Luis Rubiales (46) geht in die Offensive. Statt Rücktrittserklärung hagelt es Drohungen. Die ganze Fussballwelt rechnete am Freitag mit dem Rücktritt des skandalumwitterten spanischen Verbandspräsidenten, nachdem sich dieser einen übergriffigen Kuss auf die spanische Weltmeisterin Jennifer Hermoso (33) geleistet hatte.
Doch Rubiales denkt nicht mal daran, sein Amt niederzulegen. Stattdessen holt er an einer eigens anberaumten GV zum Rundumschlag aus – und donnert eine Brandrede in den Saal.
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«Werde gegen diese Leute vorgehen»
Rubiales sieht sich als Opfer einer von Politik und Medien orchestrierten Hetzjagd. «Hier geht es nicht um Gerechtigkeit, sondern um eine soziale Hinrichtung.» Der angezählte Verbandsboss erhebt schwere Anschuldigungen gegen die Medien, die den Skandal in den letzten Tagen unters Brennglas gelegt haben. «Die Presse sucht nicht nach der Wahrheit», klagt Rubiales.
Seinen wütenden Sermon setzt er fort mit einer Spitze gegen Ministerpräsident Pedro Sanchez (51), der Rubiales' Verhalten scharf kritisiert hat. «Politiker haben diese Aktion als sexuelle Gewalt ohne Zustimmung, als Körperverletzung bezeichnet. Diese Leute versuchen, mich öffentlich zu lynchen.»
Doch damit noch nicht genug. Rubiales droht seinen Kritikern mit Konsequenzen: «Ich werde gegen sie vorgehen.» Wie genau er das zu tun gedenkt, liess er jedoch offen.
Nati-Star: «Ich flippe aus»
Diese plötzliche Wende überrascht – und kommt vielerorts gar nicht gut an. Die Empörung über Rubiales' vorläufigen Amtsverbleib lässt nicht lange auf sich warten. Die spanische Goalielegende Iker Casillas (42) quittiert die Rede des Verbandschefs auf Twitter mit den Worten «zum Fremdschämen». Auch Sturmstar Borja Iglesias (30, Betis) drückt seine Fassungslosigkeit aus. Er gibt bekannt, nicht mehr für die spanische Nationalmannschaft auflaufen zu wollen, solange Rubiales' Verhalten ungestraft bliebe.
Auch die Vize-Regierungschefin Yolanda Diaz (52) schaltet sich mit klaren Worten ein. «Herr Rubiales weiss immer noch nicht, wo er ist und was er getan hat. Er ist nicht auf der Höhe der Zeit. Er muss jetzt sofort zurücktreten und uns weitere Peinlichkeiten ersparen.»
Mit Ana Maria Crnogorcevic (32) meldet sich auch eine Schweizerin zu Wort. Die Nati-Stürmerin, die beim FC Barcelona unter Vertrag steht, macht auf Twitter ihrem Ärger Luft. «Ich flippe aus», schreibt sie. Dazu tippt sie bildhafte Emojis, die wenig Zweifel an ihrem Entsetzen lassen.
Absetzungsverfahren eingeleitet
Rubiales ist aber noch lange nicht aus dem Schneider. Die FIFA hat ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet. Dazu hat die oberste spanische Sportbehörde CSD in Person von Präsident Victor Franco angekündigt, eingreifen zu wollen. «Wir werden handeln, wir haben alle Mechanismen aktiviert, um die entsprechenden Massnahmen zu ergreifen.»
Und sie handeln tatsächlich. Am Freitagabend wird bekannt, dass die Regierung in Zusammenarbeit mit dem CSD ein Absetzungsverfahren beim spanischen Sportverwaltungsgerichtshof (TAD) angefordert hat. Hinzu kommt, dass das spanische Weltmeister-team selber Druck aufsetzt. Die Spielerinnen unterzeichnen ein Schreiben der Spielerinnengewerkschaft «Futpro», in dem sie erklären, keinem Aufgebot mehr Folge zu leisten, solange Rubiales noch im Amt ist.
Die Luft für den Verbandsboss wird also trotz seiner hartnäckigen Weigerung immer dünner.