Gegen die Briten hat die Schweiz schon eine Ewigkeit keinen Ernstkampf mehr bestritten. An einer A-WM das letzte Mal 1962, als sich die Nati in Colorado Springs 6:3 durchsetzte und die übrigen sechs Spiele verlor. Danach wurde der Olympiasieger von 1936 nur noch einmal in der Belle Etage (1994) gesehen, ehe sie sich 2019 nach zwei Aufstiegen in Folge zurückmeldeten.
«Es ist fast schon ein Novum für uns. Ich erinnere mich an ein Duell von 1997. Da stand ich noch auf dem Eis», sagt Nati-Coach Patrick Fischer. Das war bei der B-WM in Sosnowiecz (Pol), dem letzten Duell. Die Schweiz gewann vor 350 Zuschauern 3:2, ihre Tore erzielten Crameri, Näser und Marquis. Davor gab es aber auch zwei Unentschieden in der erfolglosen Olympia-Quali für Nagano gegen die ruppigen Mannen von der Insel.
Jetzt sind sie wieder da, diese Briten. Und nachdem sie vor zwei Jahren dank einem Sieg gegen Frankreich (4:3 n.V. nach 0:3) auf wundersame Weise den Abstieg verhinderten, feierten sie nun gegen Belarus (4:3) ihren ersten Vollerfolg im Oberhaus seit 1962.
Kirk mit an der Spitze der Torschützenliste
Neben Goalie Ben Bowns (30) ist vor allem Liam Kirk, der Stürmer der Sheffield Steelers, die grosse Figur. Der 21-Jährige, der von den Arizona Coyotes gedraftet wurde und zwei Jahre in der kanadischen Junioren-Liga OHL bei den Peterborough Petes spielte, erzielte die Hälfte aller Tore des Teams.
Mit 5 Treffern beamte sich «Captain Kirk», wie man ihn in Anlehnung an «Raumschiff Enterprise» nennen möchte, zusammen mit dem Schweizer Grégory Hofmann und dem Dänen Nicklas Jensen an die der Spitze der WM-Torschützenliste.
Gastspiele in Ungarn oder der dritten Liga Schwedens
Dabei waren die Vorzeichen denkbar schlecht. Die Saison in der heimischen EIHL wurde wegen Corona abgesagt. So mussten sich zahlreiche Nationalspieler nach Arbeitsplätzen umsehen. Fündig wurden sie bei Graz (Ö), Dunaujvaros (Ung), Bad Nauheim (De 2), Passau (De 3), Bordeaux (Fr), Krakow, Oswiecim (beide Pol), Kalajoki (Fi 3), Odense, Fredrikshavn (beide Dä), Pustertal (It, Alps League), Greenville (USA/ECHL), Eppan (It 2), Segeltorp oder Hanal (beide Sd 3), wo Kirk stürmte. Es sind nicht Orte, von denen Hockeyspieler träumen.
Auch um allen Nati-Spielern Spielpraxis zu bieten, stellte die EIHL im Frühling eine Mini-Liga in Nottingham auf die Beine. Dabei waren nur vier Teams: Die populären Sheffield Steelers (Zuschauerschnitt 2019/20: 6610) und Nottingham Panthers (5504), Manchester Storm und Coventry Blaze. Sie konnten je fünf Spieler behalten. Dann wurden die Kader in einem Draft komplettiert. Dabei krallten sich die Panthers Bowns als Nummer 1 und danach den Titel.
Können die Briten, mit deren Teams schon Bern und Davos in der Champions League böse Erfahrungen machten, die Nati gefährden? Nein – wenn jeder schon wach ist. «Wir werden versuchen, sie von Beginn weg unter Druck zu setzen. Sie werden mit unserem Speed Mühe haben. Alle Mannschaften hinter uns haben Mühe. Wir brauchen Punkte, wollen diesen zweiten Platz», kündigt Fischer, der auf die verletzten Praplan und Simion verzichten muss, an.