«Arsène Wenger wollte mich zu Arsenal holen»
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Nati-Trainer Murat Yakin:«Arsène Wenger wollte mich zu Arsenal holen»

Drei Tage mit Yakin in Katar
«Ich lebe meinen Traum»

Drei Tage in Katar: Blick begleitet Murat Yakin (47) in Katar. Wen der Nati-Coach alles traf. Warum er sich trotz dem Serbien-Los über die WM-Gegner freut. Warum seine Hilfe bei den Hausaufgaben auch in Doha gefragt ist. Wie er Mama Emine fit für die Zukunft machte.
Publiziert: 03.04.2022 um 07:29 Uhr
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Aktualisiert: 03.04.2022 um 20:32 Uhr
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Drei Tage und Nächte in Katar mit Murat Yakin.
Foto: TOTO MARTI
Andreas Böni (Text) und Toto Marti (Fotos) aus Doha

Freitag, morgens acht Uhr in Doha. Wer durch den Frühstücksraum im Hotel Kempinski Marsa Malaz läuft, wähnt sich in einem Fussball-Museum mit lebenden Legenden. In der Ecke steht Portugals Europameister-Coach Fernando Santos und macht sich einen Toast. Weltmeister-Trainer Didier Deschamps isst ebenso hier wie Spaniens Trainer Luis Enrique. Die Ex-Real- und -Barcelona-Legende spricht dann auch mit Blick, spricht viel und freundlich, aber nicht offiziell. Er verweist darauf, erst nach der Auslosung sprechen zu wollen: «Aber dann ist es kein Problem.»

Mittendrin steht Murat Yakin am Früchtebuffet. Toast und Ei liegen auf dem Teller, er schöpft Melone und lehnt Drachenfrucht ab. «Die hat keinen Geschmack», sagt er lachend. Yakin stand vor 238 Tagen am 8. August 2021 noch in der Challenge League bei Schaffhausen gegen Winterthur (1:1) an der Linie. Nun frühstückt er mit den Welt-Trainern und hat mit ihnen Seminare. Portugal-Trainer Santos verlässt den Raum, in Händen hält er einen Rasierer und eine Dose Rasierschaum. England-Coach Gareth Southgate verpasst ihn knapp, nickt freundlich zu.

«Ich lebe meinen Traum»

Der Abend zuvor, Donnerstag. Murat Yakin sitzt in der Nähe des Pools und der künstlichen Lagune des Hotels. Er sagt: «Ich lebe meinen Traum, klar. Es ist ein Privileg, auf diesem Niveau im Fussballbusiness dabei sein zu dürfen. Ich geniesse es, bin dankbar dafür, was ich machen darf, und bin mega stolz, was wir im Herbst schon zusammen erreicht haben. Aber ich weiss auch, wie schnell es wieder runtergeht.»

Er kenne Ruhm und Niederlage. Aber die Dimension, wie er innert Kürze vom Challenge-League-Coach zu «Muri national» wurde, sie hat auch ihn erstaunt. «Irgendwie ging alles Schlag auf Schlag. Verrückt daran ist: Der Arbeitsinhalt hat sich ja nicht gross verändert. Klar, die Spieler sind ein bisschen besser als vorher. Aber sonst ist vieles gleich.»

Bis auf die neue Popularität. Jeder will ein Stück von ihm, Fotos, Diskussionen. «Ohne jammern zu wollen: Es ist mir ab und zu nicht angenehm», sagt Yakin. «Aber die Nati interessiert auch alle, was ja super schön ist. Auch die, welche sich für den Fussball nicht so interessieren. Und ich bin zu Hause behütet in Zürich. Aber ja, manchmal stört sich mein Umfeld, meine Familie daran, wie oft ich aufgehalten werde. Weil sie dann weniger Zeit haben mit mir. Aber: Man muss im Leben alles nehmen und auch geniessen. Und ganz ehrlich: Die Spieler sind wichtig, nicht ich. Ich bin nur ein Dienstleister mit meinem Team.»

88 Franken für vier Bier

Yakin sitzt in der Zwischenzeit im Restaurant Nozomi. Knapp sechs Stunden ist er geflogen zuvor, nun will er auch ein wenig entspannen. Der Tisch bestellt vier Bier, Corona, «Blick übernimmt das», sagen wir – und reden weiter.

Was hat sich für seine beiden Töchter, die jetzt 9 und 7 sind, verändert? «Sie werden natürlich in der Schule darauf angesprochen», sagt er. Und wie gehen die Lehrer mit ihm um? «Das ist dann doch eher meine Frau, die zu den Elternabenden geht …»

Yakins Handy klingelt. Es ist seine Frau und es geht um die Schule. Die Rechenaufgaben machen seiner grossen Tochter, die in die dritte Klasse geht, zu schaffen. «Ich bin eben unersetzlich», scherzt er. «Und beim Rechnen kann ich eigentlich gut helfen.» Die zugeschickten Aufgaben – man soll über Sätze auf gewisse Zahlen kommen – sind allerdings kompliziert. Niemand am Tisch kann es auf die Schnelle lösen.

«Frag doch Schwiegerpapa»

Yakin bittet seine Frau: «Frag doch bitte schnell Schwiegerpapa, ob er ihr hilft.» Er leert sein Bier, geht essen. Die Rechnung ist gesalzen: vier Bier für umgerechnet 88 Franken …

Zurück zum Freitagmorgen. Um 7.30 Uhr dreht Yakin eine Runde ums Hotel. Ob der Schwiegervater seiner Enkelin bei den Hausaufgaben helfen konnte? «Ich denke schon», sagt Yakin. Wie ist es für ihn, nun neben all diesen Star-Trainern zu sitzen? «Nichts Neues. Ich habe ja auch als Trainer des FC Basel in der Champions League gegen sie gespielt. Einmal trafen sich zudem alle Champions-League-Trainer in Nyon. Da sprach Manchester-United-Legende Alex Ferguson über den Screen oder Arsène Wenger sass in meiner Nähe. Er erinnerte sich noch daran, dass er mich zu Arsenal holen wollte.»

Woran scheiterte es? «Ich machte mit GC ein wirklich schlechtes Spiel, als er zuschauen kam. Und dann holte er Patrick Vieira.» Vieira machte danach 279 Spiele für Arsenal, wurde Captain, Welt- und Europameister mit Frankreich.

«Aber du reinigst mir die Hosen»

Wie verständigt er sich eigentlich mit diesen Trainern? «Die Fussballsprache ist einfach …», sagt er. «Auf Englisch kann ich mich gut verständigen, Französisch und Italienisch verstehe ich, aber ohne es zu sprechen. Und mein Türkisch ist ganz gut», sagt er und lacht.

Welche Trainer ihn denn beeinflusst hätten, fragen wir. «Ich habe auf allen Ebenen profitiert, taktisch, menschlich und so weiter. Ob von Jogi Löw bei Stuttgart, von Otto Rehhagel bei Kaiserslautern, ob von Christian Gross bei Basel, von Leo Beenhakker bei GC oder von Köbi Kuhn und Roy Hodgson in der Nati.»

Der Fotograf bittet ihn, sich auf einen Stein zu setzen. «Aber du reinigst mir dann die Hose», sagt dieser lachend und schaut Richtung Skyline. «Ich war vor einigen Jahren hier, als Hakan bei Al Gharafa spielte. Er war ja alleine da, in einem Sieben-Zimmer-Apartment. Ihm war langweilig, ich kann mich besser verweilen.»

Die Erholung des Kopfs, sie ist für Yakin wichtig. So gefällt es ihm mässig, dass der Tag der Auslosung so durchgetaktet ist. Am Morgen Seminar, Besuch der Schweizer Botschaft, wieder Seminar. «Ich komme gar nicht dazu, hier dieses Paddel, eine Mischung aus Squash und Tennis, zu spielen. Dabei wollte ich es mal ausprobieren», sagt er. Die Sonne blendet ihn bei den Fotos immer wieder, seine Augen tränen, er bittet um eine Sonnenbrille, um die Stadt und ihr Umfeld besser betrachten zu können.

Portugal-Coach raucht erst mal eine

Yakin steht vor einem Pferd, das mindestens zehn Meter hoch ist. Jedes Detail perfekt ausgearbeitet, in einer beeindruckenden wie übertriebenen Bauart. Katar hat sich herausgeputzt, es wird viel gebaut, immer noch. Aber vieles wird fertig sein zur WM. Die Fussballwelt residiert nobel hier: im Hotel Ritz, im Sheraton, im Kempinski, im Marriott. Überall hängen die Herrscher des Landes an Wänden.

Die Politik, sie ist nicht Yakins Thema. Er will nicht öffentlich darüber reden, das macht SFV-Präsident Dominique Blanc. Yakins Thema ist der Sport.

Und der steht am Freitagabend im Fokus: roter Teppich, eine kleine Erfrischung, Ziehen der Kugeln im Kongress-Center. Portugal-Trainer Fernando Santos sitzt nach dem roten Teppich auf einem Sofa, mit Kaffee, und raucht erst mal eine.

Dann die Auslosung. Die Nati bekommt Brasilien, Serbien und Kamerun zugelost. Fast wie an der WM 2018, nur heisst der dritte Gegner dieses Mal Kamerun statt Costa Rica. Yakin nimmts cool, spricht mit Lothar Matthäus, der uns Brasilien zugelost hat. Und temperiert von Anfang an die Stimmung rund um das Serbien-Spiel herunter. «Das ist Fussball, keine Politik.» Den Doppeladler wird er mit Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri aufbereiten. «Sie werden die richtigen Schlüsse ziehen.» Yakin sagt: «Ich freue mich über die Gegner.» Am 24. November gehts los, erst gegen Kamerun, dann gegen Brasilien und am Ende das heisse Duell gegen Serbien.

Die Frauen und die Kinder sollen oft zu Besuch kommen

Gegen 22 Uhr ist Yakin zurück im Hotel. Am Samstagmorgen hat er ein wenig Luft. Medientermine, dann am Nachmittag gehts weiter, Hotel und Trainingscamp besichtigen. Erst das Stadion für die Trainings, dann das Hotel Royal Meridien. Im Unterschied zu anderen Weltmeisterschaften ist alles klein in Katar. Reisestrapazen wie bei den letzten drei Weltmeisterschaften in Südafrika, Brasilien oder Russland wird es nicht geben.

Und Yakin denkt bereits darüber nach, wie er die Familien der Spieler integrieren kann. Er sagt: «Wir haben auch viel mit den Spielern geredet. Ihre Erfahrung ist, dass sie sich mit den Familien wohlfühlen und dass sie eine freiere Umgebung als bei anderen Turnieren brauchen.» Sprich: «Zugang zum Meer. Die Frauen mit den vielen Kleinkindern, die wir haben, in der Nähe.»

Yakins Leine, sie ist länger als jene seiner Vorgänger. Wie entspannt er sich während des Turniers? «Am Strand liegen, mich massieren lassen, wellnessen. Und es gibt auch einen Golfplatz hier.»

Mama Emine neu mit iPhone

Und über Video-Anrufe sei er immer in Kontakt mit seiner Frau Anja und den Kindern. Und: sogar mit Mama Emine (88). Yakin: «Wir haben sie in der Pandemie-Zeit modernisiert, weil sie ja viel alleine war. Ich fand ein altes iPhone und brachte ihr alles bei. Es hat Nerven gekostet, aber es hat sich gelohnt. Sie ist nun in der Chat-Gruppe, ruft bei den Kindern und Enkeln mit Video-Anruf an, macht mit 88 Fotos. Unglaublich.»

Und kann welche empfangen. Zum Beispiel ihren Sohn in Sieger-Pose – das würde im November bei der WM die ganze Schweiz freuen.

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Kroatien
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Schottland
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Georgien
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England
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Griechenland
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Malta
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