vergangenen Wochenende gegen den FCZ steht mit Marwin Hitz noch ein (!) Spieler in der FCB-Startelf, der schon im vergangenen Klassiker im Mai zur Startelf gehörte. 

Wer so viele Spieler verpflichte, hoffe, dass die Konkurrenzsituation zu mehr Leistung antreibt, sagt Vogel. Davon hält er wenig. «Jeder Neue muss sich zeigen dürfen und eine Chance bekommen. Solche Teams sind auch jetzt noch weit weg von einer Stammformation.»

Der FCB war im Kaufrausch. Der FCZ steht mit vier Zuzügen am anderen Ende der Skala – er ist so quasi der Kauf-Nix der Liga. Das habe Vorteile, sagt Vogel. «Das Team ist eingespielt, die Hierarchie ist klar. Man ist Leader und hätte man nicht dreimal kurz vor Schluss noch die drei Punkte aus der Hand gegeben, hätte man sogar das Punktemaximum.»

«So grosse Kader bringen nur Nachteile»

Was beim FCB und FCZ trotz unterschiedlicher Transferstrategie auffallend ähnlich ist: Der eigene Nachwuchs isst derzeit hartes Brot. Mit Zé Junior, Axel Kayombo und Leon Avdullahu sind beim FCB zwar drei Eigengewächse neu im Profikader, realistische Chancen auf regelmässige Einsätze haben sie wegen der gleichzeitigen Kaufwut aber keine. Auch der FCZ hat mit den Brüdern Reichmuth, Guzzo, Bajrami und Junior Ligue zwar eigene Nachwuchsspieler im Kader, zum Zug kommen sie bisher aber auch nicht. Oft trainieren sie gar mit der U21. 

Für Vogel eine Frage der Kadergrösse. Alle Klubs hätten generell viel zu grosse Kader, sagt er. Für ihn wäre ein 20-Mann-Kader, inklusive zwei Goalies, ideal. Für Klubs, die nicht europäisch spielen, würden gar 18 reichen, sagt er.

Andere Kaderplaner reden von 22 Feldspielern als Idealwert. In der Super League haben alle mehr. Basel, GC und Winterthur sind bei 30 Spielern, St. Gallen und der FCZ bei 27. Der FC Luzern hat am wenigsten Spieler, jedoch auch 26. «So grosse Kader bringen nur Nachteile», sagt Vogel. Er zählt auf: «Man gibt unnötig Geld aus. Man hat viele unzufriedene Spieler. Und man fördert die eigenen Talente nicht. Auf der Bank ist noch kein Fussballer besser geworden.»

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Zürich
FC Zürich
14
7
26
2
FC Basel
FC Basel
14
20
25
3
FC Lugano
FC Lugano
14
6
25
4
Servette FC
Servette FC
14
2
25
5
FC Luzern
FC Luzern
14
4
22
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
14
6
20
7
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
14
2
20
8
FC Sion
FC Sion
14
0
17
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
14
-5
16
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
14
-10
15
11
FC Winterthur
FC Winterthur
14
-21
11
12
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
14
-11
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