Ein Schweizer ist Ligacup-Sieger in Japan. Aber der Triumph von Ex-Natispieler Nassim Ben Khalifa (30) mit Hiroshima unter dem deutschen Trainer Michael Skibbe (57) hängt bis zum Schluss am seidenen Faden.
Vor 40'000 Fans im Nationalstadion von Tokio bricht die 90. Minute an. Finalgegner Osaka führt 1:0. Und Hiroshima scheint wieder mal seinem alten Fluch zu erliegen. Ben Khalifa: «Der Verein hatte bisher alle seine sechs Cupfinals verloren. Und nun waren wir in der Nachspielzeit wieder kurz vor der Niederlage!»
Den letzten Final, im normalen Cup, hatte Hiroshima erst eine Woche zuvor wegen eines verschossenen Penaltys in der 120. Minute verloren. Doch diesmal dreht Hiroshima in der irren, 11-minütigen Nachspielzeit die Partie. «Es gab einige lange VAR-Unterbrüche», erklärt Ben Khalifa die Zusatzzeit, die sein Team letztlich rettet. Der Zypriote Pieros Sotiriou (29) schiesst mit Toren in der 96. und in der 101. Minute Hiroshima ins Glück.
Mit Ex-FCZ-Star Kololli ins Nachtleben
«Die Mannschaft hat danach in einem Hotelsaal mit Familienmitgliedern und Kollegen lange gefeiert. Leider konnten wir wegen des Corona-Protokolls nicht richtig mit den Fans feiern», sagt Ben Khalifa. Rund 20'000 Anhänger hatten Hiroshima nach Tokio begleitet.
Die meisten Spieler bleiben über Nacht in der Hauptstadt. Auch Ben Khalifa. Er lebt als Single in Japan, hat aber mit seinem früheren Lausanne-Teamkollegen Benjamin Kololli (30) einen guten Kumpel gefunden. Mit dem Ex-FCZ-Star und einem angereisten Schweizer Kollegen gehts nach dem Cupsieg noch ins Nachtleben von Tokio.
Kololli spielt bei Shimizu S-Pulse aus der Stadt Shizuoka in der Nähe von Tokio. «Seine Tochter kam in Japan auf die Welt. Wir sehen uns regelmässig», schildert Ben Khalifa, der mit dem Super-Schnellzug Shinkansen aus Hiroshima rasch in der Grossregion Tokio ist. Der Romand möchte seinen Ende Jahr auslaufenden Vertrag gerne verlängern. Ben Khalifa hat sich richtiggehend in Japan verliebt. «Es ist eine andere Welt. Das Land ist genial. Der respektvolle Umgang der Menschen, die Natur, das Essen. Ich geniesse es enorm.»
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Und die Sprache? «Ein paar Wörter verstehe ich mittlerweile. Im Training haben Skibbe und ich einen Deutsch-Dolmetscher», sagt Ben Khalifa.
Was der U17-Weltmeister von 2009 nach seiner wechselhaften Karriere – elf Stationen in Europa, Arbeitslosigkeit, Gastspiel in Tunesien – besonders schätzt: Er konnte nach seiner Ankunft Ende April in Fernost ein neues Leben beginnen: «Hier interessiert keinen meine Vergangenheit. Die Klischees aus Europa sind weit weg, alle Leute kommen positiv auf mich zu.»
Die Hiroshima-Fans schwenken mittlerweile Schweizer Fahnen, überreichen ihrem helvetischen Helden herzige Geschenke wie selber gemachten Kuchen. So funktioniert Sport-Begeisterung in Japan!