«In Genf haben wir kein Bier gefunden um anzustossen»
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CC im grossen Interview:«In Genf haben wir kein Bier gefunden um anzustossen»

Sion-Boss Constantin schiesst gegen Verbandspräsident Blanc
«So wirst du zum Totengräber des Cups»

Es ist sein Lieblings-Wettbewerb: Der Cup. Sieben Mal hat ihn Christian Constantin als Präsident gewonnen. Einsamer Rekord ! Und CC stellt sich mit 63 Jahren immer noch ins Tor. Wie bitte?
Publiziert: 08.08.2020 um 18:46 Uhr
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Aktualisiert: 15.08.2020 um 18:52 Uhr
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Sion-Boss Constantin macht sich Sorgen um den Cup.
Foto: freshfocus
Alain Kunz

BLICK: Christian Constantin, geht es Ihnen gut, sind Sie gesund, alles bestens?
Christian Constantin: Ist das jetzt schon die erste offizielle Frage?

Ja.
Gut. Alles bestens. Alles kompliziert zwar. Aber gut. Warum?

Weil ich nicht sicher war, ob man sich nicht ernsthaft Sorgen machen müsse um Sie, derart ruhig waren Sie seit dem Re-Start. Dabei sind Sie ein vehementer Gegner der Fortsetzung der Meisterschaft gewesen.
Ich habe dargelegt, dass es lächerlich sei, die Klubs in derartige wirtschaftliche Schwierigkeiten zu bringen in Anbetracht der noch grösseren, die danach kommen würden. Als aber die Abstimmung vorbei war und die Entscheidung stand, brachte es nichts mehr, Zeter und Mordio zu schreien. Das ist wie bei einem Fussballspiel. Wenn der Schiri abpfeift, ist es vorbei. Das Resultat steht.

Kommt hinzu, dass der FC Sion der einzige Klub war, der Spiele verschieben musste, jene gegen den FC Zürich und Xamax, ohne einen Corona-Fall gehabt zu haben. Sion war der unverschuldet leidtragende Klub dieser Situation.
Okay. Aber auch hier: Wenn ein Schiff auf hoher See ist, und dann noch in einen schlimmen Sturm gerät, hat der Captain einen Job, nämlich jenen, das Schiff in einen sicheren Hafen zu steuern.

Und noch was: Die ersten Spiele waren schlecht, Sion war plötzlich Abstiegskandidat Nummer eins. Und CC macht keinen Pieps. Das ist doch merkwürdig!
Ich hatte ja geahnt, dass Paolo Tramezzani die verunsicherte Mannschaft nicht in ein paar Tagen auf Kurs bringen konnte. Das brauchte ein bisschen mehr Zeit. Ich war nahe bei der Mannschaft, spürte, was lief, und forderte von den Jungs einzig, das beste Team des letzten Quartals zu sein.

Das ist schnell gemacht, mal so vor die Mannschaft zu treten und den dicken Max markieren mit so einer Forderung …
Okay, das stimmt. Ich sitze auf der Tribüne und habe gut reden. Aber weil ich nahe beim Team war, spürte ich, das dies möglich sein sollte.

Wie nahe waren Sie bei Ihren Jungs?
Sehr nahe. Ein Beispiel: Ich habe mich nach einem Training sogar in Shorts und T-Shirt und mit Sommerschlüpfern an den Füssen ins Tor gestellt, «bewaffnet» nur mit Goalie-Handschuhen, wie damals mit Serey Die, um den Jungs zu zeigen, dass ich bei ihnen bin.

Und das Ergebnis?
Einzig Baltazar hat mir den Freistoss reinhauen können. Nicht mal Pajtim Kasami. Das war das Wichtigste!

Das war dann wohl aus 40 Metern ...
Also bitte! 18 Meter.

Aber mit einer Zehn-Meter-Freistossmauer …
Nein, die übliche aus Metall. Vier Mann.

Haben Sie nie am Ligaerhalt gezweifelt?
Wie haben Sie mich in dieser Zeit erlebt, als wir weiter verloren, nach einem einzigen Sieg aus zwölf Spielen?

Eben: erstaunlich ruhig.
Also nicht als einer, der vor Wut ausser sich ist. Ich habe diese Strategie bewusst gewählt. Denn ich sah das Team in jeder Hinsicht Fortschritte machen.

Haben Sie nach dem Ligaerhalt mit dem Sieg in Genf eine schöne Flasche einheimischen Weins aufgemacht?
Ich war mit Generaldirektor Marco Degennaro in Genf. Ich sagte ihm: Trinken wir wenigstens ein Bierchen auf die erfolgreiche Mission. Doch wir haben in Genf keine Bar gefunden, die offen war …

Welches ist der beste Walliser Wein?
Ich könnte Ihnen den einen oder anderen nennen. Aber es gibt derart viel gute, dass eine Aufzählung den Rahmen dieser Zeitung sprengen würde.

Die Weinbranche ist in der Krise. Der Tourismus darbt. Dem Wallis gehts wirtschaftlich schlecht. Dem Fussball auch.
Alle Bereiche, die mit Events zu tun haben, sind in einer Monumentalkrise. Im Wallis hätten wir das abfedern können, wenn wir Ja für die Olympischen Spiele gestimmt hätten. Das hätte einen Boost für diese Bereiche gebracht. Das war ein grosser Fehler des Walliser Stimmvolks.

Wie wäre es, wenn man die neue Saison mit 1000 Menschen im Stadion starten müsste?
Die Liga hatte uns ja finanzielle Hilfe versprochen. Doch das war ein leeres Versprechen. Ein klassisches Wahlversprechen, damit wir dem Re-Start zustimmen, das danach nicht gehalten wurde. Kurz: 1000 Zuschauer bringt die Klubs in Konkursgefahr.

Österreich erlaubt wieder 10 000 Zuschauer.
Ja, aber dort sind die Fallzahlen auch besser. Bei uns ist die Tendenz eine andere. Nämlich das es bei diesen 1000 bleibt. Das ist, was ich gehört habe. Definitiv wissen wir es am 12. August.

Mit rund 1000 Anwesenden hat man wenigstens ein klein bisschen Stimmung im Stadion. Das Europa-League-Spiel Basel gegen Frankfurt ohne einen einzigen Fan war ganz schrecklich anzuschauen.
Und die Uefa will das bis Ende Jahr so beibehalten.

Tötet das den Fussball ein klein bisschen?
Ein klein bisschen? Sie machen Scherze! Der Fussball stirbt nicht an diesem Virus, sondern so.

Und dann steht eine Maskenpflicht im ganzen Stadion im Raum.
Das wäre schlimm. Man würde sich vorkommen wie in einem nach einer Atomexplosion kontaminierten Gebiet.

Reden wir vom Cup. Der ist brutal auseinandergerissen worden. Basel hat Mitte Juni gespielt. Jetzt folgten die restlichen Viertelfinals. Am Sonntag der Knüller in Bern. Und dann Ende August der Basler Halbfinal und der Final. Das ist ziemlich schräg.
Ist es. Zudem müssen wir den Final mit den Spielern der alten Saison bestreiten. Dies nachdem bereits die neue Europacup-Saison angelaufen ist und zwölf Tage vor dem Start in die neue Saison.

Machen Sie sich Sorgen um den Cup?
Ja. Und das habe ich Verbandspräsident Dominique Blanc auch klar gesagt. Ich habe ihn gewarnt, nicht zum Totengräber des Cups zu werden.

Was ist die Wichtigkeit des Cups?
Es ist der einzige Anlass, der Amateure und Profis zusammenbringt. Er eint Stadt und Land. Es ist doch herrlich, zum Beispiel in Rapperswil zu spielen. Da bin ich hochsensibel. Es ist der Wettbewerb, der auch Nicht-Fussballfans interessiert.

Was werfen Sie denn Blanc vor?
Dass es der Fussballverband nicht fertiggebracht hat, bei der Neuansetzung der Meisterschaft die Cuptermine fix in den Kalender zu integrieren, wie das im Ausland gemacht wurde. Dann hätten wir diesen Final nicht an diesem bizarren Datum. Und der Cupsieger würde seinen Platz im Europacup erhalten, wie es sich gehört. Cup, das ist nationaler Wettbewerb, wie das Schwingen. Ich würde sogar versuchen, in einem Jahr des Eidgenössischen den Cupfinal irgendwie in diesen Anlass zu integrieren.

Nun treffen Sie im Halbfinal auf YB. Gegen die Berner hat der FC Sion die einzige Niederlage in den letzten acht Runden erlitten. Sie brennen sicher auf Revanche.
Klar. Aber vor allem ist es das Duell der beiden besten Teams des letzten Quartals. YB Erste, wir Zweite. Wir gehen nach Bern, um uns das Finalticket zu holen.

Was macht YB besser als alle anderen?
YB hat die grosse Leistung vollbracht, sich für die Champions League zu qualifizieren. Das hievt einen Klub finanziell auf ein anderes Level. Deshalb hat YB den FCB als Nummer eins abgelöst. Und: In Bern wird sehr gut gearbeitet.

Ihre Mannschaft wirkte im Halbfinal in Rapperswil müde, vor allem geistig.
Alles sind doch müde. Auch YB wird das spüren. Die haben ja gleich viele Spiele gemacht wie wir. Mit dem Unterschied, dass sie immer zu jenen Terminen spielen konnten, an welchen die Spiele angesetzt waren.

Die Berner mögen müde sein, aber sie haben die weit bessere Ersatzbank, könnten sogar mit dem zweiten Anzug antreten.
Ich habe nie gesagt, dass wir Favorit sind. Das ist und bleibt YB.

Und im Final wartet wohl der FC Basel, der gegen Challenge-League-Klub Winterthur spielt.
Jetzt, da dieses Interview stattfindet, sind wir nicht für den Final qualifiziert.

Aber es wäre schon speziell, zum dritten Mal in Folge gegen den FC Basel in einem Cupfinal zu stehen, und die Schmach von 2017 korrigieren zu können, der Sie ja zur Elimination aller Verlierer dieses Spiels veranlasst hat.
Nochmals. Ich spreche nicht über den Final, den Stand jetzt noch niemand erreicht hat.

Bleiben Sie Ihrer Strategie, ruhig zu bleiben, auch in der neuen Saison treu?
Ich war doch auch zuvor nicht weniger ruhig … Ich hatte zu Corona-Zeiten ganz einfach mehr Medienpräsenz, weil Sie doch jemanden brauchten, der sich klar positionierte und so für Schlagzeilen sorgte, als es ja keine Fussballspiele gab, über die man hätte schreiben können…

Nochmals: Ist der Polterer CC gestorben?
Der würde ihnen fehlen – nicht? (lacht laut)

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