Es sind die grossen Fälle, die regelmässig in die Schlagzeilen kommen. Berater Mino Raiola soll 49 Millionen Euro für den Transfer von Paul Pogba von Juventus zu Manchester United bekommen haben. Und Ronaldo-Berater Jorge Mendes soll laut «Forbes» 2018 an die 90 Millionen Euro verdient haben.
Das mögen Ausnahmefälle sein. Klar ist aber: Das Transferwesen ist ein Wildwuchs, unübersichtlich und ohne Regeln. Weder Beteiligungen an Ablösesummen noch an Gehältern werden kontrolliert. Das will die Fifa nun ändern, um Korruption, Geldwäsche und Steuerflucht zu verhindern. Präsident Gianni Infantino im BLICK-Interview: «Die EU sagt uns seit Jahren, dass wir im Transferwesen aufräumen sollen. Als Spieler musst du den Überblick haben: Wer ist dein Agent? Wer ist der des Klubs? Was wird für wen bezahlt? Es muss transparent sein. Sonst hat man immer das Gefühl, dass etwas Lusches läuft.»
«Kein Projekt gegen die Agenten»
Am Donnerstagabend macht die Fifa nun öffentlich, wie sie das umsetzen will. Fifa-Rechtsdirektor Emilio Garcia Silvero stellt sich einer Handvoll internationaler Medien. Er sagt: «Das ist kein Projekt gegen die Agenten, sondern für sie. Wir wollen mit ihnen arbeiten.»
Konkret werden sie aber auch weniger kassieren. Alle Gelder sollen über eine Art «Fifa-Bank» laufen, alles weltweit transparent. Und die Fifa will, dass Agenten maximal 3 Prozent (statt 8 bis 10 % wie bisher) des Jahreslohnes eines Spielers bekommen – und höchstens 10 Prozent der Ablöse.
Ein Beispiel: Spieler X wechselt für 10 Millionen zu Klub Y und verdient eine Million pro Jahr. Der Agent A vom abgebenden Klub erhält eine Million (10% der Ablösesumme), der Agent B vom neuen Klub erhält 30 000 pro Jahr wie Agent C vom Spieler (je 3% vom Jahreslohn). Während ein Spielerberater den neuen Klub und Spieler vertreten darf, ist es verboten, gleichzeitig auch den abgebenden Verein zu vertreten.
Jeder Transfer und alle Zahlen dazu sollen öffentlich werden. Und jeder Spielerberater muss sich jährlich bei der Fifa lizenzieren.
Gang vor Gerichte angekündigt
Die Berater werden Sturm laufen, einige kündigten bereits den Gang vor Gerichte an. Ihre Begründung: Dass die kleinen Agenturen kaputt gehen. Und dass die irren Summen nur Ausnahmen seien. Doch die Fifa kennt kein Pardon. Infantino: «Drei Prozent sind immer noch stattlich. Und vergleichbar mit einem Broker, der Versicherungen vermittelt.»
Sein Grundproblem ist, dass das Geld aus dem Fussball an Private abfliesst. Und er ist nicht zufrieden, dass 2019 rund 600 Millionen Franken an Agenten ging – ein x-faches im Vergleich zu den Klub-Entschädigungen. Infantino: «Es gibt bei Transfers einen Solidaritätsbeitrag von fünf Prozent an die Klubs, die den Spieler ausgebildet haben. In einer Sommer-Transferphase werden normalerweise 6 Milliarden Dollar ausgegeben. Fünf Prozent sind 300 Millionen, die an Ausbildungsklubs fliessen sollten. In Wahrheit sind es aber nur 50 Millionen. 250 Millionen versickern irgendwo, weil die kleineren Klubs gar nicht wissen, dass sie Anrecht darauf hätten. Das kann doch nicht sein und ist ein Grund, warum wir es als Fifa die Zahlung dieser Solidaritätsbeiträge zentral an die Hand nehmen und automatisch auszahlen möchten.»
Die Reaktion von Raiola und Co. ist mit Spannung zu erwarten. Die Fifa will die neuen Regeln nächstes Jahr verabschieden und 2022 einführen.