Ein kontrollbefreiter Wildwuchs ohne Ende. Irre Zahlen. Das sind die Dinge, welche die Fifa den Spielerberatern vorwirft. Diesen hat sie den Kampf angesagt (im BLICK). Präsident Gianni Infantino und Co wollen das Transfergebaren offenlegen und sowohl Macht wie auch Einnahmen von Agenten massiv zurückstutzen.
Das bringt die Branche auf die Palme. Man halte natürlich ganz und gar nichts von Infantinos Ideen, sagt Christoph Graf, Präsident der Swiss Football Agents Association (SFAA). «Die Fifa will Dinge regulieren, die sie gar nichts angehen. Das sollen nationale Gesetze regeln.»
30'000 Euro im Jahr
Graf wirft Infantino vor, keine Ahnung vom Spielerberater-Business zu haben. Wenn er sage, es sollen maximal drei Prozent des Jahreslohns eines Spielers an dessen Berater gehen, dann werde das für die Branche, vor allem für die kleinen Agenten, existenzbedrohend. «Ich nenne Ihnen konkrete Beispiele. Erstens: Eine Studie hat aufgezeigt, wie viel Spieleragenten in Europa verdienen. Der Durchschnittslohn ist 30'000 Euro. Nicht im Monat. Im Jahr.»
Das zweite Beispiel: «BLICK hat errechnet, dass der Durchschnitts-Monatslohn eines Super-League-Fussballers bei 13'900 Franken liegt. Gehen wir von 150'000 im Jahr aus. Drei Prozent davon sind 4500 Franken. Viel mehr als zehn Spieler zu beraten, ist nicht seriös. Also kommt ein Berater auf einen Jahreslohn von 45'000 Franken. Die Spesen sind in diesem Business sehr hoch. Da gibts dann nicht mehr viel zu rechnen: Da ist man bald einmal unter dem Existenzminimum!»
Mendes und Raiola sind Ausnahmen
Die meisten Berater würden ohnehin nie einen grossen Abschluss machen, den es nur bei Auslandtransfers gibt. Sie würden es jahrelang versuchen – und dann desillusioniert aufgeben. «Leute wie Ronaldo-Berater Mendes oder Ibrahimovic-Agent Raiola, die sehr viel Geld gemacht haben, sind absolute Exoten in diesem Geschäft. Die widerspiegeln die Realität nicht.»
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Graf weiter: Wenn Infantino Spielerberater mit Versicherungsbrokern vergleiche, dann zeige dieser beleidigende Vergleich auf, wie wenig Ahnung der Fifa-Präsident von der Materie habe. «Was macht ein Broker? Den Abschluss. Davor und danach nichts. Doch wir sind für die Spieler immer da, rund um die Uhr. Unser Beruf hat nicht mal ansatzweise etwas mit dem Job eines Brokers zu tun.»
Der Agenten-Job sei vielmehr vergleichbar mit jenem eines Headhunters, der auch von seinem Auftraggeber bezahlt werde. «Mit dreissig, vierzig Prozent des Jahreslohns. Nicht mit drei pro Vertragsjahr …»
Keine Ermittlungen gegen Agenten in der Schweiz
Auch der nächste Infantino-Vorwurf sei laut Graf völlig unpassend. «Er sagt, die Berater ziehen das Geld aus dem Fussball. Das gilt für alle Spieler, Trainer und Funktionäre. Also auch für Infantino. Oder spendet er sein Millionensalär für den Nachwuchsfussball im Oberwallis?» Vehement wehrt sich Graf gegen nicht substanziierte Vorwürfe wie Korruption, Geldwäsche und Steuerflucht: «Wenn es etwas zu untersuchen gibt, dann sollen das staatliche Behörden tun. Ich bin aber überzeugt, dass die Mitglieder unseres Berufsverbandes sauber arbeiten. Ermittelt ein Sonderstaatsanwalt in der Schweiz gegen einen Agenten? Nicht, dass ich wüsste. Gegen andere Leute im Fussballbusiness schon …» Er meint natürlich Infantino.
Die Branche ist jedenfalls von den Plänen der Fifa massiv vor den Kopf gestossen worden. Doch das überrascht den Zürcher nicht. «Das ist rechtswidrig und höchst unseriös, was die Fifa sich da anmasst. Das ist kein verantwortungsvolles Handeln eines ‹Governing Bodys› des Fussballs. Die wichtigen Agentenvereinigungen wurden zum Beispiel nie mit einbezogen.» Dieser Ärger wird so schnell nicht verrauchen.