Die Spannung vor einer neuen Saison erreicht dann normalerweise in den letzten Minuten unter Flutlicht den Höhepunkt. Dann krönt die weichste Pirelli-Gummimischung (C5) Helden oder sorgt eben für tiefe Sorgenfalten.
Pérez siegte mit C4…
Nun, 80 Minuten vor Ende startete Hamilton die Show mit 1:30,781. Zwölf Minuten später sorgte Pérez mit 1:30,616 für die Bestzeit. Später sogar 1:30,305. Dem mexikanischen Bullen reichte sogar der C4-Gummi! So überlegen ist Red Bull.
Eine Stunde vor Schluss dann ein Angriff von Alfa-Sauber. Doch es reichte nur zu Platz drei. Das Ferrari-Duo wollte offenbar nicht aufs Podest – und die FIA stoppte die Spannung mit dem Üben von Safety-Car-Phasen…
Max schaute lächelnd zu
Der WM-Favorit war bei der Stoppuhr-Orgie nicht mehr dabei: Max Verstappen (25). Während seine Kollegen noch um den 5,412 km langen Kurs rasten, gab der Holländer locker Interviews: «Wir sind bereit. Ich habe mit meinen Ingenieuren genug gesehen. Jetzt kann es losgehen.» Genau am nächsten Freitag am gleichen Ort.
Auf dem Papier scheint die «Gefahr» für den 15-fachen GP-Sieger 2022 (hier als einziger nie mit den zwei weichsten Mischungen unterwegs!) aus der gleichen Ecke wie vor einem Jahr zu kommen – aus Maranello.
Ferrari 0,6 Sekunden hinten
Unter der neuen Führung des Franzosen Frédéric Vasseur (54) ist Ferrari als Zweiter bei den Piloten (Leclerc) und bei den Teams ganz klar zum Siegen verdammt. Bullen-Motorsportchef Dr. Helmut Marko zu Blick: «Ferrari verliert auf uns 0,6 Sekunden pro Runde!»
Das ist auf jede Renndistanz rund um den Erdball eine halbe Ewigkeit!
Mercedes bleibt Fragezeichen
Viele Experten zweifeln an der Konstanz der Roten. Aber noch mehr zweifeln sie an der Wiederauferstehung von Mercedes. Chef Toto Wolff, bei jedem Rennen vom Ehrgeiz gepackt, aber immer als Realist durch die Gegend laufend: «Uns fehlt etwa eine Sekunde auf Red Bull. Und beim Beschleunigen macht auch Aston Martin einen tollen Eindruck.» Wenigstens mit Mercedes-Power…
Der Siebenfach-Weltmeister Sir Lewis Hamilton (38), seit 24 Rennen (seit Saudi-Arabien 2021) ohne Sieg: «Zum Glück haben wir über den Winter dieses lästige Bouncing weggebracht!» Also kein Holpern mehr auf dem Asphalt.
Sieg mit mehr als 300 Rennen?
Der Brite könnte 2023 Geschichte schreiben. Noch nie gewann ein Fahrer mit über 300 WM-Läufen einen Grand Prix! Hamilton bestreitet am nächsten Sonntag sein 311. Rennen…
Für Helmut Marko könnte Mercedes eine weitere böse Überraschung drohen: «Ich bin überzeugt, dass Aston Martin oder Alpine bei einigen Rennen Mercedes ärgern kann!»
Bottas musste warten…
Bei Alfa-Sauber verlief der letzte Testtag etwas seltsam. Der Finne Valtteri Bottas (33) fuhr bis zur letzten Stunde immer unter dem Radar der Zeitmessung durch, drehte fast anonym seine über 100 Runden.
Doch bei Aston Martin merkte man sofort: «Bottas war auf einer sehr guten Simulation eines Rennens.» Bis ihn ein Problem im Motoren-Umfeld für einige Zeit an die Boxen zwang.
Beim «Finale» mit dem C5-Gummi war dann Bottas voller Kampfeslust – Position 3 mit 1:30,827. Oder um 0,8 Sekunden schneller als Teamkollege Zhou am Freitag bei dessen Tagessieg!
Etwas Optimismus erlaubt
Die treuen Fans der Hinwiler Mannschaft können der Saison 2023 also mit leichtem Optimismus entgegenblicken. Die Verteidigung des 6. WM-Platzes wäre als Start in die Seidl-Ära ein schöner Erfolg. Ein langjähriger Sauber-Mitarbeiter: «Seidl ist das Beste, was unserem Team passieren konnte!»