«Wir können nicht zaubern und Hokuspokus»
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Grings & Co. ziehen WM-Bilanz:«Wir können nicht zaubern und Hokuspokus»

Das Protokoll zum WM-Abenteuer
Schweiss, Tränen, Jubel und Ernüchterung

55 Tage dauert das WM-Abenteuer. Von der Ausbootung Xhemailis über die Abreise ans andere Ende der Welt, dem ersten Sieg in der Ära Grings und der Abfuhr gegen Spanien ist alles dabei.
Publiziert: 07.08.2023 um 00:14 Uhr
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Aktualisiert: 07.08.2023 um 09:32 Uhr
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Die WM-Kampagne startet mit einem Schock. Iman Beney verletzt sich am Kreuzband und muss auf eine Reise nach Neuseeland verzichten.
Foto: Pius Koller
17

Mai

Einen Monat vor Beginn der Vorbereitung ereilt die Nati eine Hiobsbotschaft. Lia Wälti (30) wird in der Meisterschaft umgemäht und erleidet eine Knöchelverletzung. Für den Nati-Captain beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.

13

Juni

Die Nati rückt in Magglingen ein, mit Ausnahme von Ramona Bachmann (32) fehlen viele Söldnerinnen aus dem Ausland, so auch Alisha Lehmann (24), die in den Ferien weilt. Dafür dürfen Talente wie Iman Beney (17) Nati-Luft schnuppern.

20

Juni

Nun sind alle an Bord. Inka Grings (44) zieht die Schraube an. Die Deutsche lässt mehr und härter trainieren als Vorgänger Nils Nielsen. Eine Folge der EM 2022, als der Nati jeweils die Luft ausging.

27

Juni

Eine Feuerwehr-Uniform anstatt Shirt, Hosen und Stulpen. Die Nati absolviert eine Feuerwehrübung als Teambildungsevent. Die WM soll allerdings nicht zu einer Feuerwehrübung werden. «Im Gegenteil: Wir wollen ein Feuer entfachen», sagt Grings.

30

Juni

Die Nati spielt im Test gegen Sambia 3:3. Nach einer miserablen ersten Halbzeit verhindert sie nach der Pause eine Blamage. Beney feiert ein gelungenes Nati-Debüt und fügt sich gleich mit einem Assist ein. Als Grund für die schwache Leistung werden unter anderem auch die vielen Medien- und Sponsorentermine moniert.

WM-Test: Ramona Bachmann und die Schweiz spielen gegen Sambia 3:3.
Foto: Benjamin Soland
3

Juli

Grings sorgt bei der Präsentation des WM-Kaders für einen Hammer. Riola Xhemaili (20), neu beim VfL Wolfsburg, muss zu Hause bleiben. Auch nicht im Aufgebot ist Amira Arfaoui (23).

4

Juli

Drama im Schweizer Camp. Iman Beney (17), der Shootingstar der Vorbereitung, zieht sich im Training einen Kreuzbandriss zu. Der WM-Traum platzt. Arfaoui erbt den Platz.

5

Juli

Die WM-Hauptprobe gegen Marokko bringt vor den Augen von Manuel Akanji auf der Winterthurer Schützenwiese ein müdes 0:0. Offensiv bringt die Nati kaum etwas zustande. Auf der Bank sitzt Iman Beney – mit Krücken.

7

Juli

Die nächste Hitzewelle erfasst die Schweiz. Die Nati-Stars geniessen vor der Abreise nach Neuseeland die letzten freien Tage bei ihren Liebsten in Paris, am Vierwaldstättersee oder in der Ostschweiz.

9

Juli

Die Nati bricht auf zum WM-Abenteuer. Im Gepäck sind Mützen, Schals und Handschuhe, auf der neuseeländischen Südinsel ist Winter. Am Tag zuvor fliegt der Rest des Staffs nach Dunedin. Der Staff ist erstmals praktisch gleich gross wie das Team.

12

Juli

Die Nati wird nach ihrer Ankunft in Dunedin mit einem traditionellen Haka-Tanz begrüsst. Der Tahuna Park im verschlafenen Städtchen an der Ostküste der Südinsel wird zur temporären Heimat der Nati.

Neuseeländer begrüssen Nati-Stars mit Haka-Tanz
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Einschüchternder Empfang:Neuseeländer begrüssen Nati-Stars mit Haka-Tanz
15

Juli

Die Umgebung von Dunedin ist ein Naturparadies. Die Nati-Spielerinnen nützen ihre Freizeit für ein wenig Sightseeing. Besonders angetan sind sie von den Seelöwen und Robben, die an den Stränden der Otago Penninsula in freier Wildnis leben.

18

Juli

Noch immer absolviert Viola Calligaris (27) Einzeltrainings. Die Verteidigerin schlägt sich seit dem Testspiel gegen Sambia mit muskulären Problemen herum. Im Startspiel gegen die Philippinen droht sie auszufallen.

20

Juli

Die WM beginnt mit einem Paukenschlag. Gastgeber Neuseeland schlägt im Eröffnungsspiel in Auckland das favorisierte Norwegen. Die Nati verfolgt das Spiel nach dem Abschlusstraining gemeinsam im Hotel in Dunedin.

21

Juli

Endlich geht es auch für die Nati los. Im überdachten Stadion von Dunedin wird sie gegen die Philippinen mit Captain Wälti in der Startelf ihrer Favoritenrolle gerecht. Nach nervösem Start holt Coumba Sow (28) kurz vor der Pause nach VAR-Intervention einen Penalty heraus, Bachmann verwandelt souverän. Nach der Pause krönt Seraina Piubel ihr WM-Debüt mit dem 2:0 und vergisst in den Emotionen den geplanten Torjubel.

Seraina Piubel (Nr. 17) schiesst für die Schweiz gegen die Philippinen das 2:0.
Foto: (James Whitehead/freshfocus)
22

Juli

Grings erscheint müde, aber erleichtert am Tag nach dem Spiel zur Analyse. Ihr erster Sieg als Nati-Trainerin ist unter Dach und Fach.

24

Juli

Die Nati bricht auf nach Hamilton. Der Charter hat Verspätung, weil aufgrund von Nebels der Flughafen in der Kleinstadt südlich von Auckland am Morgen geschlossen ist. Calligaris ist wieder fit, dafür fällt Luana Bühler (27) aus. Auch die Abwehrchefin leidet unter muskulären Problemen.

25

Juli

Im Regen von Hamilton wird Gaëlle Thalmann zur Schweizer Heldin. Die Keeperin hält mit drei Glanzparaden den Punkt beim 0:0 gegen Norwegen fest. Kuriose Szene Sekunden vor Anpfiff: Norwegens Superstar Ada Hegerberg verschwindet in der Kabine und fällt aus.

Hält gegen Norwegen die Null fest: Torhüterin Gaëlle Thalmann.
Foto: keystone-sda.ch
26

Juli

Als Tabellenführer geht es für die Nati zurück nach Dunedin. Das wenige hundert Meter vom Hotel entfernte Terminal in Hamilton dürfen die Spielerinnen nicht per Fussmarsch erreichen. Die Fifa verbietet es. Die Busfahrt dauert 72 Sekunden.

29

Juli

Das Finale gegen den Gastgeber steht vor der Tür. Die Nati braucht einen Punkt, um weiterzukommen. Grings meldet: alle an Bord. Bühler wird aber fehlen. Ana-Maria Crnogorcevic (32) steht vor ihrem 150. Länderspiel.

30

Juli

Die Nati erkämpft und erzittert sich im ausverkauften Stadion von Dunedin mit einer weiteren Nullnummer den Gruppensieg und bleibt in der Vorrunde ohne Gegentor. Zu reden geben Grings’ Auswechslungen: In der Schlussphase nimmt sie Reuteler, Bachmann und Crnogorcevic vom Platz.

«Eigentlich sträflich, Crnogorcevic so lange spielen zu lassen»
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Grings über Wechsel-Kritik:«Sträflich, Crnogorcevic so lange spielen zu lassen»
31

Juli

Das Mindestziel ist erreicht, die Achtelfinal-Quali geschafft. Die Prämien pro Spielerin steigen auf 60’000 Dollar, was für viele fast ein Jahreslohn ist. Der Gegner im Achtelfinal ist nicht Japan, wie viele erwartet haben, sondern Spanien. «La Roja» geht mit 0:4 im Duell mit Japan unter.

1

August

Am Nationalfeiertag geniessen die Nati-Cracks einen freien Tag. Die Mehrheit des Teams schaut sich im Kino «Barbie» an. Der Dresscode ist pink. Am Abend werden von Koch Emil Bolli symbolisch Brotstücke mit Fonduekäse serviert.

Lehmann: «Ich will wie sie sein»
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Nati-Stars machen auf Barbie:Lehmann: «Ich will wie sie sein»
2

August

Die WM hat ihre erste grosse Überraschung. Brasilien scheidet nach dem 0:0 gegen Jamaika aus. Geleitet wird die Partie von Esther Staubli. Mit Marta verlässt die grösste Fussballerin aller Zeiten nach sechs WM-Teilnahmen die Bühne. An der Pressekonferenz fliessen bei Brasiliens Nummer 10 viele Tränen.

4

August

Die Nati bricht nach einer kleinen Abschiedszeremonie am Vorabend ihre Zelte in Dunedin ab und disloziert nach Auckland. Derweil ereignet sich in Brisbane die nächste faustdicke Überraschung. Das von Ex-Nati-Trainerin Martina Voss-Tecklenburg trainierte Deutschland muss nach dem 1:1 gegen Südkorea nach der Vorrunde die Koffer packen. Der DFB ist nicht zu beneiden.

5

August

Anstatt mit dem ersten WM-Viertelfinal seit 1954 Geschichte zu schreiben, wird die Nati im mit mehr als 43’000 Fans fassenden Eden Park von Spanien nach allen Regeln der Kunst zerlegt. 1:5 lautet das Resultat am Schluss, womit die Nati noch gut bedient ist. «Wir sind auseinandergefallen wie ein Weggli», sagt Nadine Riesen, die von den Emotionen übermannt wird. «Gaga» Thalmann ist in ihrem 109. und letzten Länderspiel trotz fünf Gegentoren die Beste.

«Es fehlen die offensiven Impulse»
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Nach deutlicher WM-Klatsche:«Es fehlen die offensiven Impulse»
6

August

Der Kater ist gross, zurück bleibt Ernüchterung. Der Abstand zur Weltspitze ist grösser als gedacht. Zwei Jahre vor der Heim-EM ist es ein Warnschuss; die anderen Länder schlafen nicht. Die Nati erfüllt ihre Pflicht, die Kür verhaut sie. In der Offensive bleibt zu vieles Stückwerk. Im Team überwiegt trotzdem der Stolz. Für viele ist es eine einmalige Erfahrung. Am Abend geht es via Sydney und Dubai schliesslich zurück in die Heimat.

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