Schweizerin fährt der weiblichen Konkurrenz davon
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5000 Kilometer in 12 Tagen:Schweizerin fährt der weiblichen Konkurrenz davon

Beim härtesten Radrennen der Welt – quer durch die USA
Schweizerin Reist fährt auch den Männern davon

Die Zürcherin Nicole Reist fährt beim Race Across America allen davon. Wenn sie das durchzieht, kann sie sogar einen Rekord aufstellen.
Publiziert: 24.06.2022 um 00:40 Uhr
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Aktualisiert: 25.06.2022 um 08:12 Uhr
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Eindrückliche Kulisse: Nicole Reist durchquert seit vorletztem Dienstag die USA.
Foto: Noah Diesing
Emanuel Gisi

Jetzt ist sie wieder auf ihrem Lieblingsterritorium. Nicole Reist (37), Spitzname «Berggeiss», hat die Hügel von Virginia erreicht. Vor über acht Tagen schwang sie sich in Oceanside an der kalifornischen Pazifikküste in den Fahrradsattel, seither ist sie unterwegs – sogar ein Rekord ist noch möglich.

Rund 5000 Kilometer und 55’000 Höhenmeter gilt es beim Extrem-Radrennen «Race Across America» (RAAM) insgesamt zurückzulegen, bereits mehr als 4400 km hat die Zürcherin geschafft. Und dies in beeindruckender Manier. In der Einzel-Kategorie fährt sie derzeit allen davon.

Kann sie es durchziehen?

Auch den Männern. Etwa 100 Kilometer beträgt ihr Vorsprung am Donnerstagabend auf ihren ersten Verfolger Allan Jefferson. Wenn sie ihre Durchschnittsgeschwindigkeit von 14,7 Meilen pro Stunde aufrecht erhalten kann, ist ihr neben dem Sieg auch der neue Frauenrekord nicht mehr zu nehmen.

Race Across America

Das Race Across America (RAAM) ist das härteste und längste Ultracycling-Rennen der Welt: Über 4888 Kilometer und 55'000 Höhenmeter geht es von Oceanside in Kalifornien an der Westküste durch 12 Staaten nonstop bis nach Annapolis in Maryland an der Ostküste, nonstop. Am Start waren rund 150 Fahrer und Fahrerinnen, die in 2er-, 4er- oder 8er-Teams ins Rennen gingen. In den ersten 40 Austragungen konnten erst 37 Frauen das RAAM als Solo-Starterinnen beenden.

Das Race Across America (RAAM) ist das härteste und längste Ultracycling-Rennen der Welt: Über 4888 Kilometer und 55'000 Höhenmeter geht es von Oceanside in Kalifornien an der Westküste durch 12 Staaten nonstop bis nach Annapolis in Maryland an der Ostküste, nonstop. Am Start waren rund 150 Fahrer und Fahrerinnen, die in 2er-, 4er- oder 8er-Teams ins Rennen gingen. In den ersten 40 Austragungen konnten erst 37 Frauen das RAAM als Solo-Starterinnen beenden.

Eine wahnwitzige Leistung, obwohl in den letzten Wochen längst nicht alles nach Plan lief. Zuerst ging auf dem Flug in die USA das komplette Gepäck verloren – inklusive Velos. Und auch im Rennen blieb es turbulent: Mit Temperaturen von mehr als 40 Grad in der Wüste von Arizona, einer Umleitung wegen einer brennenden Pipeline und einer Panne des Begleitfahrzeugs in den Rocky Mountains. Ausgerechnet auf dem Wolf Creek Pass, mit über 3000 Metern über Meer, dem höchsten Punkt des Rennens.

Trotz allem scheint Reists Plan nun also aufzugehen, das Ziel in Annapolis im US-Bundesstaat Maryland hat sie fest im Visier. Und eben: Nach den weiten, windigen Ebenen zwischen Rockies und Ostküste des Kontinents kommt jetzt das Terrain der von Bergziege Reist: die Appalachen. «Ich freue mich extrem auf das Gebirge an der Ostküste», sagt sie. «Das ist mein Terrain – und viel weniger langweilig als die Fläche. Ich fokussiere mich aber stets auf den Moment, nur Tritt für Tritt komme ich meinem Ziel näher!»

Schlafen? Erst später!

Es wäre Reists dritter RAAM-Sieg in ihrer Karriere (nach 2016 und 2018) und der Lohn für einen riesigen Aufwand. Ihr Pensum ist beeindruckend: Wenn sie im Training ist, steht sie um 1.30 Uhr für ihre erste Einheit auf, von 5 Uhr morgens an arbeitet sie in ihrem 100-Prozent-Job als Hochbautechnikerin. Nach Feierabend um 16 Uhr gibt es noch einmal ein Training, zwischen 19 und 20 Uhr geht sie ins Bett, wie sie dem «Rennrad»-Magazin einst erklärte.
Zum Schlafen ist sie in diesen Tagen übrigens kaum gekommen: Teil ihrer Strategie sind extrem kurze Pausen, alle Konkurrenten legten sich während des Rennens länger aufs Ohr. Aber dafür wird Reist bereits am Freitag nach der möglichen Zielankunft noch genügend Zeit haben.

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