Goran Obradovic (47) lacht herzhaft. «Wie bitte? Sie wollen mit mir über den Cup-Final 2006 sprechen? Das ist 17 Jahre her. Ich habe alles vergessen», sagt die Sion-Legende. Dann aber kommen die Erinnerungen. Erst bruchstückhaft, dann in voller Pracht. Über 30'000 Menschen werden an diesem denkwürdigen Tag im Wankdorf Zeuge, wie Super-Ligist YB den unterklassigen FC Sion empfängt. Die Berner, seit 1989 ohne Titel, wollen ihr Verlierer-Image loswerden. Die Walliser ihren Cup-Mythos bewahren.
«YB ist früh in Führung gegangen», erinnert sich Obradovic. Carlos Varela trifft, dann fliegt YB-Verteidiger Steve Gohouri nach einer Notbremse an Paulo Vogt vom Platz. Der Rest ist Geschichte. Obradovic erzielt kurz nach der Pause mit einem herrlichen Freistosstreffer aus über 20 Metern den Ausgleich. Die Walliser siegen im Elfmeterschiessen. Noch nie hat der FC Sion zu jenem Zeitpunkt einen Cupfinal verloren. «Entsprechend gross war der Druck, schliesslich willst du nicht jener Spieler sein, der den Mythos auf dem Gewissen hat», sagt Obradovic.
Als wäre Liverpool Meister geworden
Die Party danach sei etwas vom Grössten gewesen, das er je erlebt habe. «Es fühlte sich an, als wären wir soeben mit dem FC Liverpool Meister geworden. Die ganze Stadt war voller Menschen, der ganze Kanton hat mit uns gefeiert.»
Er selbst feierte an vorderster Front. Natürlich mit Zigarette im Mundwinkel, seinem Markenzeichen. «Mit 15 habe ich mit dem Rauchen angefangen, seither rauche ich eine Packung pro Tag», sagt Obradovic. Er habe bislang noch nie versucht, aufzuhören. «Sonst fange ich noch an, E-Zigaretten zu konsumieren, was ebenfalls nicht die Lösung sein kann.»
Während des Cupfinals 2006 aber hat er die Finger von den Zigis gelassen. Rauchen in der Halbzeitpause? Ein No-Go. «Das ist auch eine Frage des Respekts gegenüber den Teamkollegen», sagt Obradovic. «Von jenem Zeitpunkt, als wir das Hotel verlassen haben, waren Zigaretten tabu.»
Das sind sie heute im Allgemeinen, kaum ein Super-League-Profi greift noch zum Glimmstängel. Von jenen 22 Spielern, die am Freitag im Duell zwischen Sion und GC auf dem Platz stehen werden, sind die meisten Vorzeigeprofis.
Ins Stadion gehen wird Obradovic nicht, obwohl er noch immer in Sion wohnt. An einen Sieg des Challenge-Ligisten glaubt er gleichwohl. «GC macht zurzeit nicht den stärksten Eindruck.» Und sicher den schwächeren als YB 2006.