Er schrieb als Spieler einst Geschichte mit der Schweizer Nationalmannschaft: Marcel Jenni (49) war an der Heim-WM 1998 einer der Helden, der die Nati gegen Frankreich mit zwei Toren noch in die Zwischenrunde schoss – und beim ersten Sieg gegen die Grossmacht Russland (4:2) spielbestimmend war. Der vierte Platz an jener WM blieb 15 Jahre lang das beste Ergebnis der Nati.
Der damalige Zimmergenosse von Jenni war Patrick Fischer (47), der heutige Nationaltrainer. Bei vier Weltmeisterschaften teilte sich das Duo ein Zimmer: 1996, 1998, 1999 und 2000. Dass er in Riga nun eine fünfte WM mit Fischer erleben kann, und das auch noch als sein Assistent, davon erfuhr Jenni erst vor zwei Monaten.
Da gab U20-Coach Marco Bayer (50) seinen Wechsel zu Swissligist GCK Lions bekannt, U18-Trainer Jenni wurde befördert. Und Swiss Ice Hockey sieht vor, dass der U20-Trainer jeweils die A-Nati an die WM begleitet. «Es ist für mich eine grosse Ehre, mit Patrick arbeiten zu können», so Jenni. «Ich kann viel von ihm lernen. Dadurch, dass wir uns lange kennen, ist ein gegenseitiges Verständnis da. Und ich kann mich selber sein.»
Fischer ohne Scheuklappen
Jenni, der ins Offensivspiel involviert ist, beschreibt Fischer als einen Trainer, der sehr offen ist für Input und auch mal neue Wege beschreitet. «Er ist ohne Scheuklappen unterwegs. Heutzutage muss man sich weiterentwickeln, das macht Spass.»
Der 49-Jährige war vor über zwei Jahrzehnten als Nati-Spieler selbst Teil einer Weiterentwicklung – allerdings auf einer ganz anderen Ebene. Der Ex-Stürmer erlebte jene Phase mit, in der die Nati Abstiege aus der A-Gruppe verkraften musste und Wiederaufstiege feiern konnte. «Ab 1998 sind wir nicht mehr abgestiegen. Da begann etwas zu wachsen, was aber immer noch labil war. Es war ein Prozess. Mittlerweile ist das Team gefestigt und die Lücke zu den grossen Nationen geschlossen.»
Minderwertigkeitskomplexe weg, Selbstbewusstsein da
Ex-Nati-Coach Ralph Krueger (63) fegte zur Jahrtausendwende die Minderwertigkeitskomplexe aus der Schweizer Garderobe. Fischer förderte in den letzten Jahren das Selbstvertrauen. «Patrick hat einen neuen Mindset implementiert, dass wir Schweizer den Takt der Spiele bestimmen können», so Jenni.
Trotz des selbstbewussten Auftretens sei ein Stück Bescheidenheit geblieben, jeder Spieler stelle sein Ego hinten an fürs Team. «Die Jungs sind auf einem Top-Level. Die Art und Weise ihres Auftretens ist nicht selbstverständlich.» Ebenso wenig wie die Qualität in der Mannschaft oder die Tatsache, dass die kleine Schweiz nicht nur einfach NHL-Spieler rausgebracht habe, «sondern sie in ihren NHL-Teams auch dominieren». Jenni ist beeindruckt. Und mega glücklich, ein weiteres Kapitel der Weiterentwicklung des Schweizer Eishockeys mitzuerleben – diesmal einfach hinter der Bande.