Wer an Derbys denkt, denkt wohl kaum an EVZ vs. ZSC. Dabei bringt das «Z-Derby» alles mit. Zug und Zürich liegen nur 22 Kilometer Luftlinie oder im Schnellzug 21 Minuten auseinander. In den 48 Jahren, in denen die beiden Teams schon gegeneinander spielen, ist die Rivalität gewachsen. Und ist jetzt beim ersten Final-Duell wohl auf dem Höhepunkt, auch wenn es nicht mehr so brachial wie früher zu und her geht.
So lieferten sich die beiden Trainer, Zugs Norweger Dan Tangnes und der Schwede Rikard Grönborg, letzte Saison auf dem Weg in die Pause ein Wortgefecht, wie man es selten gesehen hat. Grönborg warf den Zugern, die bereits klar auf Siegeskurs waren, lautstark vor, Schwalben zu fabrizieren: Tangnes betreibe eine «Tauch-Schule», brüllte er, was diesen aus der Fassung brachte und zu einem Schwall von nicht zitierbaren Beschimpfungen führte.
Nach Spielschluss kam es zu einem weiteren Eklat. Es ertönte der Sechseläutenmarsch, die inoffizielle Zürcher Hymne – allerdings aus der Zuger Kabine. Eine Provokation, die bei den Lions mässig gut ankam. Bevor die Situation eskalieren konnte, griff Tangnes allerdings ein und zog den Stecker.
«Wir werden sicher beide nicht gerne daran erinnert»
«Wir werden sicher beide nicht gerne daran erinnert. Aber natürlich wird das vor diesem Final jetzt hervorgeholt. Wir haben grossen Respekt füreinander. Wir kennen uns schon seit über zehn Jahren», sagt Tangnes zum verbalen Schlagabtausch vor einem Jahr. «Das ist das Schöne am Sport. Manchmal bringt er das Beste in dir raus, manchmal die schlechten Seiten.» Nach dem Vorfall hätten beide darüber gelacht. «Wir können beide Hitzköpfe sein, aber das zeigen wir nicht oft. Aber es ist auch gut, dass man ab und zu die menschliche Seite zeigt, solange diese rote Linie nicht zu oft überschritten wird. Wir wollen um jeden Preis gewinnen und stehen für unsere Teams ein.»
Auch für Grönborg ist der Fall längst abgeschlossen. «Er setzt sich für sein Team ein und ich setze mich für meines ein. Und ich werde das immer tun, egal, ob auf der anderen Seite mein bester Freund ist oder nicht. Doch sobald man in die Garderobe geht, ist vergessen. Wir haben seither oft miteinander gesprochen.» Spürt er, dass die Luft knistert, wenn Zuger und Zürcher aufeinander treffen? «Das weiss ich nicht, doch es werden richtig gute Spiele werden», sagt der Schwede, der sich im Final auf «ein Schachspiel» gegen Tangnes freut.
Es war freilich nicht das erste Mal, dass es zwischen Zürchern und Zugern hoch her ging. «Es ist ein spezieller Gegner. Beide Teams vereinen viel Talent. Wir mussten auch schon lernen, dass die Zürcher zubeissen, wenn wir uns bei einem Vorsprung kurz zurücklehnen und vom Gas gehen», sagt Tangnes. Gleich dreimal drehten die Lions nach einer klaren Zuger Führung in den letzten Jahren ein Spiel noch: 2021 in Zug 7:6 n. V. (nach 2:6), 2019 (4:3 n. V. nach 0:3) und 2015 (6:4 nach 0:4).
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Und oft blieb es auch nicht nur bei verbalen Auseinandersetzungen. Immer wieder flogen die Fäuste. Als die Lions 2018 auf dem Weg zum Titel den EVZ im Viertelfinal überraschten, kam es auf dem Weg in die Pause zu einer Massenschlägerei, in der der sanfte ZSC-Riese Dave Sutter seinen Reichweitenvorteil nutzte und im Getümmel mehrere Geraden landete. Auf EVZ-Seite langte Timo Helbling zünftig zu.
Im Vergleich zu den Schlachten in den 90er-Jahren war das allerdings harmlos. 1999 knallte es im Hallenstadion so gewaltig, dass die Schiedsrichter bei einem 7:1-Sieg des ZSC 224 Strafminuten notierten. Im Zentrum standen Mattia Baldi, der sich mit EVZ-Verteidiger Patrick Fischer prügelte, und der Kanadier Zarley Zalapski, der es mit dem wuchtigen Zuger Flügel Stefan Grogg zu tun bekam. Schiedsrichter Teemu Kaukonen sagte danach: «So etwas habe ich noch nie erlebt. Da passierten Sachen, die in Hockey-Stadien nichts zu suchen haben.»
«Der Boxkampf mit Zalapski zeichnete sich längst ab»
«Der Boxkampf mit Zalapski zeichnete sich längst ab, zumal das Spiel schon entschieden war», blickt Grogg (48) zurück. «Mehr als der Fight selbst bleibt mir der Abgang aus der rauchigen Arena im Kopf. Selbstverständlich unter tosenden Schmährufen der ZSC-Aficionados. Verletzt wurde niemand, weshalb ich mit einem Schmunzeln auf die Aktion zurückblicken kann, die jedoch die Liebe zwischen den beiden Klubs definitiv nicht verstärkte.» Monate später trafen die Teams im Playoff-Halbfinal aufeinander. Die Zürcher gewannen die Serie 4:0 und holten sich danach den ersten Titel nach 39 Jahren.
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1990, als der späte Zuger Ausgleich zum 4:4 den ZSC in die Abstiegsrunde verbannte, entluden sich die Emotionen in der Hertihalle in einer Massenschlägerei beim Shakehands. ZSC-Trainer Neil Nicholson, der seinen wütenden US-Stürmer Mark LaVarre höchstpersönlich auf dem Eis bändigen musste, analysierte tags darauf das Video der Prügelei mit Blick. «Zwei gegen einen …», stöhnte der Kanadier, als er sah, wie Red Laurence seinen Schützling Andreas Zehnder festhielt, während John Fritsche auf diesen einprügelte.
«Ich kann mich nicht an eine Massenschlägerei in Zug erinnern», sagt der inzwischen 56-jährige Ostschweizer. Ernsthaft, Herr Zehnder? Eine Prügelei nach dem Spiel, beim Handshake – und Sie können sich nicht erinnern? «Nein, es tut sich nichts. Ich mime nicht den Vergesslichen oder den Unschuldigen, ich kann mich tatsächlich nicht an diese Szene erinnern.» Vielleicht darum, weil «Zesi» damals öfters mittendrin war, wenn es irgendwo brodelte? «Das kann sein, die Fäuste sind ja schon einige Male geflogen. Und ich hatte immer starke Mitspieler, die dem kleinen Zesi zu Hilfe kamen.»
Doch nicht nur Auseinandersetzungen von Trainern und Spielern haben die Rivalität im «Z-Derby» geprägt. 2009 musste das Spiel in Zug abgebrochen werden, weil ein ZSC-Fan eine Rauchbombe gezündet hatte. Ein beissender Rauch quälte Fans und Spieler, sodass die Partie nach zweieinhalb Minuten unterbrochen wurde. Als sich die Lage auch eine Stunde später nicht besserte, wurde das Spiel – auf Anraten der beiden Teamärzte – abgebrochen.
Ein 17-Jähriger stellte sich bei der Zuger Polizei
Ein 17-Jähriger stellte sich einige Tage später der Zuger Polizei. Er gab zu, kurz nach Spielbeginn einen mit Rauchpulver gefüllten Plastiksack angezündet zu haben. Das Rauchpulver hatte er vorgängig in kleinere Portionen abgepackt und zusammen mit einigen Kollegen, versteckt in den Unterhosen, ins Stadion geschmuggelt. «Ich wollte das Pulver anzünden, damit ein bisschen Action aufkommt. Ich wollte nicht, dass es zu einem Spielabbruch kommt. Es tut mir sehr leid.»
Der Einzelrichter entschied darauf auf einen Forfait-Sieg des EVZ. Doch das Verbandssportgericht kam nach dem Rekurs der Lions zum Schluss, dass nicht nur der Gast schuld am Spielabbruch sei: «Haben beide Mannschaften einen Spielabbruch verursacht, so wird für beide Mannschaften eine Niederlage eingetragen, mit dem Resultat von 0 Punkten und 0:0 Toren.»
Trainertausch und Randale bei EVZ-Aufstieg
Bereits in den Jahren davor hatten randalierende Zürcher Fans in Zug zuweilen für Angst und Schrecken gesorgt. Der traurige Höhepunkt ereignete sich beim EVZ-Aufstieg 1987. Die Zuger setzten sich im NLB-Halbfinal mit 3:1 Siegen durch. Beim letzten Zuger Sieg in der überfüllten Hertihalle eskalierte die Situation auf den Rängen. Zwei Jahre nach der Heysel-Katastrophe beim Meistercup-Final zwischen Liverpool und Juventus, die 39 Fussball-Fans das Leben kostete, sahen die TV-Zuschauer live, wie es in Zug zu Ausschreitungen kam. Die Polizei rückte mit Feuerwehrschläuchen an und spritzte in die Menge.
Der Zuger Erfolg von damals hatte seine Wurzeln in einem weltweit wohl einzigartigen Vorgang. Im Januar 1986 tauschten der EVZ und der ZSC ihre Trainer: Andy Murray wechselte nach Zug und Dan Hobér nach Oerlikon. «In einer gemeinsamen Aussprache sind die vier beteiligten Partner zur Auffassung gelangt, dass nach einem für den Zürcher SC und den EV Zug bisher enttäuschenden Meisterschaftsverlauf ein Austausch der Trainer beiden Teams neue Impulse verleihen wird», liessen die Vereine verlauten. Murray stieg ein Jahr später mit Zug auf, während Hobér den Abstieg des ZSC in die NLB nicht verhindern konnte und nach Schweden zurückkehrte.
Auch bei ihrem ersten Aufstieg ins Oberhaus hatten es die Zuger 1976 mit dem ZSC zu tun bekommen. Und es ging friedlich zu und her. Höchst spektakulär war es, wie in so vielen «Z-Derbys» schon damals. Rund 5000 Zentralschweizer Fans füllten das Hallenstadion. Sie mussten aber zittern. Erst in der 58. Minute gelang Zug durch den vierten Treffer des Finnen Jarmo Peltonen der Ausgleich zum 6:6, ehe Heinz Jenni 23 Sekunden vor Schluss für den umjubelten Siegestreffer sorgte. Bei einer EVZ-Niederlage wäre Arosa aufgestiegen.
Beide Klubs haben emotionale Erinnerungen – die Lions wurden 2000, 2012 und 2018 Meister nach Playoff-Siegen über Zug – an «Z-Derbys». Der Tisch für einen packenden Final ist gedeckt.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Lausanne HC | 20 | 12 | 40 | |
2 | ZSC Lions | 18 | 20 | 39 | |
3 | HC Davos | 19 | 21 | 38 | |
4 | SC Bern | 20 | 15 | 33 | |
5 | EHC Biel | 19 | 4 | 32 | |
6 | EV Zug | 19 | 11 | 29 | |
7 | EHC Kloten | 19 | -2 | 28 | |
8 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 19 | -8 | 26 | |
9 | HC Ambri-Piotta | 18 | -10 | 24 | |
10 | HC Lugano | 17 | -13 | 22 | |
11 | HC Fribourg-Gottéron | 19 | -11 | 22 | |
12 | Genève-Servette HC | 16 | -2 | 21 | |
13 | SCL Tigers | 17 | -3 | 21 | |
14 | HC Ajoie | 18 | -34 | 12 |