In der Nacht auf Samstag kurz nach 02.30 Uhr (MEZ) die Erlösung. Nicole Reist (37) überquert die Ziellinie in Annapolis (Maryland). Hinter der Zürcherin liegt eine 4963 Kilometer lange Velo-Tortur quer durch die USA – von der Westküste an die Ostküste. Über 55'000 Höhenmeter musste die «Berggeiss» überwinden. Das Race Across America (RAAM) wird seinem Ruf als härtestes Radrennen der Welt einmal mehr gerecht.
Das Race Across America (RAAM) ist das härteste und längste Ultracycling-Rennen der Welt: Über 4888 Kilometer und 55'000 Höhenmeter geht es von Oceanside in Kalifornien an der Westküste durch 12 Staaten nonstop bis nach Annapolis in Maryland an der Ostküste, nonstop. Am Start waren rund 150 Fahrer und Fahrerinnen, die in 2er-, 4er- oder 8er-Teams ins Rennen gingen. In den ersten 40 Austragungen konnten erst 37 Frauen das RAAM als Solo-Starterinnen beenden.
Das Race Across America (RAAM) ist das härteste und längste Ultracycling-Rennen der Welt: Über 4888 Kilometer und 55'000 Höhenmeter geht es von Oceanside in Kalifornien an der Westküste durch 12 Staaten nonstop bis nach Annapolis in Maryland an der Ostküste, nonstop. Am Start waren rund 150 Fahrer und Fahrerinnen, die in 2er-, 4er- oder 8er-Teams ins Rennen gingen. In den ersten 40 Austragungen konnten erst 37 Frauen das RAAM als Solo-Starterinnen beenden.
Lange sah es so aus, als ob Reist der gesamten Konkurrenz – auch der männlichen – keine Chance lässt. Nebst ihrer gigantischen Ausdauer beschränkt sie die Ruhezeit auf ein Minimum. Oft schläft sie nur eine Stunde, während die Kontrahenten längere Pausen einlegen. Beim RAAM kann sich jeder Teilnehmer die Etappen selbst einteilen.
Zwei Stürze werfen Reist zurück
Noch am Donnerstag prognostizierten die Organisatoren für Reist eine Ankunftszeit um ca. 15.30 Uhr (MEZ) am Freitagnachmittag. Danach überschlagen sich jedoch die Ereignisse. In den hügeligen Appalachen – ihrem Lieblingsterritorium – stürzt die Hochbautechnikerin bei einem Ausweichmanöver, wie ihr Team auf den sozialen Medien schreibt: «Sie hat einige Zeit benötigt, bis sie weiterfahren konnte.» Konkret: Vier Stunden gingen flöten.
Der Vorsprung schmilzt stetig. Von hinten kommt der Neuseeländer Allan Jefferson angeflogen. Ein zweiter Sturz überschattet die letzten Kilometer der Schweizerin. Ein Unfall mit schwerwiegende Folgen. Die Athletin könne nicht mehr eigenständig vom Rad auf- und absteigen, meldet das Team. Die Ärztin, welche vor Ort ist, gibt grünes Licht für die Weiterfahrt. «Es war ein einziger Kampf. Das härteste Rennen meines Lebens. Ich habe noch nie so gelitten, wie auf diesen letzten gut 320 Kilometern», wird Reist in einer Medienmitteilung zitiert. Während der Körper langsam aber sicher zu rebellieren beginnt – sogar eine Rippe ist gebrochen – lässt der Kopf keine Zweifel am erfolgreichen Abschluss des verrückten Vorhabens aufkommen.
Am Sonntag feiert sie Geburtstag
Nach zehn Tagen, vier Stunden und dreizehn Minuten ist es geschafft, Reist kommt in der Nähe von Washington als erste Frau ins Ziel. Nur zwei Männern waren noch schneller als die Zürcherin. «Natürlich bin ich enttäuscht, dass der zum Greifen nahe Traum des Gesamtsieges so kurz vor dem Ziel geplatzt ist.» Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 20,02 km/h verpasst sie jedoch den angestrebten Tempo-Rekord der Frauen von RAAM-Legende Seana Hogan aus dem Jahr 1995. Die Amerikanerin absolvierte das Rennen dazumal mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 21,3 km/h.
Nach 2016 und 2018 triumphiert Reist zum dritten Mal in der Einzelkategorie der Frauen beim härtesten Radrennen der Welt und das mit nur insgesamt rund 9 Stunden Schlaf. Am Sonntag wird die Zürcherin 38 Jahre alt. Es würde nicht erstaunen, wenn sie ihren Geburtstag im Land der Träume verbringen würde.