Stollen klackern auf dem Boden, Spieler klatschen sich ab, Schweiss mischt sich mit der Luft im Bauch des Stadions von Leipzig. Yann Sommer trägt noch immer sein Trikot mit dem Emblem des FC Bayern München, hat sich eine Trainingsjacke übergezogen.
Es ist der Abschluss einer komplett verrückten Woche. Erst zieht sich der Poker zwischen Gladbach und Bayern über eine gefühlte Ewigkeit. Dann sieht es am Montag nach einem Scheitern des Deals aus. Am Mittwoch einigen sich die Klubs dann auf acht Millionen Franken Ablöse, zu der noch 1,5 Millionen an Boni dazukommen können. Eine stattliche Summe für einen 34-Jährigen, dessen Vertrag im Sommer ausgelaufen wäre.
Mittwochabend fliegt Sommer von Düsseldorf nach München. Am Donnerstag weiter nach Leipzig. Am Freitag steht er beim 1:1 gegen RB Leipzig im Tor der Bayern. Der Nati-Goalie nimmt sich nach seinem Debüt für die Bayern Zeit für das Blick-Interview.
Yann Sommer, wie haben Sie persönlich diese verrückten Tage erlebt?
Yann Sommer: Es war wild die letzten Wochen. Aber so ist das Fussball-Business.
Am Montag hiess es zeitweise, der Deal sei gescheitert. Sind Sie nervös geworden?
Wir hatten sehr offene Gespräche mit Gladbach, das habe ich sehr geschätzt. Nach achteinhalb Jahren ist das wichtig. Ich habe mich aus dem Ganzen dann irgendwann zurückgezogen. Es war viel, es wurde viel geschrieben. Ich bin dann ruhig geblieben, habe es mit der Familie gut angeschaut.
Wann hatten Sie den ersten Kontakt mit Bayern?
Ich kann es nicht mal mehr genau sagen. Es ist ein paar Wochen her.
Wie empfanden Sie das Spiel?
Es war eine sehr intensive Partie. Man spürte, dass beide Mannschaften zwei Monate kein Spiel hatten, es dauerte, um reinzukommen. Und die Mannschaft kennt mich noch nicht so gut, ich kenne die Mannschaft noch nicht optimal im Spielaufbau. Man merkte das bei gewissen Laufwegen. Aber das ist völlig normal, das erarbeiten wir uns in den nächsten Tagen.
Waren Sie nervöser als sonst?
Ich hatte grosse Vorfreude. Ich hatte gar nicht so viel Zeit, um nachzudenken...
Auch bei den Teamkollegen ist das Debüt von Yann Sommer nach dem Spiel Thema. Thomas Müller sagt: «Viel zu tun hat er nicht gehabt. Ein, zwei Mal am Ball hat man schon gemerkt, dass es sein erstes Spiel für Bayern war. Aber das ist auch legitim, er wird da gut reinwachsen.» Der Empfang sei «kurz und bündig» gewesen, «aber er ist auch ein bekanntes Gesicht in der Liga. Dementsprechend kennen wir ihn ja persönlich vom Gegeneinanderspielen. Wir haben ja schon öfter mit ihm Bekanntschaft machen dürfen auf unangenehme Art und Weise...»
Waren Sie erleichtert, als es dann endlich durch war?
Ich habe mich einfach gefreut. Es ging alles sehr schnell am Mittwoch, meine Frau flog mit mir nach München, unsere Kinder liessen wir bei den Schwiegereltern. Danach hatte ich lange medizinische Tests, absolvierte kurzes Abschluss-Training, habe den Vertrag unterschrieben und spielte in Leipzig. Ein Kaltstart.
Hat die Familie von Anfang gesagt: München ist gut, machen wir das?
Ich habe das Glück, dass ich eine Frau habe, die sehr offen ist für Neues. Aber klar, wir machten uns schon Gedanken. Ich hatte in Gladbach eine tolle Situation. Aber der Wechsel zu den Bayern ist nun eine neue Herausforderung in meiner Karriere, eine neue Challenge. Ich bin froh, dass ich diese Herausforderung annehmen kann.
Verstehen es Ihre Mädchen schon? Die Kleine mit eineinhalb noch nicht, die Grosse mit drei eher, oder?
Ich denke, auch die Grosse realisierts noch nicht richtig. Aber sie werden es merken, wenn sie ein neues Zuhause haben. Wir werden uns jetzt etwas Schönes suchen.
Man spürt in Leipzig: Dieses Thema mit Manuel Neuer (36), der nun ab Sommer von unserem Nati-Goalie gefordert werden könnte, elektrisiert die deutschen Journalisten. Gerade auch, weil Sommer bis 2025 unterschrieben hat, während Neuers Vertrag nur bis 2024 läuft.
Die Bayern bemühen sich, das Thema runterzuspielen, indem man den deutschen Weltmeister stärkt. Die Bosse um Julian Nagelsmann und Hasan Salihamidzic betonen, dass Manuel Neuer der Kapitän, die Nummer 1 sei. Aber man müsse ihm Zeit geben, die Verletzung auszukurieren. Alles andere werde man im Sommer sehen und dann managen, so Salihamidzic.
Aber eben: Niemand kann heute sagen, wann und wie Neuer nach seinem Schien- und Wadenbeinbruch zurückkommt. So loben Salihamidzic («Wir sind froh, dass er da ist. Er ist ein richtig guter Typ.») und Nagelsmann («Yann hat ein sehr gutes Spiel gemacht. Ich bin sehr, sehr zufrieden.») auch ihren neuen Torwart.
Yann Sommer, wie lange haben Sie über die Situation mit Manuel Neuer nachgedacht? Ob Sie dann ab Sommer die Nummer 2 sein könnten?
Ich mache mir im Moment keine Gedanken, was sein könnte im Sommer. Ich freue mich nun riesig auf die nächsten Aufgaben. Ich freue mich riesig, das Team jetzt mal richtig kennenzulernen in den nächsten Tagen. Step by Step.
Sommer hat dabei eine nicht ganz unproblematische WM in Katar hinter sich. Erst verletzt er sich ein paar Wochen zuvor am Fuss, kommt erst zum Turnier zurück. Und man wird den Eindruck nicht ganz los, dass er nicht zu hundert Prozent fit war. Zumal er auch im Achtelfinal beim 1:6 gegen Portugal nicht seinen besten Tag erwischte.
Wie lange haben Sie gebraucht, um die WM zu verdauen?
Natürlich ein paar Tage. Ich bin schnell mit der Familie ein wenig weggegangen, nach Dubai. Also nicht weit von Katar. Um abzuschalten. Wir haben es zu viert sehr genossen mit unseren beiden Mädchen.
Wie fit waren Sie an der WM wirklich? Wie sehr hat Sie der Fuss behindert?
Der Fuss gar nicht. Was mich zurückgeworfen hat, war die Grippe, wegen der ich auch gegen Serbien im dritten Spiel fehlte. Die kam zu einem komischen und schwierigen Zeitpunkt. Das hat mich sehr heruntergezogen.
War es wegen der Klimaanlagen oder ein Virus?
Ich glaube ein Virus.
Aber nicht Corona?
Nein. Aber ich habe auch abgenommen dadurch. Am Spieltag gegen Portugal fühlte ich mich dann wieder gut. Darum habe ich auch gespielt, sonst hätte ich es sein gelassen. Aber klar, optimal war es nicht.
Das 1:6 gegen Portugal war schon schade, weil es den Menschen so im Kopf bleibt.
Natürlich. Aber wir wissen doch alle, Sie und ich: Wenn wir Portugal schlagen wollen, brauchen wir einen absoluten Top-Tag. Den hatten wir nicht. Wir hatten einige kranke Spieler in den Tagen davor.
Widersprüchliche Aussagen gab es, ob ihr die Aufstellung mit der Dreierkette im Mannschaftsrat besprochen habt oder nicht. Wie wars?
Ich kanns Dir nicht mal mehr genau sagen, wie es im Detail ablief. Ich habe meistens, wenns um System geht, nicht viel damit zu tun. Ich beschäftige mich mehr mit Goalie-Geschichten.
Yann Sommer wird am 17. Dezember 1988 in Morges VD am Genfersee geboren. Als er zweieinhalb Jahre alt ist, zieht seine Familie in den Kanton Zürich, wohnt erst in Feldmeilen, dann in Küsnacht. Als Junior spielt er beim FC Herrliberg – weils für Mama Monika nah ist, um ihn ins Training zu fahren. Als die Familie nach Basel zieht, wechselt er erst zu Concordia und dann zum FCB. Als Profi spielt er für Vaduz, GC und Basel, wo er von 2011 bis 2014 vier Mal in Folge Meister wird. Danach wechselt er zu Borussia Mönchengladbach, wo er bis im Winter 2023 spielt, ehe ihn der FC Bayern München verpflichtet. Die Münchner Zeit verläuft stürmisch, mit dem Gewinn der Meisterschaft aber erfolgreich. Im August wechselte er zu Inter Mailand. Seit 2012 ist er in der Nati, nach dem Rücktritt von Diego Benaglio nach der WM 2014 wurde er Stamm-Goalie. Sommer war 2016, 2018 und 2021 Schweizer Fussballer des Jahres. Seit 2017 ist er mit der Kölner Rechtsanwältin Alina liiert, das Paar heiratete 2019 und hat zusammen zwei Töchter.
Yann Sommer wird am 17. Dezember 1988 in Morges VD am Genfersee geboren. Als er zweieinhalb Jahre alt ist, zieht seine Familie in den Kanton Zürich, wohnt erst in Feldmeilen, dann in Küsnacht. Als Junior spielt er beim FC Herrliberg – weils für Mama Monika nah ist, um ihn ins Training zu fahren. Als die Familie nach Basel zieht, wechselt er erst zu Concordia und dann zum FCB. Als Profi spielt er für Vaduz, GC und Basel, wo er von 2011 bis 2014 vier Mal in Folge Meister wird. Danach wechselt er zu Borussia Mönchengladbach, wo er bis im Winter 2023 spielt, ehe ihn der FC Bayern München verpflichtet. Die Münchner Zeit verläuft stürmisch, mit dem Gewinn der Meisterschaft aber erfolgreich. Im August wechselte er zu Inter Mailand. Seit 2012 ist er in der Nati, nach dem Rücktritt von Diego Benaglio nach der WM 2014 wurde er Stamm-Goalie. Sommer war 2016, 2018 und 2021 Schweizer Fussballer des Jahres. Seit 2017 ist er mit der Kölner Rechtsanwältin Alina liiert, das Paar heiratete 2019 und hat zusammen zwei Töchter.
Die WM ist Vergangenheit, Bayern die Zukunft. Sommer läuft einem alten Freund in die Arme. Es ist Max Eberl, der ihn 2014 zu Gladbach holte und nun der starke Mann bei RB Leipzig ist. Die beiden umarmen sich kräftig, bevor Sommer Richtung Kabine verschwindet. Er sagt zum Abschluss: «Ich bin jetzt schon froh, dass der Samstag nach dem Spiel ein ruhiger Tag wird...»
Sein Bayern-Wahnsinn geht schon am Dienstag mit seinem ersten Heimspiel weiter: Köln kommt in die Allianz Arena.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Bayern München | 10 | 26 | 26 | |
2 | RB Leipzig | 10 | 10 | 21 | |
3 | Eintracht Frankfurt | 10 | 10 | 20 | |
4 | Bayer Leverkusen | 10 | 5 | 17 | |
5 | SC Freiburg | 10 | 2 | 17 | |
6 | Union Berlin | 10 | 1 | 16 | |
7 | Borussia Dortmund | 10 | 0 | 16 | |
8 | Werder Bremen | 10 | -4 | 15 | |
9 | Borussia Mönchengladbach | 10 | 1 | 14 | |
10 | FSV Mainz | 10 | 1 | 13 | |
11 | VfB Stuttgart | 10 | 0 | 13 | |
12 | VfL Wolfsburg | 10 | 1 | 12 | |
13 | FC Augsburg | 10 | -7 | 12 | |
14 | 1. FC Heidenheim 1846 | 10 | -2 | 10 | |
15 | TSG Hoffenheim | 10 | -6 | 9 | |
16 | FC St. Pauli | 10 | -5 | 8 | |
17 | Holstein Kiel | 10 | -13 | 5 | |
18 | VfL Bochum | 10 | -20 | 2 |