Was passiert mit Sommer?
Die heissen Fragen nach der Goalie-Rochade

Im Nati-Tor kommts zur Wachablösung. Warum erfolgt der Wechsel jetzt? Ist Kobel bereit für die Aufgabe? Und was passiert mit Yann Sommer? Blick beantwortet die wichtigsten Fragen.
Publiziert: 15.08.2024 um 18:12 Uhr
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Aktualisiert: 16.08.2024 um 09:37 Uhr
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Murat Yakin setzt in Zukunft wie erwartet auf Gregor Kobel im Nati-Tor.
Foto: TOTO MARTI

Was Blick unmittelbar nach der EM bereits ganz zuoberst ins Pflichtenheft von Nati-Trainer Murat Yakin (49) geschrieben hat, ist nun eingetroffen: Es kommt zum Generationenwechsel im Nati-Goal. Gregor Kobel (26) löst Yann Sommer (35) als Nummer 1 zwischen den Pfosten der Nationalmannschaft ab, wie Blue am Mittwoch meldete. Der SFV mag sich an «Spekulationen und Gerüchten» zwar nicht beteiligen und die Meldung dementsprechend auch nicht bestätigen, nach Blick-Informationen ist die Nachricht aber korrekt.

Was passiert mit Sommer?

Das ist nach aktuellem Stand offen. Der Rekord-Nati-Goalie (94 Länderspiele) hat sich dem Vernehmen nach in den vergangenen Wochen mit dem Entscheid schwergetan, ob er in der Nati weitermachen will oder nicht. Es wäre für alle Beteiligten die eleganteste Lösung gewesen: Wenn Sommer irgendwann Ende Juli, Anfang August erklärt hätte, den Weg frei machen zu wollen für die nächste Generation, Gregor Kobel den Vortritt als Nummer 1 gelassen hätte und entweder ganz aus der Nati zurückzutreten oder als Nummer 2 weiterzumachen. Nun ist ihm der Entscheid abgenommen worden.

Kann Sommer als Nummer 2 weitermachen?

Derzeit spricht nichts dagegen. Sommer ist bei den Fans, den Sponsoren und in der Mannschaft beliebt, hat bei Inter und auch an der EM bewiesen, dass er noch auf hohem Level spielen kann. Die Frage ist, ob er das will. Oder ob für den zweifachen Familienvater die Zeit gekommen ist, mehr Zeit mit seiner Frau und seinen Kindern zu verbringen und sich auf seinen Klub zu konzentrieren.

Vom Alter her kann er problemlos noch bis zur WM 2026 weitermachen, denn dank seiner Erfahrung und Persönlichkeit ist er allemal ein Gewinn für die Mannschaft. Und solang er in einem Top-Klub spielt, kann Yakin ihn jederzeit auch in der Nati wieder bringen, sodass Sommer vielleicht doch noch den Einzug in den Hunderterklub schaffen könnte.

Warum passiert der Wechsel jetzt?

Weil die Uhr getickt hat – und zwar in zweierlei Hinsicht: Sommer wird nicht jünger. «Die Frage lautet nicht, wer in drei Tagen, sondern wer in zwei Jahren an der WM im Tor stehen wird», antwortete Nati-Trainer Murat Yakin im Juli im Blick-Interview auf die Goalie-Frage. Bei der Endrunde in den USA, Kanada und Mexiko ist Sommer 37 Jahre alt – das schliesst Bestleistungen nicht aus, aber dass Sommer nicht die Zukunft gehören kann, ist auch klar.

Hier kommt Kobel ins Spiel. Der Dortmund-Goalie sah sich leistungsmässig schon länger als mindestens ebenbürtig an und pochte auf die Rolle als Nummer 1. Wenn er jetzt noch länger hätte warten müssen, wäre bei ihm und seinem Umfeld der Geduldsfaden gerissen und ein Rücktritt aus der Nati ein realistisches Szenario gewesen, womit die Nati eines der grössten Goalie-Talente der Geschichte verloren hätte.

Kann Kobel den Nummer-1-Job?

Seine Leistungen und die nackten Zahlen führen zu einem deutlichen Votum: ja. Das Fachmagazin «Kicker» wählte Kobel zum vierten Mal in Folge zum besten Bundesliga-Torhüter. Daten zeigen zudem, dass Kobel sowohl in der Champions League als auch in der Bundesliga in der letzten Saison mehr Tore verhindert hat als jeder andere Keeper. Zieht man die Expected-Goals-Werte zurate, hat Kobel in der Königsklasse 5,28 Tore verhindert, in der Bundesliga sogar 5,84. Bestwert in beiden Wettbewerben.

Aus Nati-Kreisen ist ausserdem zu hören, dass Kobel während der EM in Deutschland seine Rolle als Nummer 2 klaglos und konstruktiv angenommen habe. Etwas, was beim ehrgeizigen Kobel in Vergangenheit nicht immer der Fall gewesen war. «Sehr professionell», beschrieb Yakin den Auftritt des 1,95-m-Mannes im Schweizer EM-Camp. «Er hat in jedem Training Gas gegeben.»

Bleibt Kobel verletzungsfrei?

Mal zwickte es im Rücken, mal im Oberschenkel, mal waren es die Bänder. Kleine Blessuren sorgten immer wieder dafür, dass Kobel das eine oder andere Spiel im Klub, aber vor allem auch in der Nati sausenlassen musste. In der EM-Qualifikation 2023 stand er die Hälfte der Spiele nicht zur Verfügung. Und auch in den Testspielen im März gegen Dänemark und Irland musste er passen. Kobel hatte seit der WM in Katar nur ein Länderspiel bestritten, obwohl ihm Yakin mehrmals die Chance geben wollte.

Bei Dortmund kam die eine oder andere kritische Stimme auf, als Kobel zu Beginn des Jahres mehrere Spiele verpasste. Unter anderem solls daran liegen, dass Kobel zu viel trainiere. Der für seinen Ehrgeiz bekannte Zürcher schiebe Extraschicht um Extraschicht, hiess es aus dem Umfeld des Keepers. Klar ist: Kobel muss seinen Körper in den Griff kriegen, will er in der Nati eine verlässliche Nummer 1 werden.

Was ist mit den anderen Schweizer Goalies?

Bereits an der EM in Deutschland war keine andere Nationalmannschaft auf der Goalieposition so stark und breit aufgestellt wie die Nati. Und auch wenn Yann Sommer (35) sich zurückziehen sollte, würde sie über starke Ersatzleute verfügen. Yvon Mvogo (30) hat in der Vergangenheit bewiesen, dass auf ihn Verlass ist, in seinen drei Länderspielen in diesem Jahr blieb er ohne Gegentreffer. Will er seine Position als Herausforderer von Kobel festigen, muss er, der noch bei Ligue-1-Absteiger Lorient unter Vertrag steht, allerdings bei einem Top-Verein als Stammkeeper unterkommen.

Philipp Köhn (26), an der WM 2022 als vierter Torhüter dabei, startet als Nummer 1 bei Monaco in die Saison. Kann er diese Position verteidigen, könnte er zum ersten Herausforderer Kobels werden. Jonas Omlin (30) ist Captain beim Bundesligisten Gladbach. Und mit Anthony Racioppi (25), Amir Saipi (24), Marvin Keller (22) und Pascal Loretz (21) kommen talentierte Torhüter nach.

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