Hier fliegt die Fackel in den Familiensektor
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Genfer Chaot sorgt für Eklat:Hier fliegt die Fackel in den Familiensektor

Sicherheits-Experte nach Fackelwurf
«Der Einsatz machte einen dilettantischen Eindruck»

Der Fackelwurf in den Familiensektor am Sonntag hätte verhindert werden können. Das sagt ein Experte für Stadionsicherheit und erhebt schwere Anschuldigungen gegen die Sicherheitsfirma, die für den FC Winterthur für Ruhe und Ordnung hätte sorgen sollen.
Publiziert: 01.05.2024 um 00:08 Uhr
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Aktualisiert: 16.05.2024 um 09:46 Uhr
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Als es zum Platzsturm kommt, ist von den Sicherheitskräften noch nichts zu sehen.
Foto: Quelle: Screenshot Leservideo

Die Bilder verstören. Zwei Tage nach dem Fackelwurf im Cup-Halbfinal FC Winterthur gegen Servette Genf sorgen sie noch immer für hitzige Diskussionen. Denn der Pyrowurf von einem Genfer Chaoten in den Familiensektor des FC Winterthur hätte verhindert werden müssen, sagt ein Experte für Stadionsicherheit und schweren Ordnungsdienst, der anonym bleiben möchte.

«Meiner Meinung nach haben der Sicherheitsverantwortliche des FC Winterthur und die Einsatzleitung völlig versagt. Bei dieser Ausgangslage und einem Tor in der 88. Minute muss die Stadionsicherheit sofort reagieren. Der schwere Ordnungsdienst muss sich bereithalten, um bei Abpfiff sofort einen Riegel vor der Fankurve von Servette oder je nach Situation vor der von Winterthur schieben zu können.» Nur so könne ein Platzsturm verhindert werden. Denn: «Sobald die Chaoten auf dem Platz sind, hat man keine Chance mehr», so der Experte. 

«Dilettantischer Einsatz»

Schon vor den Ausschreitungen habe man gesehen, dass die Sicherheitskräfte nicht auf der Höhe seien. «Der Einsatz machte von Beginn an einen dilettantischen Eindruck. Abgesehen davon, dass man schon viel zu spät auf das Spielfeld kam, stolperten viele der Einsatzkräfte eine hohe Stufe hinunter und fielen zu Boden. Danach lief die Einsatzgruppe in aller Seelenruhe auf den Rasen und stellte sich vor der Servette-Kurve auf. Viele der Servette-Ultras hatten sich zu diesem Zeitpunkt aber bereits auf dem halben Spielfeld verteilt.»

Auch stört sich der Experte an der Aufmachung der Sicherheitskräfte, die zu einem grossen Teil bis unter die Augen vermummt gewesen seien. «Man kann nicht für Sicherheit stehen und gleichzeitig gegen geltende Gesetze verstossen.»

Blick kontaktiert die betroffene Sicherheitsfirma, die auf der Schützenwiese hätte für Ruhe sorgen sollen, mit den Anschuldigungen. Diese möchte keine Stellung nehmen und verweist auf den FC Winterthur. 

FC Winterthur in der Kritik

Auch diesen kritisiert der Sicherheitsexperte scharf. Die Sicherheitsstandards beim FCW allgemein liessen zu Wünschen übrig. «Beim Aufstieg vor zwei Jahren machte die Swiss Football League dem FC Winterthur klare Auflagen. Diese sollten spätestens zu Beginn der zweiten Saison umgesetzt sein. Wir sprechen von flächendeckender Überwachung mit hochauflösenden Kameras, von mannshohen Drehkreuzen am Gästeeingang und so weiter.»

Die Grundproblematik für die Sicherheitsmängel lägen auch in der Preispolitik. Denn Sicherheitsleistungen, die die Clubs tragen müssen, sind teuer. «Im Business mit der Stadionsicherheit gibt es einen grossen Konkurrenzkampf. Gerade aber kleinere Klubs mit weniger Budget stellen günstigere und unerfahrene Firmen an. Beim Thema Sicherheit wird gerne am meisten gespart», so der Experte. «Das funktioniert so lange, wie nichts passiert. Ist ein Einsatz einer solchen Firma im schweren Ordnungsdienst dann einmal wirklich gefragt, passieren Szenen wie jene am Sonntag in Winterthur.»

«Ein Platzsturm ist in jedem Stadion möglich»

Beim FC Winterthur wehrt man sich gegen die Anschuldigungen. «Nach einem solchen Vorfall in einem vollen Stadion und mit breiter TV-Übertragung gibt es immer viele Expertinnen und Experten, die im Nachhinein schlau sind. Wir analysieren unsere Arbeit kritisch und wollen uns verbessern», heisst es beim Super-League-Klub. «Das Szenario, ‹Obwohl Servette gewinnt, schmeissen Fans Pyros ins Publikum› hat niemand für möglich gehalten. Seit dem Aufstieg haben wir die Spiele alle im Griff gehabt. Ein Platzsturm ist in jedem Stadion möglich, wenn Leute dies tun wollen.»

Bei den vom Sicherheitsexperten angesprochenen Auflagen der Swiss Football League würde es sich um bauliche Massnahmen handeln, die nichts mit dem Vorfall vom Sonntag zu tun haben. Zudem arbeite Winterthur seit dem Aufstieg mit mehreren Sicherheitsfirmen zusammen, damit man «auf genügend Manpower zurückgreifen» könne.

Trotzdem zeigt man sich auf der Schützenwiese auch selbstkritisch. «Wir sind am Auswerten des Bildmaterials und führen Gespräche mit allen beteiligten Parteien, wie Security-Firmen, Stadionpersonal, Fans und Polizei. So können wir uns ein umfangreiches Bild des Geschehens machen», so der Klub weiter. «Ziel ist es, unsere Arbeit kritisch zu reflektieren und hinterfragen, damit wir aus allfälligen Fehlern lernen können.»

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