Befangenheit und ein mysteriöses Mail
Fifa greift die Aufsicht der Bundesanwaltschaft an

Nächster Akt im Strafverfahren gegen Gianni Infantino: Die Fifa hat offiziell bei der Geschäftsprüfungskommission des National- und Ständerates Beschwerde eingereicht. Es geht um Befangenheit – und um ein mysteriöses E-Mail.
Publiziert: 23.08.2020 um 15:05 Uhr
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Aktualisiert: 23.08.2020 um 15:25 Uhr
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Befangenheits-Vorwurf: Die Fifa reicht eine Anzeige bei der Geschäftsprüfungskommission des Stände- und Nationalrats ein.
Foto: Blicksport
Andreas Böni

Ein Bericht im letzten SonntagsBlick sorgt nun für grossen Wirbel in der Affäre um Fifa-Chef Gianni Infantino: Der Weltfussball­verband hat auf Grundlage des Artikels Beschwerde wegen Befangenheit gegen die Aufsicht der Bundesanwaltschaft (AB-BA) eingereicht.

Worum gehts? Die AB-BA hatte einen ausserordentlichen Staatsanwalt eingesetzt, der ein Strafverfahren gegen Gianni Infantino einleitete und auch Bundesanwalt Michael Lauber zur Rechenschaft ziehen will. Doch weil Patrick Gättelin, der juristische Sekretär der AB-BA, auf seiner Website einem der härtesten Kritiker von Infantino und Lauber Gelegenheit zu Angriffen auf die beiden gab, hält der Weltfussballverband ihn für befangen.

Auf der Webseite hatte Basels früherer Polizeikommandant Markus Mohler aus allen Rohren gegen Infantino und Lauber geschossen – für die Fifa bestehen deshalb Zweifel an seiner Unparteilichkeit. «Gättelin ist Co-Redaktor einer Webseite zusammen mit dem härtesten Kritiker von Lauber und Infantino – wir glauben, dass er nicht unabhängig ist», sagt Infantinos Anwalt David Zollinger, der die AB-BA aus seiner sechsjährigen Mit­arbeit bei der Aufsichtsbehörde kennt.

Beobachter hatte bereits der Vorlauf der Anzeige gegen Infantino stutzig gemacht. Am 11. Mai um 17.48 Uhr ging die Anzeige anonym per E-Mail ein – mit exakt denselben Sätzen, die am nächsten Tag im Interview von Markus Mohler mit der «Aargauer Zeitung» standen («Es besteht ein dringender Verdacht gegen Gianni Infantino»).

Und was sagt die AB-BA zu alldem? Sie bestreitet die Verbindung zwischen Mohler und Gättelin nicht, hält aber schriftlich fest: «Nach Beginn seiner Tätigkeit beim Bund ab dem Jahr 2012 ergaben sich für Herrn Gättelin Fragen zu möglichen Interessenkollisionen hinsichtlich seiner damaligen beruflichen Tätigkeit. Deswegen hat er seitdem nicht mehr auf der Website publiziert.» Bis heute ist Gättelin neben Mohler als Redaktor der Website aufgeführt. «In Absprache mit seinem Arbeitgeber», schreibt die AB-BA.

Weiter heisst es in der Stellungnahme der AB-BA: Die Einsetzung des ausserordentlichen Staatsanwalts sei «ein Entscheid der AB-BA als unabhängige Behörde. Als Sekretär der AB-BA verfügt Herr Gättelin im Gremium über kein Stimmrecht. So gesehen erübrigt sich die Frage nach der Befangenheit bzw. dem Ausstand.»

Infantino-Anwalt Zollinger hält das für «nicht nachvollziehbar. Herr Gättelin ist sozusagen Geschäftsführer der AB-BA. Er redigiert sämliche Texte und ist der höchstrangige Vollzeitangestellte.» Und vor allem: Gättelin hat laut Report der Geschäftsprüfungskommission zweimal den stellvertretenden Bundesanwalt zu den Fifa-Treffen mit Lauber befragt. Er spielte also eine aktive Rolle im Verfahren.
Daher bleibt es dabei: Die Fifa fordert von der Geschäftsprüfungskommission des Na­tional- und Ständerats, dass Gättelin wegen Befangenheit in den Ausstand treten muss. l

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