Zwei Tage danach. Weltweit haben sich die Emotionen nach dem Final-Thriller in der 1297. und letzten Runde der Saison (Video unten) noch nicht gelegt. Auch bei Mercedes nicht, das bis am Donnerstag Zeit hat, Berufung gegen das FIA-Urteil einzulegen. Offenbar geht es dem achtfachen Team-Weltmeister nur noch darum, dass die FIA öffentlich zugeben muss, Fehler gemacht zu haben!
Nun, dieses Finale wird FIA-Boss Jean Todt (75) nach 12 Amtsjahren nicht gefreut haben. Dem Franzosen verdankt die Formel 1 vieles – vor allem beim Thema Sicherheit. Sein Nachfolger am Freitag: Ein Araber oder Brite. Hier der etwas andere Saison-Rückblick.
Abstauber des Jahres
Ferrari – Sie traten als WM-Sechster 2020 voller Hoffnung und mit einem neuen Motor in die zweite Pandemie-Saison. Okay, das Team, das zuletzt 2019 in Singapur mit Vettel siegte, grüsst jetzt als WM-Dritter. Wenn die zwei Top-Teams Probleme hatten, gabs sogar fünf Podest-Ränge (Leclerc einmal Zweiter, Sainz einmal Zweiter dreimal Dritter). Aber aufgepasst. In den meisten Rennen hatten die Roten eine Minute oder mehr Rückstand. Das stinkt den Chefs in Maranello.
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Rookie des Jahres
Tsunoda – Eigentlich war diese Auszeichnung 2021 bis zum Finale gar nicht vorgesehen. Doch der Japaner Yuki Tsunoda (20) liess im Alpha Tauri-Honda in Abu Dhabi noch die Puppen tanzen. Am Samstag verhinderte er die 0:22-Niederlage bei den Trainingsduellen gegen Gasly. Am Sonntag wurde er Vierter. Beim Rookie-Duell mit dem schwachen Haas-Ferrari siegte Schumi (12. in Ungarn) trotz sieben Unfällen klar vor Mazepin (14. in Baku).
Comeback des Jahres
Alonso – Der Spanier, der 2001 in Australien mit Räikkönen seine Karriere startete, hatte Ende 2018 die Schnauze voll: zwei Jahre Pause. Mit jetzt 40 Jahren kam er bei Alpine zurück, machte grosse Sprüche, aber half Teamkollege Ocon in Ungarn als «Hamilton-Bremser» zum Sieg und stand in Katar als Dritter selbst auf dem Podest. Mit jetzt 334 Rennen wird er Ende 2022 Kimi als Fahrer mit den meisten GP-Einsätzen ablösen.
Unwort des Jahres
Track Limits – Sie sind zum Ärgernis der Formel 1 geworden. Die Kurven, wo der Pilot mit allen Rädern neben der Strecke ist. An gewissen Orten tritt dann die Regel mit den Track Limits in Kraft – und sofort werden diese Rundenzeiten gestrichen. Im Rennen gibt’s zuerst zwei Verwarnungen. Dann eine Fünf-Sekunden-Strafe. Hier sucht die Formel 1 nach besseren Möglichkeiten, dieses Unwort des Jahres auf den Mond zu schiessen.
Nullnummer des Jahres
Baku – Beide Titeljäger machten sich vor Abu Dhabi natürlich Gedanken, wo wertvolle Punkte verloren gingen. Bei Verstappen war es der Reifenplatzer in klarer Führung in Baku. Für die letzten zwei Runden gabs dann einen Neustart. Hamilton hätte neben «Pole-Mann» Pérez locker die 18 geschenkten Punkte einsammeln können. Doch der Brite wollte vor der ersten Kurve alles, drückte den falschen Knopf – ab in den Notausgang. Nur Platz 15.
Skandal des Jahres
Spa – Erstmals seit Malaysia 2009 wurden beim GP Belgien wieder halbe Punkte vergeben. Nach einem «Rennen», das über fünf Stunden dauerte und immer wieder verschoben wurde. In der Dunkelheit ging es hinter dem Safety Car los. Für drei Runden ohne Action (eine wurde gewertet) . 80'000 Fans hatten im Dauerregen ausgeharrt und pfiffen die Formel 1 gnadenlos aus. Es «siegte» Verstappen (12,5 Punkte) vor Russell und Hamilton.
Jubiläum des Jahres
Hamilton – Der Brite holte sich beim GP Russland den 100. GP-Sieg. Ein Meilenstein für die Ewigkeit? Nun, als Michael Schumacher 2006 in Shanghai den 91. Sieg feierte (72 auf Ferrari), war Lewis nicht einmal in der Formel 1. Und alle glaubten, dass die Zahl 91 die Formel 1 überleben würde. Jetzt hat Hamilton 103 Siege. Seine 100. Pole eroberte er übrigens im Mai in Barcelona.
Die Pandemie des Jahres
Corona – Die Formel 1 kann nach zwei Jahren mit dem Coronavirus eine positive Bilanz ziehen – weil die Tests eben meist negativ waren. 2020 brachte man die 17 Rennen über die Bühne, dieses Jahr waren es sogar 22. Klarer Testsieger im grossen GP-Zirkus 2021: Brasilien – null Fälle bei über 4000 Tests. Mitte Saison musste Räikkönen zwei Rennen auslassen, Mazepin das Finale. Letztes Jahr waren noch sechs Piloten positiv. Darunter Hamilton und Leclerc.
Der Ausstieg des Jahres
Räikkönen – Der nach aussen stets stille Finne sagt nach 20 Jahren (mit zwei Jahren Formel-1-Pause) dem Sport ade, der ihn zum weit über 100-fachen Millionär machte. «Ich weiss nicht, was mich in meinem neuen Leben erwartet. Aber irgendwie bin ich auch froh, dass der tägliche Druck weg ist!» Unzählige Fans sind jetzt traurig, dass der «Iceman» keine Runden mehr dreht. Sein Kumpel Vettel: «Kimi wird beim Abschied sicher nicht weinen!»
Neuheit des Jahres
Sprintrennen – Die Formel 1 fühlt sich offenbar nicht wohl, wenn man nicht dauernd was ändern kann. 2021 waren es die drei Sprintrennen in Silverstone, Monza und Sao Paulo über je 100 Kilometer. Das Rennergebnis am Samstag ist dann jeweils die Startaufstellung für Sonntag. Zweimal siegte Bottas, einmal Verstappen. Das grösste Spektakel lieferte Hamilton in Brasilien, als er vom letzten Platz bis zum Ziel an 15 Rivalen vorbeisprintete. 2022 sind sechs Sprintrennen geplant.
Crash des Jahres
Monza – Wenn sich zwei Piloten zu nahe kommen, dann kracht es eben. Am spektakulärsten war die Karambolage in der ersten Monza-Schikane. Am Ende landete Verstappen (weil ihn links die Randsteine hoch katapultierten) auf dem Cockpit von Hamilton. Am heftigsten war der Solo-Ausritt von Verstappen (nach Berührung mit Hamilton) in Silverstone. Riesenglück hatten Bottas und Russell in Imola bei ihrem 300-km/h-Flirt – Millionenschaden.
Trauernachricht des Jahres
Sir Frank Williams – Am ersten Adventssonntag starb mit Sir Frank Williams (†79) einer der grössten Formel-1-Teamchefs. Sein Freund Bernie Ecclestone (91): «Keiner hat unseren Sport mehr geliebt als Frank!» Mehrmals rettete er Williams mit Millionen vor dem Aus. Frank sass seit einem Autounfall 1986 im Rollstuhl, übergab später sein Lebenswerk an Tochter Claire. 2020 musste das Team an US-Investoren verkauft werden. Williams hatte als einziger Tetraplegiker auf dieser Welt mehr als 34 Jahre überlebt.
Doppelsieg des Jahres
McLaren-Mercedes – Darauf hätte man inmitten der Dominanz von Red Bull und Mercedes wetten müssen. In Monza feierte McLaren-Mercedes mit Ricciardo und Norris einen historischen Doppelsieg. Weil sich Max und Lewis selbst eliminierten. Nun für McLaren schien der dritte WM-Platz möglich. Doch später fiel man drei Rennen in Serie (total nur 4 Punkte) in ein tiefes Loch. Das konnte das sympathische Seidl-Team nie mehr wettmachen.
Transfer des Jahres
Bottas – Es war längst klar, dass der Finne Valtteri Bottas (32) nach fünf Jahren und 101 Rennen bei Mercedes dem Briten George Russell (24) Platz machen muss. Dem zehnfachen GP-Sieger blieben nur zwei Optionen Rücktritt oder Hinwil. Alfa-Sauber-Chef Vasseur gelang vor Monza der Transfercoup. Und Bottas scheint richtig heiss auf den Job: «Mit dem neuen Reglement beginnen doch alle bei null. Ich hoffe, ich kann dem Team helfen.» Das sollte gelingen, Alfa-Sauber startet als WM-Neunter.
Überhol-König des Jahres
Vettel – Der WM-Zwölfte mit 43 Punkten, Sebastian Vettel (34), überlegte lange, ob er sich über den Preis freuen soll. Denn ab 2021 gibt es erstmals eine Trophäe für den Mann mit den meisten Überholmanövern in den 22 Rennen und den drei Sprints. Vettel siegte im Aston Martin-Mercedes mit 132 erfolgreichen Manövern vor Alonso (128), Räikkönen (127), Stroll (118) und Sainz (115). Sensationell: Hamilton überholte in den zwei Brasil-Shows total 25 Rivalen!
Die Liebe des Jahres
Kelly und Max – Hat der neue Weltmeister Max Verstappen (24) mit der Brasilianerin Kelly Piquet (wurde am 7. Dezember 33) endlich seine grosse Liebe gefunden? Nun, die Tochter des dreifachen Weltmeisters Nelson, hat mit Ex-GP-Pilot Daniil Kvyat ein Kind – und zog zu Max. So ein Formel-1-Wechselspiel (aber ohne Kind) gab es schon früher – als die Freundin von Heinz-Harald Frentzen (Corinna) zu Michael Schumacher zog.