«Kann heute darüber lachen»
Suizidversuch von Schiri Rafati jährt sich zum zehnten Mal

Depressionen haben den ehemaligen Spitzenschiedsrichter Babak Rafati beinahe das Leben gekostet. Gemeinsam mit seiner Frau blickt er zurück und auf die Folgen, die dieses Ereignis mit sich brachte.
Publiziert: 19.11.2021 um 14:25 Uhr
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Aktualisiert: 19.11.2021 um 14:26 Uhr
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Der ehemalige Spitzenschiedsrichter wollte sich das Leben nehmen. Depressionen haben ihn zu dieser Tat bewogen.
Foto: imago sportfotodienst

«Ich sehe von oben in dieses Badezimmer wie in eine Puppenstube, auf einen Fremden, der ein Sektglas an der Badewannenkante zerschlägt, in einer irrsinnigen Wut beginnt, sich die Unterarme aufzuschneiden ... Kurz vor dem Ersticken, kurz bevor er nach Luft schnappen und Wasser einatmen wird, zieht er seinen Kopf aus dem blutroten Wasser.» Derart dramatisch beschreibt Schiedsrichter Babak Rafati (51) die Minuten seines Selbstmordversuches am 19. November 2011 in seinem Buch «Ich pfeife auf den Tod». Der Deutsche wusste nicht, wie er mit seinen Depressionen umgehen sollte.

Diese Szene jährt sich am Freitag zum zehnten Mal. Letztlich haben ihn seine drei Assistenten, mit denen er am folgenden Tag die Partie Köln gegen Mainz leiten sollte, im Hotelzimmer gefunden. Für seine Frau Rouja (39) wird der Tag immer etwas spezielles bleiben: «Wir feiern diesen Tag. Es ist so etwas wie sein zweiter Geburtstag», sagte sie gegenüber der «BamS». Es hat sich sogar ein Ritual daraus ergeben. «Wenn wir in Deutschland sind, gehen wir essen.»

Viele Personen wenden sich ab

Rafati selbst hat keine Probleme damit, auf dieses Ereignis zurückzublicken. «Ich kann heute drüber lachen, weil ich mich frage, wie bescheuert ich damals war.» Als er schliesslich das Spital verlassen durfte, war der Horror noch nicht vorüber. «Auf der Rückfahrt wollte ich mich aus dem Auto werfen, aber meine Schwiegermutter hat das verhindert.»

Der Weg zurück in ein normales Leben war steinig. Viele ihm nahe stehenden Personen haben sich abgewendet. «Nicht nur Freunde, auch Familienmitglieder und Schiedsrichter-Kollegen. Viele hatten wohl Schamgefühle. Ich dagegen hatte Schuldgefühle. Ich dachte, ich sei Dreck.»

Vorträge auf der ganzen Welt

Seine Frau fürchtete sich zu Beginn vor einem erneuten Rückfall. «Ich hatte Angst, wenn er sich fünf Minuten verspätet hat. Oder wenn fremde Menschen bei uns geklingelt haben. Sogar vor der Toilette habe ich manchmal gewacht.»

Jetzt touren sie gemeinsam durch die ganze Welt. Er als Redner und sie als seine Managerin. Der Deutsche spricht über Themen wie der Umgang mit Druck und Stress. Schliesslich fügte er an: «Dieser Schicksalsschlag war schwierig, aber ich bin dankbar, dass es passiert ist.» (nab)

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