Rechnen Sie mit einem WM-Aufgebot, Herr Frei?
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«Stand jetzt ja»:Rechnen Sie mit einem WM-Aufgebot, Herr Frei?

FCB-Star eine Woche vor dem Saisonstart
Frei über Frei, den Goaliewechsel und den Traum von Katar

Basels Rekordspieler Fabian Frei über das Wiedersehen mit Trainer Alex Frei und inwiefern er das FCB-Kader anders beurteilt als sein Trainer. Auch wagt er eine Meisterprognose und sagt, was er von der Lindner-Ausmusterung und vom Nati-Bashing nach Niederlagen hält.
Publiziert: 09.07.2022 um 12:36 Uhr
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Aktualisiert: 09.06.2023 um 11:46 Uhr
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Fabian Frei ist der designierte neue FCB-Captain.
Foto: PHILIPP SCHMIDLI | Fotografie
Sebastian Wendel

Gehören Sie zu den Spielern, die auch in der Freizeit Fussball konsumieren?
Fabian Frei:
Früher schon. Mittlerweile habe ich vieles selbst erlebt, und ich habe vor allem eine Familie, der ich die Freizeit widme. Also wenn Sie darauf hinauswollen, ob ich die Frauen-EM verfolge …

... erwischt!
Sollten die Schweizerinnen weit kommen, schaue ich vielleicht mal rein. Aber neben den vielen Trainings während der Vorbereitung geniesse ich die fussballfreie Zeit.

Gibt es heutzutage zu viel Fussball?
Definitiv! Eine gewisse Übersättigung ist da. Früher war ein Spiel im TV noch etwas Besonderes. Dass ich 90 Minuten ohne Zappen ein Spiel verfolge, kommt sehr selten vor.

Wie gross war die Lust, in Ihre 16. Sommervorbereitung einzusteigen?
Auf den neuen Trainer und die neuen Spieler habe ich mich gefreut. Zeitlich gesehen hätte es gerne eine Woche mehr sein können.

Worum beneiden Sie den zurückgetretenen Valentin Stocker?
Dass er viel mehr Zeit für seine Familie hat. Aber tauschen möchte ich nicht mit ihm, für das Karriereende bin ich nullkommanull bereit.

Alex Frei ist Ihr zehnter Trainer beim FCB. Worauf freuen Sie sich bei ihm?
Vor allem darauf, wieder mehr mit ihm zu tun zu haben. Alex und ich haben die gleichen Vorstellungen davon, welche Werte es in einer Mannschaft braucht. Wir sind auch menschlich auf einer ähnlichen Wellenlänge. Mit dem Unterschied zu früher, dass er jetzt mein Chef ist.

Fällt es schwer, einen Ex-Teamkollegen als Chef zu akzeptieren?
Alex war ja schon zu Spielerzeiten mein Chef (lacht). Im Ernst: Wir brauchen uns nicht zu verstellen. Zudem bin ich durch Marco Streller und David Degen ja erprobt im Umgang mit früheren Mitspielern, die in der Hierarchie über mir stehen.

Alex Frei hat es direkt nach der Karriere als Sportchef in Luzern versucht und hat dann doch auf die Trainerschiene gewechselt. Hat Sie das überrascht?
Im Teambus hat er zwar oft «Football Manager» gespielt, darum hatte Sportchef schon seine Logik. Aber so, wie er schon als Spieler über den Fussball geredet hat, macht der Wechsel Sinn.

Wie weit sind eigentlich Ihre Pläne für die Zeit nach der Karriere gediehen?
Alles offen! Es gibt Tage, an denen ich mich sehne, nicht mehr im Fussballgeschäft tätig zu sein. An anderen ist es ein schöner Gedanke, junge Spieler zu begleiten. Ich habe den Luxus, finanziell so aufgestellt zu sein, dass ich mir nach der Karriere in Ruhe Gedanken machen kann.

Alex Frei sieht im FCB-Kader eine «unfassbare Qualität». Einverstanden?
Ich sehe «unfassbar viel Potenzial». Qualität ist in meinen Augen, wenn man das Potenzial konstant abrufen kann. Wenn sich alle jederzeit bewusst sind, worum es geht, ist mit diesem Kader vieles möglich.

Ist der Meistertitel, nach dem man in Basel lechzt, realistisch?
Lechzt? Ich spüre, dass die Erwartungen realistischer geworden sind. Es gab Zeiten, in denen war alles andere als der Meistertitel zu wenig. Die Sehnsucht ist immer noch da, aber man weiss im Umfeld, dass es neben uns zwei, drei Konkurrenten auf Augenhöhe gibt.

Wie muss die nächste Saison verlaufen, dass sie eine gute für den FCB wird?
Wir müssen konstanter in den Leistungen werden und die vielen Unentschieden aus dem letzten Jahr in Siege umwandeln. Das Ziel muss sein, möglichst lange um den Titel mitzuspielen.

Wer ist Titelfavorit?
Die Ausgangslage ist so offen wie schon lange nicht mehr. Ich wage mal die Prognose, dass es einer aus dem Trio FCB, YB und FCZ schafft.

Wie bewerten Sie den erneuten Kaderumbruch beim FCB?
Wir hatten letzte Saison viele Leihspieler, darum war er absehbar. Gut ist, dass das Kader schon jetzt grösstenteils komplett ist. Ich rechne nicht mehr mit vielen Änderungen während der Saison, das war vor einem Jahr nicht so einfach.

Irritiert, dass es im Tor – wahrlich keine Problemzone – einen Wechsel gab?
Stimmt, wir hatten kein Goalieproblem. Ich habe mich mit Heinz Lindner gut verstanden und bin seit Jahren mit Marwin Hitz befreundet. Mit ihm haben wir einen früheren Nationalspieler bekommen, also denke ich, haben wir auch in Zukunft kein Goalieproblem. Damit sollte das Thema erledigt sein.

Sie sind hinter Hitz und Adam Szalai der drittälteste FCB-Spieler. Wie leicht – oder schwer – fällt Ihnen mittlerweile der Zugang zu den Jungen?
Ab und zu bin ich ja selber ein Kindskopf und auch sonst umgänglich. Aber ja, ich merke in den Gesprächen schon, dass ich älter werde. Neulich hat Alex im Training einem Spieler zugerufen, er sei so schnell wie Ben Johnson. Da habe ich ihn daran erinnert, dass der Junge wohl nicht wisse, wer Ben Johnson sei.

Fühlen Sie sich als Führungsspieler akzeptiert?
Dass ich Rekordspieler bin, hilft dabei sicher (lacht). Ich bin ja keiner, der sich aufplustert, von dem her hören mir die Jungs schon zu.

Themawechsel: Vor einem Jahr waren Sie von der Nati so weit entfernt wie der FCB vom Champions-League-Titel. Heute wären Sie enttäuscht, sollten Sie kein Aufgebot für die WM in Katar erhalten. Einverstanden mit dieser These?
Ja, aber ich wäre nicht lange enttäuscht. In den letzten zwölf Monaten konnte ich auf eine Art Frieden schliessen mit dem Nati-Thema, nachdem ich zuvor nicht mehr als ein Statist war. Das allein ist schon eine Genugtuung. Aber ich wäre natürlich sehr gerne dabei – ein WM-Spiel wäre das i-Tüpfelchen auf der Visitenkarte.

Rechnen Sie mit einem Aufgebot?
Stand heute ja.

Muss man sich nach drei Niederlagen in den letzten vier Spielen Sorgen machen um die Nati?
Nein! Vorher war alles gut, jetzt fühlt es sich an, als hätten wir eine kleine Staatskrise ausgelöst. Hätten wir alle Spiele gewonnen, hätte es wohl geheissen, die Nations League ist nicht wichtig, die Gegner hätten es schleifen lassen. Und jetzt, wo wir drei Spiele verloren haben, soll alles schlecht sein. Das macht keinen Sinn.

Typisch schweizerisch – immer das Haar in der Suppe suchen. Wollen Sie das damit sagen?
Dass wir Schweizer dazu neigen, ist nicht von der Hand zu weisen. Die Nati eckt in vielen Belangen an, das hat auch sein Gutes. Aber in manchen Diskussionen wäre mehr Sachlichkeit wünschenswert.

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