Nati-Spielerin Naomi Luyet
Ein Schuss – und dieser Teenager wird zur Schweizer Hoffnung an der Heim-EM

Ihr Tor gegen Frankreich macht aus dem Teenager die nächste Schweizer Hoffnungsträgerin. In der Nati ist sie als ein Teil des Duos «Tic und Tac» bekannt.
Publiziert: 03.01.2025 um 10:21 Uhr
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Aktualisiert: 03.01.2025 um 10:59 Uhr
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Fünf Einsätze mit der Schweizer Nati – und schon ist Naomi Luyet ein mögliches Aushängeschild für die Heim-EM 2025.
Foto: TOTO MARTI

Auf einen Blick

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Florian RazReporter Fussball

Natürlich muss die Geschichte mit dem Schuss beginnen. Mit diesem Traum von einem Tor. Eine Flugbahn, wie in den Genfer Nachthimmel gemalt. Die französische Torhüterin, wie sie sich vergeblich streckt. Der Ball, der noch sanft die Unterkante der Latte streichelt, ehe er im Netz landet.

Supertalent Luyet (18) verzückt mit Traumtor
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Erstes Tor für A-Nati:Supertalent Luyet (18) verzückt mit Traumtor

So ein Moment kann ein Leben verändern. Vor dieser 54. Minute im Testspiel gegen Frankreich ist Naomi Luyet (19) ein Teenager, der in der höchsten Schweizer Liga vor ein paar hundert Menschen spielt. Eine junge Fussballerin, die bei den Young Boys nebenbei noch zu 50 Prozent im Ticketing arbeitet und von der nur Kenner des Schweizer Frauenfussballs ahnen, wozu sie fähig sein könnte.

Den ersten Ballkontakt vergeigt sie

Aber dann kommt der Abend des 29. Oktobers. Und Luyet tritt mit einem Paukenschlag ins Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit. In der Sekunde, in der ihr Abschluss exakt die paar Zentimeter findet, die zwischen Constance Picauds rechtem Handschuh und der Querlatte frei geblieben sind.

«Dabei habe ich ehrlich gesagt die erste Ballberührung vergeigt», sagt Luyet im Rückblick mit einem Lächeln. Aber gleich nach diesem kleinen technischen Fehler zeigt sie, warum sie derzeit als eines der grössten Schweizer Talente gilt.

Wobei die herausragende Qualität in diesem Moment nicht der rasche Richtungswechsel ist, mit dem sie die Französin Jade Le Guilly im Dribbling überfordert. Und auch nicht die Schusstechnik. Entscheidend ist ihr Kopf. «Ich habe nicht gross nachgedacht», schildert Luyet die Momente vor ihrem Treffer, «ich habe mir gesagt: jetzt versuchst du das.»

Nicht nachdenken, einfach machen. Klingt simpel. Und ist doch ein Zustand, um den viele Sportlerinnen und Sportler ringen. Wer ihn regelmässig erreicht, dem kann Grosses gelingen.

Luyet spürt derzeit, wie sich ihr Treffer gegen Frankreich auswirkt. Sie wird häufiger auf Instagram angeschrieben. Manchmal wird sie auf der Strasse erkannt. «Und wer weiss, vielleicht fände dieses Gespräch ohne das Tor ja auch nicht statt», sagt sie beim Treffen mit Blick im Dezember, wenige Tage vor ihrem 19. Geburtstag.

Die Aufregung dürfte in näherer Zukunft nur noch zunehmen. Am 2. Juli wird in Basel die erste Partie der Schweizerinnen an der Heim-Euro angepfiffen. Der Anlass soll dazu führen, dass der Frauenfussball in der Schweiz so richtig abhebt. Und Luyet bietet die ideale Projektionsfläche, weil sich ihre Geschichte perfekt eignet, um diesen Aufbruch zu erzählen.

Zumal sie nicht nur wegen ihres Alters zu einer neuen Generation von Schweizer Fussballerinnen gehört. Es ist auch ihr Spielstil: Sie ist explosiv, sie sucht das Dribbling, sie mag den Tempovorstoss. Und da ist keine Angst vor dem Abschluss.

Auch diese Talente könnten 2025 durchstarten

Luca Müller, Schwingen

Wie Schwingerkönig Joel Wicki (27) und Unspunnensieger Samuel Giger (26) gewann Luca Müller (20) den Eidgenössischen Nachwuchsschwingertag. Dass er auch bei den Aktiven eine gewichtige Rolle spielen kann, bewies er letzten Sommer auf dem Brünig. Der Zuger sicherte sich seinen ersten Bergkranz. Die «bösen» Gene erhielt der gelernte Maurer von seinem Vater Bruno Müller (47). Der zweifache Eidgenosse misst wie sein Sohn über 1,90 Meter. Perfekte Voraussetzungen für den Schweizer Nationalsport. Am Eidgenössischen Schwingfest Ende August in Mollis GL könnte Müller für eine Überraschung sorgen. Die Fähigkeiten dazu hat er. (abt)

Lea Meier, Biathlon

Sie ist das Küken im Schweizer Biathlon-Team – doch sie hat es faustdick hinter den Ohren. Lea Meier (23) ist nicht nur (neben der Loipe) für jeden Spass zu haben, sie hat mit ihrem 23. Rang im Einzel von Kontiolahti (Fin) im Dezember auch schon gezeigt, dass viel Potenzial in ihr steckt. Die Prättigauerin könnte im Februar für eine Überraschung an der Heim-WM in Lenzerheide gut sein. An jenem Ort, an dem sie 2020 Jugend-Weltmeisterin wurde. Ihr Vorteil: Sie hat an der Elite-WM als aufstrebendes Talent weniger Erfolgsdruck als ihre älteren Teamkolleginnen. (mpe)

Jamiro Reber, Eishockey

Er ist erst 19 und gehört zu den Shootingstars der Saison in der schwedischen SHL. Jamiro Reber ist in den letzten Monaten durchgestartet. Schon 7 Tore und 7 Assists sind dem wendigen, kreativen Stürmer für HV71 Jönköping in seiner Premieren-Saison auf höchster Stufe gelungen. Aktuell glänzt der Sohn der ehemaligen Verteidiger-Legende Jörg Reber (50) in der Altjahrswoche als offensiver Taktgeber der U20-Nati an der WM in Ottawa. Macht der Emmentaler so weiter, ist seine Premiere in der A-Nati nur eine Frage der Zeit – womöglich ist es bereits diese Saison so weit. (mal)

Luca Müller, Schwingen

Wie Schwingerkönig Joel Wicki (27) und Unspunnensieger Samuel Giger (26) gewann Luca Müller (20) den Eidgenössischen Nachwuchsschwingertag. Dass er auch bei den Aktiven eine gewichtige Rolle spielen kann, bewies er letzten Sommer auf dem Brünig. Der Zuger sicherte sich seinen ersten Bergkranz. Die «bösen» Gene erhielt der gelernte Maurer von seinem Vater Bruno Müller (47). Der zweifache Eidgenosse misst wie sein Sohn über 1,90 Meter. Perfekte Voraussetzungen für den Schweizer Nationalsport. Am Eidgenössischen Schwingfest Ende August in Mollis GL könnte Müller für eine Überraschung sorgen. Die Fähigkeiten dazu hat er. (abt)

Lea Meier, Biathlon

Sie ist das Küken im Schweizer Biathlon-Team – doch sie hat es faustdick hinter den Ohren. Lea Meier (23) ist nicht nur (neben der Loipe) für jeden Spass zu haben, sie hat mit ihrem 23. Rang im Einzel von Kontiolahti (Fin) im Dezember auch schon gezeigt, dass viel Potenzial in ihr steckt. Die Prättigauerin könnte im Februar für eine Überraschung an der Heim-WM in Lenzerheide gut sein. An jenem Ort, an dem sie 2020 Jugend-Weltmeisterin wurde. Ihr Vorteil: Sie hat an der Elite-WM als aufstrebendes Talent weniger Erfolgsdruck als ihre älteren Teamkolleginnen. (mpe)

Jamiro Reber, Eishockey

Er ist erst 19 und gehört zu den Shootingstars der Saison in der schwedischen SHL. Jamiro Reber ist in den letzten Monaten durchgestartet. Schon 7 Tore und 7 Assists sind dem wendigen, kreativen Stürmer für HV71 Jönköping in seiner Premieren-Saison auf höchster Stufe gelungen. Aktuell glänzt der Sohn der ehemaligen Verteidiger-Legende Jörg Reber (50) in der Altjahrswoche als offensiver Taktgeber der U20-Nati an der WM in Ottawa. Macht der Emmentaler so weiter, ist seine Premiere in der A-Nati nur eine Frage der Zeit – womöglich ist es bereits diese Saison so weit. (mal)

Der Stoff, aus dem die Träume sind

Eine Teenagerin, die aus dem scheinbaren Nichts kommt und dann auch noch so frisch und aufregend spielt: Das ist der Stoff, der zum Träumen einlädt.

Es kann umgekehrt auch zur Belastung werden, wenn die TV-Kommentatoren bei jeder Ballberührung unwillkürlich die Stimme heben. Wenn die Menschen im Publikum darauf warten, dass jetzt gleich etwas Spezielles passieren wird.

Aber Luyet wirkt nicht, als lasse sie sich so schnell aus der Ruhe bringen. Die Medientermine und die Aufmerksamkeit nimmt sie mit, solange sie im Fokus steht: «Vielleicht kommen ja irgendwann Zeiten, in denen sich niemand mehr für mich interessiert.»

Möglich. Derzeit aber sieht es ganz anders aus. Schliesslich bietet Luyets derzeitiger Aufstieg noch einen weiteren Aspekt, der sich so wunderbar erzählen lässt: Derzeit erobert ein weiterer Teenager die Herzen der Fussballschweiz, mit dem Luyet seit Kindesbeinen befreundet ist: Iman Beney (18).

Beide wachsen in der Walliser Gemeinde Savièse auf. Sie lernen sich beim Fussballspielen kennen, sind in derselben Schule und gehen danach praktisch jeden Schritt gemeinsam. Ins Ausbildungszentrum des Schweizerischen Fussballverbands nach Biel, in die Schweizer U-Nationalteams, zum FC Sion, schliesslich zu YB und in die Schweizer Nati.

In der Nati werden sie «Tic und Tac» gerufen

Sie spielen seit zehn Jahren zusammen. Sie wohnen in einer Zweier-WG. Wenn sie sich nicht sehen, sind sie per Handy im ständigen Kontakt. Sie sind so unzertrennlich, dass sie im Nationalteam «Tic und Tac» gerufen werden. Luyet mag den Spitznamen: «Ich denke, er trifft uns ganz gut.»

Dass zwei der hoffnungsvollsten Schweizer Nachwuchsfussballerinnen aus demselben 8000-Seelen-Ort stammen, der erst noch in den Bergen liegt? Es wirkt wie ein schräger Einfall des Schicksals. Aber ab dem Moment, in dem sie sich als Neunjährige auf dem Fussballplatz treffen, macht ihr gemeinsamer Weg durchaus Sinn.

In den Bubenteams, in denen sie spielen, geben sie sich gegenseitig die Assists zu ihren Toren. Sie verlassen gemeinsam sehr jung das Wallis, um fünf Tage in der Woche im Nachwuchszentrum in Biel zu verbringen. Sie sind sich Halt und Inspiration.

Sie war extrem schüchtern – und verliess trotzdem mit zwölf das Zuhause

Als Zwölfjährige das Zuhause zu verlassen, ist für Luyet ein grosser Schritt. Bei ihr spielt nicht nur das junge Alter eine Rolle. Sie ist auch extrem schüchtern: «Ich hatte Mühe, mich auszudrücken. Ich traute mich kaum mit Leuten zu reden, die ich nicht schon kannte.»

Einer ihrer ehemaligen Juniorentrainer hat sich kürzlich im «Le Nouvelliste» an Gespräche mit der jungen Luyet erinnert, in denen ihr Beitrag aus genau zwei Wörtern bestanden habe: «Ja.» Und: «Nein.»

Und trotzdem steht für die zwölfjährige Luyet ausser Frage, dass sie nach Biel gehen wird. «Da war kein Zweifel», erzählt sie, «wenn es darum ging, etwas für den Fussball zu tun, habe ich es getan.»

Das ist um so erstaunlicher, als sie damals keine professionellen Fussballerinnen als Vorbild hat: «Ehrlich gesagt, wusste ich praktisch nichts vom Frauenfussball, als ich jung war.»

Ihre Mutter stammt aus Japan

Obwohl ihre Mutter aus Japan stammt, bringen sie also nicht die Erfolge der Japanerinnen an den Weltmeisterschaften 2011 und 2015 zum Sport. Luyet tritt als kleines Mädchen gegen einen Ball, weil es ihr älterer Bruder Kenji tut. Danach geht sie einfach immer weiter vorwärts. Ohne sich darüber Gedanken zu machen, ob sie irgendwann einmal mit Fussball Geld verdienen könnte. Aber immer mit dem Ziel, den nächsten Schritt zu machen.

Daran hat sich bis heute nichts geändert. Nur dass sie seit einem Jahr einen Berater hat, der sich um ihre Karriere kümmert. Die Matur hat sie bestanden. Jetzt will sie sich ganz auf den Fussball konzentrieren.

Und der eröffnet talentierten Spielerinnen ganz neue Möglichkeiten. Zuletzt ist mit Sydney Schertenleib eine 17-Jährige von den Grasshoppers zum Champions-League-Sieger FC Barcelona gewechselt.

Sie mag dort bislang erst im zweiten Team spielen. Aber dass eine junge Schweizerin den direkten Schritt aus der wenig renommierten Schweizer Liga zum derzeit vermutlich besten Kub der Welt geschafft hat, eröffnet neue Perspektiven. Auch für Spielerinnen wie Luyet, die denkt: «Wenn es Barcelona getan hat, dürften sich vielleicht auch andere Klubs in der Schweiz nach Talenten umsehen.»

Die nächste Station: England oder Deutschland

Einen fixen Plan für ihre Karriere hat Luyet nicht aufgestellt: «Aber es ist klar, dass ich in einem oder zwei Jahren im Ausland spielen möchte.» Wobei sie klare Präferenzen hat: England oder Deutschland.

Dort sind die Ligen ausgeglichener als in Frankreich oder Spanien, wo einige Topteams die Liga dominieren: «Und ich glaube, dass es für die eigene Entwicklung wichtig ist, dass man in der ganzen Saison einen konstant hohen Rhythmus gehen muss.»

Zuerst aber muss Luyet eine Verletzung im Hüftbereich auskurieren. Wegen ihr hat sie die beiden letzten Spiele der Schweizerinnen gegen Deutschland und England verpasst. Dass ihre Absenz vor den Partien von sämtlichen Schweizer Medien als herber Verlust vermeldet wird, unterstreicht ihren kometenhaften Aufstieg. Davor ist sie erst fünfmal für die Nati aufgelaufen.

Über die Festtage erholt sie sich in Japan, wo ihre Mutter inzwischen wieder lebt. Danach beginnt in der Schweiz schon bald der Countdown für die Heim-EM.

An der traut Naomi Luyet der Schweiz nach der positiven Entwicklung unter Nationaltrainerin Pia Sundhage einiges zu. «Wir haben gezeigt, dass wir mit den Besten mithalten können», sagt sie voller Selbstvertrauen.

An Tic und Tac soll es jedenfalls nicht scheitern.

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