Auf dem Platz ist Esther Staubli (43) bis anhin nicht wirklich aufgefallen. Damit hat sie ihre Aufgabe als Schiedsrichterin nach Lehrbuch erfüllt. Im turbulenten und leidenschaftlich geführten Gruppenspiel zwischen Gastgeber Australien und Nigeria vor 50'000 Zuschauern (2:3) verlor sie nie die Übersicht, blieb ruhig und wirkte souverän.
Historisches erlebte sie bei der Nullnummer im Gruppenspiel zwischen Jamaika und Brasilien, welche das Aus der Samba-Kickerinnen bedeutete. Auch da bekam Staubli gute Kritiken und war zugleich Zeugin des letzten Auftritts von Brasiliens Spieler-Ikone Marta (37), die nach 80 Minuten das Feld und damit die grosse Fussball-Bühne unter den Augen der Bernerin verliess.
Als Belohnung für die guten Auftritte übertrug der Weltfussballverband Staubli die Leitung für den WM-Viertelfinal zwischen Japan und Schweden (Freitag, 9.30 Uhr, im Blick-Liveticker).
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Frappart ist der Schiri-Star
Überzeugen Staubli und ihre Assistentin Susanne Küng (35, Muri) weiter, schaffen es die beiden womöglich in den engeren Kreis derer, welche sogar für den WM-Final in Frage kommen. Es wäre Staublis grösster Erfolg in ihrer Schiedsrichterinnenkarriere. So weit ist sie bei einer WM noch nie gekommen. Vor acht Jahren pfiff die Bernerin einen WM-Achtelfinal.
Vor der WM gab es eine klare Favoritin für den WM-Final: Stéphanie Frappart (39). Die Französin ist quasi der Pierluigi Collina der Frauen-Schiris. Sie wurde zwischen 2019 und 2022 viermal zur Welt-Schiedsrichterin gewählt. Seit 2019 leitet sie Männerspiele der ersten französischen Liga. Zudem pfiff sie bei der Männer-WM in Katar zwischen Deutschland und Costa Rica als erste Frau in der Geschichte ein Endrundenspiel. Keine andere Schiedsrichterin weist derartige Erfahrungen auf. Bei der diesjährigen WM wurde Frappart bereits dreimal als Unparteiische eingesetzt.
Frankreich als Hoffnungsträger
Dass es für Staubli trotzdem einen WM-Weg an Frappart vorbei gibt, ist der französischen Nationalmannschaft zu verdanken. Diese spielt am Samstag im Viertelfinal gegen Australien. Bezwingt Frankreich den WM-Gastgeber und im Halbfinal auch England oder Kolumbien, steht ein Einsatz von Stéphanie Frappart im Final nicht mehr zur Diskussion. Weil die Unparteiischen selbstverständlich keine Spiele des eigenen Landes leiten dürfen.
Staubli steht in dieser Hinsicht kein Hindernis im Weg, da die Schweizer Nati die Achtelfinals nicht überstanden hat. Aber egal, wie es am Ende herauskommt. Für die Bernerin ist diese WM ein weiterer Meilenstein in der Karriere und ein toller Erfolg. Zudem hängt ihre Motivation und Erfüllung nicht vom Final ab. «Es muss nicht immer die schwierigste Partie mit den meisten Zuschauern im grössten Stadion sein», sagte sie gegenüber Blick vor der WM, «am schönsten sind gemeinsame Erlebnisse mit meinen Assistentinnen und Momente, die mein Herz füllen.»