Forte zurück in der Super League
«Beim Winti-Anruf dachte ich: endlich!»

Nach fünf Jahren kehrt Uli Forte in die Super League zurück. Warum er schon lange auf den Anruf aus Winterthur gewartet hat, und warum er sich nicht mehr gegen seinen Ruf wehrt.
Publiziert: 15.01.2025 um 20:11 Uhr
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Aktualisiert: 15.01.2025 um 20:30 Uhr
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«Wir müssen doch alles dafür tun, dass dieser Kultklub oben bleibt!» Uli Forte hat eine spezielle Beziehung zu Winterthur.
Foto: Sven Thomann

Auf einen Blick

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Florian RazReporter Fussball

Blick: Uli Forte, herzliche Gratulation zum Hattrick!
Uli Forte: Hattrick? Welcher Hattrick?

Sie waren Cheftrainer der Grasshoppers und des FC Zürich, jetzt sind Sie es in Winterthur. Das hat, soweit wir wissen, vor Ihnen keiner geschafft.
Cool.

Einen anderen Hattrick wollen Sie sicher auslassen. Sie könnten der erste Trainer werden, der mit allen drei Zürcher Klubs in die Challenge League abgestiegen ist.
Oh ja, da verzichten wir gerne drauf. Hoffentlich!

Sie waren jahrelang Trainer in der höchsten Schweizer Liga, haben dort St. Gallen, GC, YB und den FCZ trainiert. Heute weist ihre Statistik mehr Spiele in der Challenge League als in der Super League auf. Was ist passiert?
Ich war mir nie zu schade für die Challenge League. Für viele ist Fussball ein Hobby. Ich habe das Privileg, dass ich seit über zwanzig Jahren Fussball als Beruf ausüben darf. Wenn mich ein Projekt in der Challenge League überzeugt hat, habe ich zugesagt.

Trotzdem: Als Sie 2013 von GC zu YB gewechselt sind, galten Sie als eine der heissesten Aktien auf dem Schweizer Trainermarkt. Und dann kommt diese Pause in der Zweitklassigkeit von 2019 bis heute. Lag das einfach am fehlenden Glück oder …
… Glück ist ein grosses Wort. Vieles ist abhängig von der Situation. Hast du zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort die richtige Mannschaft? Es gibt nur ganz wenige Trainer, die ihre ganze Karriere bloss auf der Erfolgswelle reiten. Da sind wir bei Pep Guardiola oder Carlo Ancelotti. Dann hört es schon bald auf. Natürlich wäre ich auch gerne länger auf der Welle geritten. Aber es gibt im Leben Momente, die nicht so einfach sind. Dann heisst es: Pobacken zusammenkneifen und durch. Ich möchte nichts missen. Auch wenn ich im Rückblick einige Dinge anders machen würde.

Wie jenes legendäre Interview 2013, in dem Sie mit zwei Zürcher Zeitungen über Ihre Zukunft bei GC sprachen? Es erschien just an dem Tag, an dem Sie als Trainer der Young Boys vorgestellt wurden.
Ja, das war nicht so gut. Ich habe mich damals erst gegen dieses Gespräch gesträubt, weil ich nicht wusste, ob ich bei GC bleibe oder nicht. Ich hatte schliesslich eine Ausstiegsklausel im Vertrag. Am Ende liess ich mich doch überreden und gab das Interview. Es war ein riesiger Fauxpas, aber ich war noch so jung und habe Fehler gemacht.

Irgendwann fanden Sie sich in einer Schublade wieder. Es hiess: Uli Forte, das ist der Motivator, der eine Mannschaft heiss machen kann. Das geht ein halbes Jahr lang super. Und dann beginnt es zu bröckeln.
Das ist der Stempel, den man aufgedrückt bekommt. Wehren kannst du dich nicht dagegen. Auch wenn es ja nicht stimmt, weil meine durchschnittliche Arbeitszeit an einem Ort … Ich müsste es jetzt nachschauen. Aber es sind rund eineinhalb Jahre. Wenn man das im internationalen Vergleich anschaut, ist das normal. In der Bundesliga ist die Halbwertszeit eines Trainers inzwischen sogar unter einem Jahr.

In der Super League ist es ähnlich.
Eben. Und dieser Stempel, den ich trage, dass ich nur ein halbes Jahr funktioniere, der stimmt natürlich nicht. Ich habe soeben fast zwei Jahre in Neuchâtel verbracht. Es ist schwer, wieder aus einer Schublade rauszukommen. Ich wehre mich auch nicht.

Früher haben Sie das aber getan.
Ja, ich habe versucht, mich gegenüber den Medien zu rechtfertigen. Heute nicht mehr. Ich habe einen kleinen Sohn und die drei Töchter meiner Frau, die alle gesund und munter sind. Da merkst du, dass es wichtigere Dinge im Leben gibt.

Ihre Stippvisite in Bielefeld zieht ihren Schnitt natürlich runter. Bloss für fünf Partien waren Sie 2022 in der 2. Bundesliga.
Da hat es von Anfang an nicht geklappt. Ich verstand mich mit dem damaligen Sportchef Samir Arabi gar nicht. Er hatte vor der gesamten Belegschaft Wutanfälle. Er hat mich dadurch geschwächt, er hat sich geschwächt und das ganze Projekt. Aber als ich ihm das zwei-, dreimal gesagt habe, sah er das ganz anders. Danach habe ich es auch etwas drauf ankommen lassen und wurde entlassen.

Wie hat sich das angefühlt? Sie waren immer ein sehr ambitionierter Trainer, das Ausland war Ihr Ziel.
Die Bundesliga war mein Traum. Und das Angebot kam genau auf mein zwanzigjähriges Jubiläum als Trainer. Ich dachte: Wow, zwanzig Jahre musste ich warten, um diesen Schritt machen zu dürfen. Und dann hat es so gar nicht funktioniert. Das war dann schon das böse Erwachen. Meine Familie hat mich mit offenen Armen am Flughafen erwartet, darum war ich nicht total niedergeschlagen. Aber es war schon nicht so, dass ich gleich wieder in den nächsten Zug in Richtung Deutschland gesessen wäre. Ich hatte zuerst einmal einfach genug. Danach kam Xamax genau richtig. Da konnte ich mich rehabilitieren.

Und was haben Sie gedacht, als Sie die Nummer des Winterthurer Sportchefs Oliver Kaiser auf dem Telefon sahen?
Ganz ehrlich? Endlich! Wir hatten schon ein paarmal Kontakt in den letzten Jahren. Als ich seine Nummer gesehen habe, dachte ich: Hoffentlich klappt es diesmal. Winterthur ist halt ein ganz spezieller Klub.

Warum wird es denn jetzt in Winterthur besser als 2016 bei den Abstiegen mit dem FCZ und 2019 mit GC?
Zuallererst ist das Timing anders. Beim FCZ kam ich drei Spiele vor dem Saisonende. Bei GC waren es sechs. Das war eine völlig andere Ausgangslage. Jetzt habe ich eine ganze Vorbereitung zur Verfügung – auch wenn sie sehr kurz war. Und wir haben noch viele Spiele vor uns, in denen viele Punkte zu gewinnen sind.

Persönlich Uli Forte

Uli Forte (50) ist seit Januar Trainer des FC Winterthur. Der in der Schweiz geborene Sohn italienischer Einwanderer spielte als Aktiver in der Nationalliga B für Kriens und Brütisellen, ausserdem war er Spieler und Spielertrainer bei Red Star Zürich. Er gewann als Trainer mit GC (2013) und dem FC Zürich (2016) den Cup. Mit St. Gallen und dem FCZ stieg er in die Super League auf. Winterthur ist seine zehnte Station als Profitrainer. In der Schweiz betreute er St. Gallen, zweimal GC, YB und den FCZ in der Super League. In der Challenge League arbeitete er für Wil, Yverdon und zuletzt Xamax. Sein einziger Ausflug ins Ausland endete 2022 in Bielefeld nach kurzer Zeit.

Uli Forte (50) ist seit Januar Trainer des FC Winterthur. Der in der Schweiz geborene Sohn italienischer Einwanderer spielte als Aktiver in der Nationalliga B für Kriens und Brütisellen, ausserdem war er Spieler und Spielertrainer bei Red Star Zürich. Er gewann als Trainer mit GC (2013) und dem FC Zürich (2016) den Cup. Mit St. Gallen und dem FCZ stieg er in die Super League auf. Winterthur ist seine zehnte Station als Profitrainer. In der Schweiz betreute er St. Gallen, zweimal GC, YB und den FCZ in der Super League. In der Challenge League arbeitete er für Wil, Yverdon und zuletzt Xamax. Sein einziger Ausflug ins Ausland endete 2022 in Bielefeld nach kurzer Zeit.

Sie kennen die Stimmung in der Garderobe eines Tabellenletzten. Wie schafft man es, dass die Spieler trotzdem an sich und ihre Chance glauben?
Gute Resultate sind die beste Medizin. Darum haben wir uns zum Ziel gesetzt, am Samstag in Bern gleich zu punkten. Auch wenn es nicht einfach wird. Dann braucht es die tägliche Arbeit auf dem Platz. Und ich führe viele Einzelgespräche, seit ich hier bin.

Um was zu vermitteln?
Um den Spielern auf den Zahn zu fühlen: Wo liegt genau das Problem? Warum können wir unser Potenzial nicht abrufen? Dass Potenzial vorhanden ist, hat man in der letzten Saison gesehen. Und viele Wechsel hat es ja nicht gegeben.

Dafür waren die, die es gab, gewichtig.
Aber man hat auch den einen oder anderen guten Spieler geholt. Ich glaube, es steckt mehr in dieser Mannschaft, als man bisher gesehen hat. Das war auch der Grund, warum ich sofort als die Anfrage kam, zugesagt habe. Winti ist Kult. Für mich, für ganz viele Menschen. Da müssen wir doch alles dafür tun, dass Winti in der Super League bleibt!

40 Gegentore hat Winterthur in der Vorrunde kassiert. Da ist klar, wo das Problem liegt.
Wir müssen defensiv stabiler werden, es gibt nichts anderes. Das haben wir mit der Mannschaft besprochen, daran arbeiten wir auf dem Platz. Wenn du pro Spiel im Schnitt mehr als zwei Tore kassierst, gewinnst du keine Spiele.

Wie sehen Sie ihr Mittelfeldzentrum? Luca Zuffi und Fabian Frei, das klingt nach viel Ballkontrolle aber wenig Wasserverdrängung.
Es ist klar: Die beiden sind in einem gewissen Alter. Es scheint logisch, dass wir eine andere Mischung finden müssen. Wie genau, das besprechen wir derzeit im Staff und mit den einzelnen Spielern. Aber dass wir etwas verändern müssen, steht fest.

Sie haben in Winterthur die Matur gemacht. Waren der FC Winterthur und die Schützenwiese damals auch schon ein Thema für Sie?
Absolut! Ich habe hier trainiert. Das müsste 1994 oder 1995 gewesen sein. Martin Andermatt war Trainer. Da habe ich auch ein junges. vielversprechendes Talent namens Oliver Kaiser kennengelernt. Ich wollte mich für Winterthur empfehlen, es hat aber leider nicht geklappt.

Also ist jetzt zustande gekommen, was Sie schon vor 30 Jahren wollten.
Genau – mit ein wenig Verzögerung.

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Lugano
FC Lugano
18
6
31
2
FC Basel
FC Basel
18
21
30
3
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
18
9
30
4
FC Luzern
FC Luzern
18
3
29
5
Servette FC
Servette FC
18
2
29
6
FC Zürich
FC Zürich
18
-1
27
7
FC Sion
FC Sion
18
4
26
8
FC St. Gallen
FC St. Gallen
18
6
25
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
18
-4
23
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
18
-12
17
11
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
18
-10
15
12
FC Winterthur
FC Winterthur
18
-24
13
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