Es steht 0:0 im Cupmatch zwischen den beiden Promotion-League-Klubs Cham und Bellinzona. Nichts deutet auf das hin, was sich nun abspielen wird. Alles ist friedlich, als ein Ball geflogen kommt, den Ex-Nati-Goalie Stephan Lehmann (56) fangen will. Der Tessiner Materialwart Matteo Ondei funkt ihm dazwischen, weshalb der Chamer Goalietrainer den Ball nicht behändigen kann und er in eine Abfalltonne fällt. Als der Bellinzona-Mitarbeiter das Spielgerät herausnehmen will, stösst ihn Lehmann um. Ondei stürzt mit dem Kopf genau auf eine Metallverstrebung. Blut fliesst.
«Raus! Raus! Raus!»
Daraufhin: Tumulte. Die Spieler der ACB gehen auf Lehmann los. Der Schiri zeigt ihm die Gelbe Karte. Derweil Ondei am Boden liegend erstversorgt wird. «Alle Zuschauer, auch die eigenen, riefen dann ‹Raus! Raus! Raus!›», sagt Bellinzona-Präsident Paolo Righetti gegenüber «TicinoNews». Lehmann verlässt das Stadion.
Der Materialwart seinerseits wird zuerst in die Chamer Andreasklinik gebracht und reist dann zurück ins Tessin. Im Kantonsspital Bellinzona muss die Wunde am rechten Ohr mit sieben Stichen genäht werden. Dazu wird ein MRI gemacht und bereits der plastische Chirurg anvisiert. Morgens um zwei darf das Opfer nach Hause.
«Ich schäme mich unendlich!»
Auf Anfrage von BLICK zeigt sich der Schaffhauser echt schockiert. «Ich schäme mich unendlich! Ich habe keine Ahnung, was in mich gefahren ist. Ich kann mir absolut nicht erklären, welcher Teufel mich da geritten hat. Das war ein Riesenfehler, völlig dämlich. So kenne ich mich gar nicht. Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugemacht, weil ich nach einer Erklärung für diese Kurzschluss-Handlung gesucht habe. Gefunden habe ich sie nicht…»
Er könne nun nur hoffen, dass dem Materialwart nichts Schlimmes passiert sei, so der Ex-Torhüter. «Ich fühle mich so etwas von beschissen.» Er hoffe auf ein baldiges Treffen, dass er ihm persönlich sorry sagen kann. Doch Ondei sagt, dass es besser sei, zuerst ein bisschen Gras über die Sache wachsen zu lassen. Ondei will Strafanzeige einreichen, hat bereits einen Anwalt kontaktiert. «Und wir werden den Vorfall auch dem Fussballverband melden», sagt Righetti.
Cham wirft Lehmann raus
Der SC Cham hat am Sonntag bereits reagiert. Ein solches Verhalten sei nicht zu tolerieren. Der emotionale Vorfall mit Stephan Lehmann sei nicht zu entschuldigen und entspreche nicht den Grundwerten des SC Cham. «Der Respekt und Anstand gegenüber Spieler, Betreuer und Fans ist höchstes Gut und darf nicht mit Füssen getreten werden.» Die sportliche Leitung habe daher entschieden, Stephan Lehmann ab sofort von all seinen Aufgaben bis auf weiteres zu suspendieren. «Das weitere Vorgehen wird in den nächsten Tagen vereinsintern besprochen und entschieden.»