Die letzte Eishockey-WM in der Schweiz wurde im letzten Frühling wegen Corona abgesagt. Die nächste soll vom 21. Mai bis zum 6. Juni) in Minsk und Riga über die Bühne gehen. So war es geplant. Doch das scheint immer unwahrscheinlicher.
Längst ist es auch zu massiven Spannungen zwischen den WM-Partnern Lettland und Belarus gekommen. Weil Belarus-Machthaber Alexander Lukaschenko Proteste im Land seit über 100 Tagen brutal niederschlägt, hat die Regierung des Balten-Staates schon verkündet, dass man das Turnier nicht mehr zusammen mit den Weissrussen veranstalten will. Und nun kam es zu einem weiteren Eklat.
Verbandsboss bei Tod von Demonstrant dabei
Dabei steht Dimitrij Baskow (42), der Boss des Eishockey-Verbandes, im Zentrum. Er soll auf einem Video zu sehen sein, wie er aus nächster Nähe einen Überfall verfolgte, bei dem der Demonstrant Raman Bandarenka (31) von Maskierten zusammengeschlagen wurde und in der Folge verstarb. Die lettische Regierung hat Baskow und den als Täter identifizierten Ex-Kickboxer Dimitri Schakuta (40) jetzt auf eine Schwarze Liste gesetzt und zu unerwünschten Personen erklärt, die Lettland nicht mehr betreten dürfen.
Diktator ausser Rand und Band Schluss für WM in Belarus?
Mit der WM und Minsk beschäftigt sich auch der internationale Eishockey-Verband IIHF. Eine Experten-Gruppe wurde eingesetzt, die nun Bericht erstattete. Dies habe Diskussionen beim IIHF-Council ausgelöst, sagt der Schweizer IIHF-Boss René Fasel (70) auf der Verbandsseite. «Es gibt Probleme in Belarus, die wir ernst nehmen müssen, weil ein beträchtliches Risiko besteht, dass die gegenwärtigen Herausforderungen in Minsk, die Position der lettischen Regierung als Co-Gastgeber und die Covid-19-Pandemie grosse Auswirkungen auf die WM 2021 in Minsk und Riga haben werden.»
IIHF wartet noch mit Entscheid zu
Neben Sicherheitsbedenken habe der IIHF-Bericht auch Skepsis an den in Belarus gemeldeten Infektionszahlen und den Massnahmen, die Pandemie in den Griff zu kriegen, angebracht. Im Frühling hatte Lukaschenko für die Corona-Bekämpfung empfohlen: «Die Menschen sollten zur körperlichen Stärkung Eishockey spielen, Wodka trinken, Traktor fahren und in die Sauna gehen.»
Unter normalen Bedingungen «wäre es im Moment nicht realistisch, dass Belarus und Lettland die Durchführung des WM-Turniers garantieren könnten», sagt Fasel, der seine Amtszeit wegen der Corona-Krise um ein Jahr verlängerte. Die IIHF will zuwarten. Es müsse sicher gestellt sein, dass die WM «an einem sicheren Ort für alle und auf verantwortungsvolle Weise stattfindet», so Fasel.
Schweizer Heim-WM frühestens 2023
Mancher denkt sich da vielleicht schon: Da könnte ja die Schweiz für Belarus einspringen? So weit wird es nicht kommen. Auch wenn für den letzten Frühling in Zürich und Lausanne alles bereit war, ehe das Turnier abgesagt werden musste, lässt sich bei uns eine WM nicht aus dem Hut zaubern. Und das Risiko wäre angesichts der unvorhersehbaren epidemiologischen Lage viel zu gross. Zudem: Eine WM ohne NHL-Stars – und die dürften im nächsten Mai noch mit ihrer eigenen Meisterschaft beschäftigt sein, falls in Übersee gespielt wird – ist weit weniger attraktiv.
Eine Heim-WM für die Schweiz könnte allenfalls 2023 infrage kommen, falls Russland – das CAS beschäftigt derzeit mit dem Rekurs gegen die Sperre wegen Staatsdopings – ausfällt. Oder sonst frühestens 2026.
Falls es 2021 zu einer WM-Absage kommen sollte, könnte das der hiesigen Liga zu pass kommen. Dann hätte man mehr Raum, alle Spiele auszutragen und auch die Playoffs gebührend zu zelebrieren, im besten Fall mit Fans in den Stadien.