Über eine Stunde ist seit dem 1:1 zwischen dem FCB und Lugano vergangen. Genug Zeit eigentlich, um runterzukommen, um sich als Trainer seine Aussagen zurechtzulegen. Doch Heiko Vogel (47) hat gerade gar keinen Bock auf Diplomatie. Und beginnt eine Schimpftirade gegen Schiedsrichter Lukas Fähndrich, die es in sich hat. Ein Auszug davon: «Ich habe bei diesem Menschen grosse Bedenken, ob er fähig ist, Spiele zu pfeifen. Die Arroganz, die er hat!»
Hintergrund: Nach Abpfiff des Lugano-Spiels sieht Vogel innert Sekunden zweimal Gelb von Fähndrich. Die erste Karte wegen höhnischem Klatschens in Richtung Schiri-Team, die zweite nach folgenden Worten zum Unparteiischen: «Ich hoffe, dass ich sie nicht mehr sehen muss.»
Dass sein FCB mit Ach und Krach und nur dank mehrerer Glanzparaden von Goalie Marwin Hitz einen Punkt ergattert hat, dass Rot-Blau den Ansprüchen in der Meisterschaft weit hinterherhinkt und dass die überlebenswichtige Europacup-Quali in akuter Gefahr ist, steht für Vogel in diesem Moment nicht im Vordergrund.
Es knallt immer wieder
Zum wiederholten Mal knallts zwischen Vogel und einem Schiedsrichter. Die Karten gegen ihn ziehen sich seit Februar wie ein roter Faden durch seine Zeit als Interimscoach: Mal gabs Gelb wegen Klatschens, mal wegen Reklamierens, mal wegen Abwinkens – in der Super League, im Cup, in der Conference League. Vor gut einer Woche, beim 1:6 in St. Gallen, sass Vogel nach der vierten Liga-Verwarnung gesperrt auf der Tribüne. Am nächsten Donnerstag in Genf nun schon wieder.
Das wirft in erster Linie ein schlechtes Licht auf Vogel. Auch, weil er nach jedem Vorfall Besserung gelobte – und trotzdem weiter fleissig Karten sammelt. «Ich bin kein Kind von Traurigkeit und schreibe mir auf die Fahne, ruhiger zu werden», sagt er nach dem jüngsten Vorfall.
Schaden nimmt wegen Vogels Verhalten aber auch der FCB. Weil es als Sprache der (schlechten) Verlierer gilt, die Schuld fürs eigene sportliche Versagen beim Schiedsrichter zu suchen. Und schlechte Publicity kann der eh schon angeschlagene Klub nicht brauchen.
Vogels Verhalten färbt auf die Spieler ab
Es macht sogar den Eindruck, als wirke Vogel wie ein Brandstifter. Vier Rote Karten für den FCB in den letzten drei Ligaspielen? Für viele Beobachter ein Ausdruck von Vogels Verhalten an der Seitenlinie. Ebenso, dass mit Goalie Marwin Hitz (35) ein besonnener, überlegter und selbstkritischer Charakter nun zum zweiten Mal innert Kürze gegen die Schiedsrichter austeilt. Und, ohne konkrete Beispiele zu nennen, Fähndrich sogar Beleidigungen unter der Gürtellinie gegenüber FCB-Spielern vorwirft.
Auf die Frage, ob sein Verhalten zum Problem werde, meint Vogel: «Was soll diese Frage? Sie impliziert ja schon die Antwort. Ich sage ‹nein›, aber schreiben Sie ruhig ‹ja›. Emotionen gehören dazu. Der Schiri hat nur darauf gewartet, bis ich ihm etwas gebe. Ich hab ihm den Gefallen getan, mein Fehler. Ich darf keine Karten verteilen, nur er – und das ist halt einseitig.» Kürzlich im grossen Blick-Interview meinte ein damals gut aufgelegter Vogel: «Ich bin ein schlechter Verlierer.»
Taugt Heiko Vogel überhaupt noch als Vorbild?
In den Augen von FCB-Legende Erni Maissen (65) hat Vogel nach dem Lugano-Spiel den Kredit verspielt. «Ich kann es nicht mehr sehen! Mit seinem Verhalten ist Vogel selber der Schlimmste. Es wundert mich gar nicht, dass Spieler nicht diszipliniert sind, bei einem solchen Trainer an der Seitenlinie», sagt Maissen im Blick Kick – und rechnet dann mit Vogel ab: «Als Trainer war er ein Fehlgriff.» (Video oben)
Mit seinen Motivationskünsten und taktischen Kniffen hat Vogel den erstmaligen Europacup-Finaleinzug einer Schweizer Mannschaft nur knapp verpasst. Dafür lieben ihn die Fans in Basel. Für den Umgang mit den Schiedsrichtern und das Ablenken von den eigenen Problemen in der Liga aber gibts kaum Verständnis in den sozialen Medien. Tenor: Peinlich und schädlich fürs FCB-Image!
Nach der Saison dankt Vogel als Interimstrainer ab. Um sich danach voll und ganz den Aufgaben als Sportchef zu widmen. Als solcher ist er noch mehr als Vorbild gefragt als ein Trainer. Aber taugt er überhaupt noch als Vorbild? Angenommen, in der nächsten Saison fliegt ein FCB-Spieler oder der neue Trainer Timo Schultz (45) wegen einer Unsportlichkeit vom Platz: Wie soll Vogel, der selber regelmässig übers Ziel hinausschoss, künftig seine ihm unterstellten Spieler und Trainer glaubhaft in die Schranken weisen?
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Zürich | 14 | 7 | 26 | |
2 | FC Basel | 14 | 20 | 25 | |
3 | FC Lugano | 14 | 6 | 25 | |
4 | Servette FC | 14 | 2 | 25 | |
5 | FC Luzern | 14 | 4 | 22 | |
6 | FC St. Gallen | 14 | 6 | 20 | |
7 | FC Lausanne-Sport | 14 | 2 | 20 | |
8 | FC Sion | 14 | 0 | 17 | |
9 | BSC Young Boys | 14 | -5 | 16 | |
10 | Yverdon Sport FC | 14 | -10 | 15 | |
11 | FC Winterthur | 14 | -21 | 11 | |
12 | Grasshopper Club Zürich | 14 | -11 | 9 |