Mit diesem Spiel habe man das Turnier zerstört. Das sagte Nati-Coach Patrick Fischer nach dem Viertelfinal-Out 2021 gegen Deutschland. Eine Aussage, die man jetzt, zwei Jahre später, bequem wieder aus der Büchse holen kann: der gleiche Gegner, die gleiche Bühne, das gleiche Resultat.
Aber was ist mit den brillanten Ergebnissen der letzten beiden Gruppenphasen? Sind Siege gegen Kanada oder Tschechien plötzlich nichts mehr wert? Ist es keine Leistung mehr, wenn sich der 7. der Weltrangliste locker für den Viertelfinal qualifiziert? Fischers Vertrag läuft noch bis Sommer 2024.
Was spricht für einen Wechsel auf dem Trainerposten?
- Die Leistungskultur Wer von Medaillen redet, aber seine Ziele nicht erreicht, muss irgendwann mit Konsequenzen rechnen. 2021 hatte Fischer die Zielsetzung «Halbfinal» ausgegeben und den Viertelfinal als «scheinheiliges Ziel» in der Mottenkiste entsorgt.
- Die Glaubwürdigkeit ist nach nunmehr fünf verlorenen Viertelfinals in Folge (4 Mal WM, 1 Mal Olympia) angekratzt. Zurück kann Fischer aber nicht, eine Korrektur der Ziele nach unten wäre der Gipfel der Unglaubwürdigkeit.
- Die Haltbarkeit Ist der Zeitpunkt für einen Wechsel gekommen? Fischer ist seit 2016 im Amt, vielleicht ist es einfach Zeit für ein neues Gesicht.
- Die langfristige Perspektive hinsichtlich WM 2026 im eigenen Land und Olympia: Weil ein neuer Trainer Zeit braucht, um seine Vorstellungen bis zu diesem Zeitpunkt umzusetzen, müsste jetzt was geschehen.
- Der Goalie-Coup Wer in einem Viertelfinal gegen Angstgegner Deutschland freiwillig auf Genoni verzichtet, muss gehen.
Was spricht gegen einen Trainerwechsel?
- Die Qualität der Leistungen (Viertelfinals ausgeklammert): Die Gruppenphase ist mittlerweile ein Klacks, die Schweiz erreicht den Viertelfinal jeweils mit spielerischer Leichtigkeit, die Nati versetzt die Massen in Entzücken. Selbst Kanada wird regelmässig geschlagen. Nicht zu vergessen: Fischer hat 2018 eine Silbermedaille geholt.
- Enthusiasmus, Mut, Esprit Das dröge, defensive Angsthasen-Eishockey gehört der Vergangenheit an, die Nati spielt mit Mut, Angriffslust und Esprit.
- Der Zuspruch der Spieler Egal ob National League oder NHL, die Stars kommen. Fischer hat ein Klima geschaffen, das den meisten passt. Die Aussagen der NHL-Spieler (Medaille, Weltmeister) sind ein Indiz dafür, dass Fischer mit seinem Enthusiasmus den richtigen Ton trifft.
- Das Resultatbulletin Die Schweiz belegt in der Weltrangliste die Position 7 (vor der WM), dieses Turnier wird sie im 5. Rang abschliessen. Der Halbfinal ist ein schönes Ziel, aber die Schweiz ist keine Top-4-Nation.
- Die langfristige Perspektive hinsichtlich WM 2026 im eigenen Land und Olympia: Die Nati ist keine Klubmannschaft, der Trainer kann jederzeit die Besten aufbieten, langfristige Planung ist sowieso Augenwischerei. Was, wenn man jetzt den Trainer wechselt und im nächsten Jahr den Viertelfinal verpasst? Kontinuität ist wichtiger als Aktionismus, es droht ein Scherbenhaufen.
Wer könnte Fischer überhaupt entlassen?
Der Verwaltungsrat der SIHF. Die Mitglieder: Michael Rindlisbacher (Präsident), Marc-Anthony Anner, Martin Affolter, Erwin Füllemann, Peter Zahner, Raeto Raffainer, Kathrin Lehmann, Stefan Volken.
Das sagt Nati-Direktor Lars Weibel zu Fischers Zukunft:
«Was ich sagen kann, ist, dass er einen tollen Job macht. Aber jeder beim Verband will herausfinden, wie er die wi chtigen Spiele gewinnen kann.»