FCB-Boss Degen über Shaqiri-Deal
«Es gab ein streng geheimes Treffen»

Im Interview mit Blick verrät David Degen (41), warum er für Shaqiri eine Ausnahme gemacht hat. Dass Trainer Fabio Celestini (49) nie ein Thema gewesen sei. Und wer neben Shaqiri der grosse Königstransfer ist.
Publiziert: 12:06 Uhr
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Aktualisiert: 13:13 Uhr
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David Degen ist seit 2021 Verwaltungsratspräsident des FC Basel.
Foto: Sven Thomann

David Degen, Xherdan Shaqiri sagt, der FCB sei aktuell die beste Mannschaft der Liga. Was sagt der Chef?
David Degen: Es wächst etwas zusammen, es passiert etwas Positives in diesem Team. Wenn Shaq das als wichtiger Baustein dieser Mannschaft sagt, wird da schon etwas Wahres dran sein. Nun muss diese Qualität aber konstant bestätigt werden, das ist nicht einfach.

Ist es sowohl in der Besetzung als auch in der Breite das beste FCB-Kader, seit Sie Präsident sind?
Ein breites Kader, richtig. Viel individuelle Qualität, auch richtig. Mit der Ergänzung von Shaqiri ist vielleicht noch das Puzzleteil dazugekommen, das bisher gefehlt hat. Vor einem Jahr hatten wir bei der Kaderzusammensetzung vielleicht ein paar Fehler gemacht.

An welche Fehler denken Sie, die Sie gemacht haben?
Ich erkenne Spielerprofile, ob es für mittelfristige Wege sind oder ob es Profile sind, die man mit Transfers kurzfristig gewinnbringend entwickeln kann. Nur mit vielversprechenden Profilen gewinnen wir aber keine Titel. Der Mix macht es aus. Auf und neben dem Platz.

Welche Rolle spielt Shaqiri in diesem Gefüge?
Xherdan bringt eine grosse Erwartungshaltung mit sich. Aber er nimmt in seiner Rolle auch viel Druck von seinen Mitspielern.

Die Verpflichtung von Shaqiri war der ganz grosse Coup im Sommer – und eine Überraschung. Wie haben Sie das angestellt?
Ich sagte ja immer: Rückkehrer schliesse ich grundsätzlich aus. Dazu stehe ich auch heute noch. Wenn es für alle Seiten Sinn macht, gibt es aber Ausnahmen – Shaq ist so eine Ausnahme. Sportchef Daniel Stucki und ich haben während der EM über ihn diskutiert und wir kamen zum Entschluss, dass seine Verpflichtung ein No-Brainer wäre – wenn er bereit ist, zum FCB zu kommen.

Und dann?
Ja, dann hat Stucki mal bei seinem Berater angerufen und angefragt. Zuerst war es ein Abtasten und es war ein langer, sehr langer Prozess, bis es geklappt hat. Umso glücklicher bin ich jetzt darüber.

War es aufgrund seiner Fitnesswerte und seiner Spielpraxis in Chicago kein Risiko, ihn zu holen?
Ja, von aussen betrachtet bestimmt. Aber wir wussten auch: Shaq will angreifen. Für alle Involvierten war klar, dass er sich gar nicht erlauben kann, nach Basel zu kommen und nicht Vollgas zu geben. Er ist einer der bekanntesten, populärsten und genialsten Fussballer der Schweizer Geschichte. Diesen Ruf will er sich doch nicht beschädigen, oder? Geld hat er auch genug verdient, dafür ist er nicht nach Basel gekommen.

Wann kam es zum ersten Treffen?
Es gab ein streng geheimes Treffen zwischen Xherdan, seinem Management, Dani Stucki und mir in der Schweiz. Da hat er seine Motivation und sein Interesse auch sehr glaubhaft vermittelt. Danach musste ich keine weitere Sekunde überlegen, dass wir alles machen müssen, um ihn zum FCB zurückzuholen. 

Aber es gab zu Beginn schon auch Ladehemmungen.
Das ursprüngliche System von Fabio Celestini war in der Offensive auf Barry, Traoré und Ajeti ausgerichtet. Das musste sich neu anpassen und Shaq musste Spielpraxis sammeln, richtig fit werden. Das dauerte etwas. 

Für Celestini bedeutet die Shaqiri-Verpflichtung auch mehr Druck.
Ja, aber er hat diese Aufgabe gemeistert. Hat diese Herausforderung angenommen. Er kann sich jetzt auch selber beweisen, wie ehrgeizig er wirklich ist. Für ihn ist diese Erfahrung auch spannend und lehrreich.

Vor einem Jahr sagten Sie, dass Celestini der erste Trainer ist, der so wechselt, wie Sie es machen würden. Ist das immer noch so?
Ja, ich bin immer noch sehr zufrieden. (lacht) Klar, gibt es Punkte, die ich vielleicht anders sehe, aber das bin ich. Das ist normal.

Wie viele Beine seines Stuhls waren schon abgesägt vor dem ersten Duell gegen YB?
Keines. Nicht mal ein Millimeter. Ich säge keine einzelnen Stuhlbeine ab. Wenn ich die Säge auspacke, dann sind alle vier aufs Mal weg. Der Trainer war nie ein Thema bisher – 0,0.

Ist Sportchef Daniel Stucki neben Shaqiri auch ein Königstransfer?
Für mich persönlich ist Dani definitiv der Königstransfer. Er hat eine klare Linie und kann Menschen führen. Ihm geht es ausschliesslich um den Erfolg des FCB. Ich bin sehr froh, dass ich ihn habe. Ich habe ein Dreivierteljahr um ihn gekämpft. Er hat mir dreimal abgesagt. Seit er hier ist, ist Ruhe im Laden.

Ein weiterer Transfer für die Zukunft könnte Granit Xhaka sein. Er und sein Bruder scheinen einen klaren Deal zu haben, noch einmal zusammen für den FCB zu spielen.
Ich befasse mich mit solchen Themen, wenn es realistisch wird. Das ist es aktuell nicht. Granit ist natürlich ein Top-Fussballer, aber aktuell wird er noch in Leverkusen gebraucht.

Im letzten Winter haben Sie Marwin Hitz als Nummer 1 angezählt. Er steht immer noch im Tor. Was ist passiert?
Er verhält sich wirklich super, hat mit Big Saves schon diverse Punkte für uns gerettet. Wenn er weitermachen will, werden wir uns ganz sicher intensiv damit beschäftigen. 

Als Nummer 1?
Ja sicher. Ich glaube auch nicht, dass er jetzt im Alter von 37 noch den Ersatzgoalie machen würde.

Das ist David Degen

David Degen wird 1983 mit seinem Zwillingsbruder Philipp in Liestal BL geboren und wächst in Lampenberg auf. Er spielt für Aarau, Basel, Gladbach und YB und macht 17 Länderspiele. Nach seiner Karriere gründet er eine Berater-Firma. Im Sommer 2021 kauft er den FC Basel von Bernhard Burgener. Degen in wohnt in Schindellegi SZ.

David Degen wird 1983 mit seinem Zwillingsbruder Philipp in Liestal BL geboren und wächst in Lampenberg auf. Er spielt für Aarau, Basel, Gladbach und YB und macht 17 Länderspiele. Nach seiner Karriere gründet er eine Berater-Firma. Im Sommer 2021 kauft er den FC Basel von Bernhard Burgener. Degen in wohnt in Schindellegi SZ.

Die letzte Saison war unbefriedigend. Sie wurden teilweise auch öffentlich und unter der Gürtellinie angegriffen. Wie gehen Sie damit um?
Nach all den Jahren in diesem Geschäft habe ich gelernt, das auszublenden. Es sind vielmehr die Personen in meinem Umfeld, die darauf reagieren und damit zu mir kommen. Sonst würde ich das vermutlich gar nicht mitbekommen. Aber es ist sicher unangenehm, wenn öffentlich falsche Dinge über dich erzählt werden und du nichts dagegen tun kannst.

Sie spielen aktuell ganz oben mit, haben erneut Millionenerlöse bei Transfers gemacht. Im Moment haben Sie persönlich viel Rückenwind, nicht?
Ich hatte immer Rückenwind von meinen Miteigentümern und einzelnen Personen im privaten Umfeld. Das ist für mich das Wichtigste. Wir wissen ja auch nicht, wie es Ende Saison aussehen wird. Es kann schnell gehen im Fussball. Das Ziel ist in den Top 6 zu landen, um in der Championship Group zu sein. 

Dann anders gefragt. Haben Sie aktuell mehr Schulterklopfer als auch schon?
Ich kann mittlerweile sehr gut unterscheiden, wer es ehrlich meint mit mir und dem FC Basel und wer mir einfach ins Gesicht lacht und hinter dem Rücken aber ganz anders ist. Ich habe auch gelernt, alleine zu sein und Dinge mit mir alleine auszumachen. Ich kann am Morgen in den Spiegel schauen, weil ich sauber arbeite.

Was treibt Sie an, wenn Sie am Morgen in diesen Spiegel schauen?
Ich will immer gewinnen, egal wo und bei was. Ich will jeden Tag der Beste sein. Gelingt mir das? Natürlich nicht. Aber das ist mein Antrieb.

Thierno Barry oder Renato Veiga sind zwei weitere dieser Transfercoups im Sommer. Jetzt spielen sie auf internationalem Topniveau. Veiga hat sich überraschend auch bei Chelsea festgespielt.
Das ist doch keine Überraschung. Das Potenzial dieser beiden Spieler war immer unbestritten. Veiga hat alles. Grösse, Schnelligkeit, Physis, Spielintelligenz, Technik, Arbeitseinstellung – alles stimmt bei ihm. Aber er weiss es eben auch und daher verliert er auch mal den Boden unter den Füssen.

Klingt fast so, als hätten Sie ihn zu günstig verkauft?
Ja, das habe ich den Verantwortlichen bei Chelsea auch schon gesagt. Mittlerweile hat er für die portugiesische A-Nati gespielt. Er ist für Höheres berufen. 

Haben Sie eine Beteiligung an einem Weiterverkauf?
Ja, sicher! Sowohl bei Veiga als auch bei Barry oder Diouf. 

Wie hoch sind diese Beteiligungen?
(lacht.) Das sage ich Ihnen nicht. Aber diese Einnahmen gefallen mir am meisten, wo wir nicht mehr arbeiten müssen dafür. (lacht)

Ihre Transfers sind längst kein Glück mehr. Sommer für Sommer kassieren Sie Millioneneinnahmen. Gibt es Ihnen Genugtuung, dass sie der Transferkönig der Schweiz sind?
Ich bin ehrlicherweise schon etwas stolz, wenn ich bei Arsenal, Chelsea oder in der spanischen Liga reinschaue und dort Jungs sehe, die sich bei uns für dieses Niveau entwickelt haben. Das ist doch grossartig. Aber das ist ein Werk des gesamten Klubs – es ist immer Teamwork.

Wie schaffen Sie es, diese Talente immer wieder nach Basel zu locken?
Der FCB hat zwei absolute Qualitätssiegel. Spieler, die von uns kommen, funktionieren in der Regel in internationalen Topligen. Hier lernst du bereits mit Druck, Medien, äusseren Einflüssen und Erwartungshaltungen umzugehen, es geht immer ums Gewinnen. Das andere ist, dass Spieler und Agenten auf unser Wort zählen können und wir ihnen keine Steine in den Weg legen, wenn Interessenten kommen und das Angebot stimmt. Talente dieser Klasse bekomme ich nur mit diesem Versprechen. Natürlich profitiert der Klub auch von meinem grossen internationalen Netzwerk.

Damit entstehen aber nicht gerade Identitätsfiguren für Rotblau.
Korrekt, aber so ist der Fussball. Denken Sie, die Schweizer Spieler in unseren Jugendmannschaften träumen alle von lebenslangen Karrieren bei Basel? Die wollen genau so den Sprung nach England, Deutschland, Spanien oder Italien schaffen. 

Aber wo sind die Schweizer Talente beim FCB?
In der Jugend sind wir aktuell fast überall führend. Darunter hat es einige vielversprechende Talente. Wir wollen es hinkriegen, dass wir die Spieler noch besser ausbilden – die individuelle Entwicklung muss im Nachwuchs höher gewichtet werden als die Resultate. Aber der Niveauunterschied zwischen U21 und Profifussball ist in der Schweiz viel zu gross. Da muss sich grundsätzlich dringend etwas ändern im Schweizer Fussball. 

Früher war der FCB fixer Bestandteil der Nati. Aktuell gibt es keinen einzigen Basler im Team von Murat Yakin. Das ist dennoch auffällig.
Dominik Schmid gehört aus meiner Sicht in die Nati. Gerade auf der Position des Linksverteidigers. Das sage ich aber als FCB-Präsident. Murat Yakin wird schon wissen, was er macht. Aber es würde auch noch mehr geben.

Heisst?
Ein Leon Avdullahu ist seit über einem Jahr unumstrittener Stammspieler beim FCB, aber in der U21-Nati nicht gesetzt. Das ist für mich sehr schwer nachvollziehbar, er ist vermutlich Opfer interner SFV-Politik. Oder auch Axel Kayombo. Für mich ein riesiges Versprechen für die Zukunft. Wenn ich beim SFV wäre, würde ich wöchentlich vor seiner Haustür stehen, um ihn dazu bringen, sich so schnell wie möglich einbürgern zu lassen. Doch es passiert einfach nichts. Das ist eines von vielen Themen, die wir aktuell haben im Schweizer Fussball.

Welche noch?
Die Vermarktung. Der FCB würde massiv mehr Einnahmen generieren, wenn wir unsere Spiele selber vermarkten würden. Das ist die Zukunft aus meiner Sicht. Wir werden im kommenden Jahr in einem ersten Schritt das eine oder andere lancieren, um die Reichweite und die Emotionen, die unser Klub hat, zu nutzen und auch zusätzlich nötige Ertragsquellen zu generieren. Daran arbeiten wir schon seit längerer Zeit.

Wie sehen Sie das Niveau der Schweizer Trainer?
Auch hier haben wir ein Problem. Die Ausbildung dauert viel zu lange. Selbst als Ex-Nationalspieler mit X Länderspielen braucht man auf dem schnellsten Weg fünf Jahre. Das ist doch Wahnsinn. Stephan Lichtsteiner ist ein aktuelles Beispiel. Ich bin überzeugt, dass er ein super Profitrainer wird. In anderen Ländern wäre er längst an der Seitenlinie bei einem Klub.

Eine Baustelle beim FCB ist das Stadion. Wo stehen Sie bei diesem Thema?
Es ist ein Konstrukt, das nicht mehr zukunftsfähig ist und dringend gelöst werden muss. Dieses Gewurstel bringt niemandem etwas. Alle verlieren und keiner gewinnt. Wir haben intensive Diskussionen vor uns mit der Genossenschaft. Wie sich das in Zukunft entwickelt, weiss ich allerdings nicht.

Apropos Zukunft. Wie lange gibt es den FCB-Präsidenten David Degen noch?
Da habe ich mir keinerlei Gedanken gemacht. Ich bin längst nicht am Ende. Wenn ich keine Lust mehr habe, werde ich den Schlüssel abgeben für einen FCB, hinter dem ich dann zu 100 Prozent stehen kann.

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