Vieles hat man diesen Azzurri, die seit 27 Spielen und September 2019 ungeschlagen waren, die zuletzt acht Mal zu Null gespielt hatten und mit zehn Siegen aus zehn Spielen durch die Qualifikation gerauscht waren, zugetraut. Aber gleich das?
Eine Party ohne Ende. Eine völlig entfesselte Mannschaft, welche die überforderten und chancenlosen Türken, die von Experten als bestes Aussenseiterteam gehandelt waren, gnadenlos entzaubern. Ein Italien scheinbar ohne Limiten.
Mancini: «Es fehlen noch sechs Spiele ...»
Der Macher dieser grandiosen Eröffnungsparty, Commissario tecnico Roberto Mancini, stockt kurz überrascht, als er Sekunden nach dem Spiel tatsächlich bereits die Antwort auf die Frage geben muss, ob das der erste Schritt in Richtung Wembley gewesen sei. «Da fehlen noch sechs Spiele», sagt er dann. Am Vortag noch hatte er den Final als Ziel deklariert …
Insgesamt habe seine Mannschaft aber schon «sehr gut» gespielt. Die Türkei sei schliesslich keine kleine Mannschaft. «Das war eine grosse Befriedigung. Für uns. Für die Fans. Für ganz Italien.» Und die wenigen Fans, die live dabei sein durften, strahlten. «Das war grossartig, emotional. Das 3:0. Wieder im Stadion sein zu dürfen.» Die Tränen sind nah beim Tifoso, den wir fragen. Die Augen leuchten. «Ich finde keine Worte, Scusi …»
Chiellini schmunzelt
Wie gross Freude und Lust in diesem italienischen Team Ausgabe 2021 sind, erkennt man, wenn man genau hinschaut, schon vor dem Spiel. Im Kabinengang wird gelacht und gescherzt. Verkrampfung? Niente! Capitano Giorgio Chiellini schmunzelt schon vor der Hymne in Vorfreude auf die 90 Sekunden «Fratelli d’Italia» – und die 90 Minuten danach.
«Das war Gänsehaut pur», sagt Leonardo Spinazzola, offiziell Star of the Match. «Eine perfekte Leistung.» Und alle, aber auch alle, loben ihren Coach. Verteidiger-Legende Leo Bonucci: «Wir spielen nun Fussball. Das hat sich in den letzten Jahren mit Mancini geändert. Wir glauben an ihn, weil er uns Vertrauen gibt.» 3:0-Schütze Lorenzo Insigne ist gar völlig aus dem Häuschen, auch ob seines Tores: «Der Coach hat eine Gruppe geschaffen, in welcher es keine Stammspieler und Reservisten gibt.» Der Napoli-Stürmer weiter: «Jeder ist bereit, sich für den anderen zu opfern. Grossartig!»
Italien im Rausch einer magischen Nacht, wie 1990, als man an der Heim-WM alle Spiele im Olimpico gewann, um dann in Neapel im Halbfinal an Argentinien zu scheitern. Die Schweiz muss sich am Mittwoch warm anziehen. Und dann soll am Montag auch noch die Ausgangssperre fallen.