Ist das jetzt grossartig oder peinlich für die Super League?
Hilfe, wir haben den schwächsten Leader von ganz Europa!

Ist das nun gut oder schlecht? Die Super League hat im europäischen Vergleich den schwächsten Tabellenführer. Im internationalen Vergleich hinkt die Schweiz ausserdem hinterher.
Publiziert: 28.01.2025 um 00:17 Uhr
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Aktualisiert: 28.01.2025 um 06:55 Uhr
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Lugano ist der schwächste Leader in Europa.
Foto: keystone-sda.ch
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Florian RazReporter Fussball

In der Jacke gehalten hat ihn schon lange nichts mehr. Trotz knackiger Temperaturen tigert Mattia Croci-Torti im dunkelblauen Pullover an der Seitenlinie entlang. Dann dieses Tor in der 93. Minute, der in die Nacht gebrüllte Siegesschrei, die geballten Fäuste, die enorme Spannung, die sich entlädt. Die samstäglichen Szenen in Winterthur zeigen, wie wichtig dieser 3:2-Sieg beim Tabellenletzten für den FC Lugano ist. Es ist trotz 0:2-Rückstands der erste Dreier der Tessiner in vier Spielen. In anderen Ligen ginge das als Schwächephase durch. In der Schweiz ist es die Bilanz eines … Tabellenführers.

Kein Wunder, hat die Schweiz den schwächsten Leader in ganz Europa. Nirgendwo sonst auf dem Kontinent holt der Erstplatzierte der höchsten Liga weniger Punkte pro Spiel: 1,75 Zähler im Schnitt. Stellt sich die Frage, ob das nun grossartig ist – oder doch eher ein Problem? Anders formuliert: Spricht es für die Qualität einer Liga, wenn alle gegen alle Punkte abgeben?

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Hinter Zypern, Schweden und Tschechien

Man könnte etwas billig einen subjektiven Blick auf die Spiele im Jahr 2025 werfen und feststellen: Da gibt es ganz viel schlechten Fussball auf häufig ebenso schlechtem Untergrund. Die Matches von Yverdon? Beweis, dass Fussball gar nicht «das schöne Spiel» sein muss, wie es die Engländer behaupten. Die 0:0 der Young Boys? Schwere Kost. Die Punktgewinne der Grasshoppers? Ein Geheimtipp für Menschen, die der TV-Übertragung von Waffenläufen nachtrauern.

Wer es etwas objektiver mag, wirft bei der Suche nach der Wahrheit einen Blick auf die europäischen Wettbewerbe. Rang 19 belegt die Schweiz hier in der aktuellen Saison. Hinter Nationen wie Zypern, Schweden oder Tschechien. Das spricht im internationalen Vergleich nicht eben für ein überragend hohes Niveau.

Wobei man hier den FC Lugano ein wenig in Schutz nehmen muss. Ohne seine starke Bilanz in der drittklassigen Conference League sähe die Schweizer Bilanz im Europacup weit schlimmer aus. Die Mannschaft von Croci-Torti vertritt die Schweiz gut. Und dürfte für den Kräfteverschleiss in Europa mit ein paar Punktverlusten in der Super League bezahlt haben.

Nur Zeitenwende im Schweizer Fussball?

Unterdessen spielen die Young Boys in der Champions League noch gegen die Peinlichkeit des letzten Platzes an. In der Fünfjahrestabelle der Uefa liegt der Meister als derzeit bester Schweizer Vertreter auf Rang 60. Zur Einordnung: Von 2012 bis 2018 stand stets ein Schweizer Klub in den Top 20 dieser Rangliste – der FC Basel. Der ist heute noch auf Platz 63.

Tatsächlich ist die Schwäche der beiden Schweizer Riesen ein Grund dafür, dass der aktuelle Leader der Super League so wenige Punkte hat. Die zwei haben die Meisterschaft jahrzehntelang erdrückt. Aber jetzt schleifen sich die Berner durch eine Saison, in der die Spieler am Geschehen auf den nationalen Plätzen seltsam desinteressiert wirken. Und der FCB ist nach sieben Jahren des kontinuierlichen Abstiegs erst wieder im Aufbau begriffen.

Das ist die negative Sicht der Dinge. Positiv gesehen gibt es mehr Klubs, die nach Höherem streben als in den Jahren der Basler und Berner Serienmeisterschaften. Es ist wie im dunklen Wald, wo durch den Sturz eines Riesen plötzlich Licht da ist für andere Gewächse.

Geniessen, solange es anhält

Lugano, Lausanne, Servette und St. Gallen sind alles Klubs, die sich etwas Silberware in der Vitrine durchaus vorstellen können. Mit entsprechend erhöhten Ambitionen stellen sie ihre Mannschaften zusammen. Und der FC Zürich ist per präsidialem Beschluss sowieso immer ein Spitzenclub.

Gut möglich auch, dass wir gerade eine Zeitenwende erleben. Lugano will sich mit amerikanischem Geld und Schweizer Fachwissen zur neuen Schweizer Nummer 1 aufschwingen. Basel wirkt nach Jahren der Hektik und Daueraufregung gereift. YB hat noch immer die Millionen der Champions League auf dem Konto und wird den Druck spüren, das Kader im Sommer aufzuhübschen. Jeder der drei hat die Möglichkeiten, der Liga nächste Saison den Stempel aufzudrücken. Für die Fans heisst das: geniessen, solange die ungewöhnliche Spannung anhält.

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Basel
FC Basel
26
27
45
2
Servette FC
Servette FC
26
7
45
3
FC Luzern
FC Luzern
26
6
43
4
FC Lugano
FC Lugano
26
5
42
5
FC Zürich
FC Zürich
26
1
39
6
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
26
9
37
7
BSC Young Boys
BSC Young Boys
26
5
37
8
FC St. Gallen
FC St. Gallen
26
2
36
9
FC Sion
FC Sion
26
-7
30
10
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
26
-9
26
11
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
26
-18
25
12
FC Winterthur
FC Winterthur
26
-28
20
Meisterschaftsrunde
Abstiegsrunde
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