Bilder und ein Video gehen um die Welt, bei denen jeder politisch halbwegs informierte Mensch zumindest erstaunt die Augenbrauen hochziehen muss. Zu sehen sind da Alexander Lukaschenko, der Präsident von Belarus, und René Fasel, der Schweizer Boss des internationalen Eishockey-Verbandes IIHF.
Das 66-jährige Staatsoberhaupt und der 70-jährige Sportfunktionär geben sich in Minsk nicht nur innig die Hände, sondern umarmen sich vor laufenden Kameras auch herzlich.
Die Aussenwirkung ist klar: Fasel geht nicht auf Distanz zum Despoten, der nicht nur in den letzten Monaten, aber während der Massenproteste zuletzt besonders sichtbar, durch Menschenrechtsverletzungen aufgefallen ist.
Auf Anfrage von BLICK wollte sich Fasel noch nicht dazu äussern. Von der IIHF wird Fasel zu seinem Besuch in Minsk mit den Worten zitiert: «Die Situation ist heute grundlegend anders als 2014, als wir trotz gewissem Widerstand eine perfekt organisierte Weltmeisterschaft erhalten haben. Wir können uns alle noch gut daran erinnern. Die Umstände in Belarus haben sich seit dem vergangenen Sommer verändert. Wir sind hier, um die Situation anzusprechen und konstruktive Lösungen zu finden.»
IIHF will Ende Januar über WM entscheiden
Dass es für den Freiburger Handlungsbedarf gibt, ist offensichtlich. Denn bis Ende Januar will die IIHF entscheiden, ob die Eishockey-WM vom 21. Mai bis zum 6. Juni, die in Riga (Lett) und Minsk geplant war, stattfinden kann.
Die Letten haben längst signalisiert, dass sie nicht mehr mit dem untragbar gewordenen Partner zusammenspannen wollen. Und zuletzt hatte der dänische Verband einen Boykott angekündigt, für den Fall, dass in Belarus gespielt würde.
Auch weissrussische Sportler und Politiker aus ganz Europa forderten, dass die WM nicht in Belarus stattfinden dürfe. Sie wandten sich dabei direkt an Fasel.
«Bei uns stürmen Protestierende keine Regierungsgebäude»
Zur politischen Dimension kommt auch noch die Corona-Problematik. Alternativ-Standorte zu finden, ist deshalb äusserst schwierig. Denn ohne Zuschauer oder mit stark reduzierten Kapazitäten ist eine WM für Veranstalter nicht interessant. Und Fasels Freund Wladimir Putin kann auch nicht einspringen, da Russland wegen Staatsdopings gesperrt ist und keine Sport-Events beherbergen darf.
Fasel solle sich dem Druck nicht beugen, fordert Lukaschenko und bekräftigt, dass Weissrussland ein sicheres Land sei. «Bei uns stürmen Protestierende und ähnliche Unzufriedene keine Regierungsgebäude und das Kapitol von Belarus», sagte er.
Schweizer Verband nimmt Stellung
Bereits hat Fasels herzliches Treffen mit Lukaschenko harsche Kritik und Rücktrittsforderungen ausgelöst. Der ehemalige Zahnarzt und Schiedsrichter wollte eigentlich schon nach der WM 2020 in der Schweiz abtreten, blieb aber nach der WM-Absage und wegen Corona noch im Amt.
Inzwischen hat sich auch der Schweizer Eishockeyverband zu Wort gemeldet. «Wir verurteilen jegliche Form von Gewalt und Verstösse gegen Menschenrechte aufs Schärfste. Wir haben der IIHF unsere grosse Besorgnis in Bezug auf die Durchführung der A-WM in Minsk bereits mehrfach mitgeteilt und erwarten, dass der internationale Eishockeyverband baldmöglichst einen Entscheid trifft bzw. eine Erklärung abgibt», so SIHF-Präsident Michael Rindlisbacher.
«Eine sichere und erfolgreiche Durchführung und Teilnahme an der A-Weltmeisterschaft hat für Swiss Ice Hockey höchste Priorität. Wir sind uns unserer grossen Verantwortung bewusst und werden nie eine Delegation fahrlässig einem Sicherheitsrisiko aussetzen», heisst es weiter. Eine Verschiebung der WM 2021 in die Schweiz sei keine Option. «Dieser Entscheid wurde bereits im Mai 2020 gefällt und daran hat sich nichts geändert.»