Fast sieben Jahre ist es her, seit Kevin Lidin (25) seinen schwedischen Heimatverein Lunds BK in Richtung Italien verliess. Bei der AC Pisa konnte sich Lidin zwar nicht auf Anhieb durchsetzen und wurde verliehen, gewann in der Stadt des schiefen Turms 2019 aber die Playoffs zum Aufstieg in die Serie B. Später wird Lidin noch mal verliehen, muss im Jahr 2021 letztlich verletzungsbedingt seine Karriere beenden. Dann folgt das Umdenken: Der junge Schwede kommt weg vom protzigen Fussballer-Lebensstil, startet Meditationsreisen nach Thailand und wird Yogalehrer im Touri-Hotspot Ko Pha-ngan.
Lidin verzichtet fortan zudem auf Alkohol, gibt seinen Followern auf Instagram Tipps für ein besseres Leben – ungesunde Lebensmittel und Social Media sollen weg. Er selbst ist auf letztgenanntem noch immer aktiv – und postete im Jahr 2023 erstmals ein Foto von sich als Mönch. Seither postet er immer wieder Motivationssprüche und -videos, aus aller Welt – so auch aus Chiangmai, wo er mittlerweile (zumindest zeitweise) als Mönch im Kloster ist. «Ich begann mich zu fragen, was Glück ist und was der Sinn des Lebens ist. Die meisten Menschen stellen sich diese Frage nie. Diejenigen, die sie sich stellen, glauben oft, dass es sie glücklich macht, finanziell frei oder berühmt zu sein.»
Lidins Geschichte mag zwar speziell sein, er ist aber noch lange nicht der erste Sportler, der sich nach dem Ausstieg aus dem Profisport komplett von diesem abwendete. Eine nicht abschliessende Auflistung.
André Schürrle
Mit seiner Vorlage im WM-Final 2014 verewigte sich André Schürrle (33) in den Geschichtsbüchern der deutschen Fussballgeschichte. Mittlerweile hat sich der zweifache deutsche Pokalsieger aus dem Fussball verabschiedet und einem komplett neuen Berufsfeld zugerichtet. Wobei das Berufsfeld doch eher lose definiert ist. Seit einiger Zeit postet er Motivationsvideos, zeigt sich bei Marathon, Eisbaden oder Oben-ohne-Wanderungen auf Berge. In wenigen Wochen will er laut Instagram-Ankündigung innert 36 Stunden auf den Mount Everest und wieder runter. Mit seinen Videos unterhält er derzeit 5,2 Millionen Follower auf Instagram – vom Fussball will er schon lange nichts mehr wissen.
Mary Pierce
Nach einem Kreuzbandriss endete die Karriere der französischen Tennisspielerin im Jahr 2006 abrupt, sie wandte sich vom Tennis ab. Mary Pierce (49) missionierte quer durch Afrika, fand so ihr Glück. «Hätte ich Gott nicht kennengelernt, wäre ich drogenabhängig oder Alkoholikerin geworden», verriet sie Blick im Jahr 2017. Nach letztem Stand wohnte sie auf Mauritius und arbeitete dort als Missionarin für eine mauritische Kirche. Mittlerweile hat sie auch mit dem Tennis ihren Frieden gemacht: Zunächst arbeitete sie noch als Trainerin, später gab sie diesen Job wegen Rückenproblemen auf und wurde zur TV-Kommentatorin. Heute ist sie zudem Vertreterin des Frauentennis im Direktorenboard des internationalen Tennisverbands ITF.
Fabio Coentrão
Zwei Champions-League-Titel, zwei spanische Meisterschaften und ein spanischer Pokal umfasst das Palmarès des Portugiesen. Gross etwas damit am Hut hat er aber heute nicht mehr: Fabio Coentrão (36) ist heute Fischer. Bereits während seiner Zeit bei Real Madrid kaufte er sich ein erstes Fischerboot, mit dem er heute zur See fährt. Ganz so abwegig ist der Jobwechsel aber nicht, denn die Fischerei ist tief verankert in der Familie des 52-fachen portugiesischen Internationalen. «Mein Vater hatte ein Boot, er war Fischer, und ich bin als Kind immer mit ihm mitgefahren. Mein Leben war das Meer: das Meer und die Fischerei», sagte er 2022.
Stefan Mees
Der Deutsche dürfte nur den wenigsten bekannt sein, machte in den 90er-Jahren aber einige Schlagzeilen. Beim Karlsruher SC, damals noch Bundesligist, war der Stürmer lange nur Reservist. In der Saison 1991/1992 schlug aber Mees’ grosse Stunde: Aufgrund einer Verletzungsmisere bei den Karlsruher kam Meer zum Einsatz, trumpfte gross auf – und bekam gar ein Angebot von Uli Hoeness zum FC Bayern München zu wechseln. Stefan Mees (54) widerstand nicht nur dem Lockruf aus München, sondern beendete auch gleich seine Karriere und ging in ein Kloster. Nach der sechsmonatigen Auszeit im Kloster überlegte er sich eine Rückkehr ins Profigeschäft, entschied sich letztlich aber dagegen. Heute organisiert er Gottesdienste für junge Familien und betreibt eine Finanzberatungsfirma.
Sebastian Piotrowski
Ein Studium und die Karriere als Profifussballer verbinden? Auch wenn es einige Fussballer, wie etwa Nati-Spieler Vincent Sierro (28), bereits geschafft haben, keine ganz so einfache Sache. Dachte sich auch Sebastian Piotrowski (33). Trotz ersten Einsätzen für Elversberg in der dritthöchsten deutschen Liga entschied sich der Deutsch-Pole im Sommer 2014, voll auf seine Ausbildung zu setzen. Er zog in ein Kloster in Bayern, um sich zum Priester ausbilden zu lassen. «Ich hatte die Wahl, noch mehr Zeit zu verlieren durch den Fussball – oder mich auf den Plan Gottes einzulassen. Ich denke, es ist der Plan mit mir, für Gott zu arbeiten», sagte er damals zu «Bild». Ganz ohne Fussball leben konnte er dann doch nicht: 2017 wechselte er in die Deutsche Oberliga zum SV Saar, bis es ihn zu weiteren Klubs zog. Zurzeit spielt er in der deutschen Landesliga (sechsthöchste Spielklasse). Nicht überliefert ist, ob er derzeit den Spagat macht zwischen Kirche und Stadion.