Der an die Schweiz, Deutschland und Liechtenstein angrenzende Vorarlberg ist das zweitkleinste Bundesland Österreichs. Knapp 400'000 Einwohner leben dort, etwas weniger als im Kanton Luzern (420'000). Aber es ist ein Eishockey-Traumland. Nicht weniger als sechs Vereine gibt es da in den drei Top-Ligen – von den Vorarlberg Pioneers in der obersten internationalen ICE Hockey League bis zum SC Hohenems in der drittklassigen ÖEL.
Vorarlberg bringt auch reichlich Eishockey-Stars hervor, wovon auch die Vereine in der National League seit Jahren profitieren. Zumal viele sich, trotz der Fülle an Vereinen vor der Haustür, schon auf Juniorenebene Schweizer Klubs anschlossen, so die Schweizer Lizenz sicherten und dadurch das Ausländerkontingent nicht belasten.
Zehn Vorarlberger, drei Rest-Österreicher
Aktuell spielen sieben gebürtige Vorarlberger in der National League: Dominic Zwerger (27, Ambri), Kilian Zündel (22, Ambri), Fabio Hofer (32, Biel), Patrick Obrist (30, Kloten), der schweizerisch-österreichische Doppelbürger Jonas Taibel (19, SCRJ Lakers) und die beiden Supertalente David Reinbacher (18, Kloten) und Vinzenz Rohrer (19, ZSC Lions).
Dazu sind drei weitere Vorarlberger in der Swiss League unter Vertrag: Jannick Fröwis (23, Winterthur), Roman Schnetzer (27, Thurgau) und Stefan Müller (27, Visp). Den insgesamt zehn Vorarlbergern stehen im Schweizer Profieishockey nur drei Rest-Österreicher gegenüber: der Salzburger Benjamin Baumgartner (23, Bern, ebenfalls Schweizer Lizenz), der Wiener Bernd Wolf (26, Lugano, Schweizer Lizenz) und der Kärntner Michael Raffl (34, Lausanne, Ausländer-Status).
Innert Kürze drei Vorarlberger NHL-Drafts
Es ist eindrücklich, was das Vorarlberg im Eishockey produziert. Auch an Klasse: Mit Reinbacher, Rohrer und dem ebenfalls im Schweizer Nachwuchs ausgebildeten Marco Rossi (22, aktuell Minnesota Wild) wurden seit 2020 drei Vorarlberger im NHL-Draft berücksichtigt. Und dies alles, trotz einer gigantischen sportlichen Konkurrenz im Bundesland. Im Fussball gibt es mit Altach und Lustenau zwei Bundesliga-Vereine und in der zweitobersten Liga mit Bregenz und Dornbirn nochmals zwei weitere. Daneben hat im Vorarlberg auch Schneesport und da natürlich primär Ski alpin einen riesigen Stellenwert. Mit Aushängeschildern wie Doppel-Olympiasieger Johannes Strolz (31) und der zweifachen Weltmeisterin Katharina Liensberger (26).
Die Vorarlberger sind enorm sportbegeistert. Daneben geht es aber auch um Anerkennung. Denn in Österreich haben sie traditionell als hinter dem Arlberg liegende Grenzregion einen schweren Stand. «Wir sind schon weit abgeschnitten von anderen Teilen Österreichs», sagt Stefan Ulmer (32), ein weiterer Vorarlberger, der über viele Jahre im Schweizer Eishockey beheimatet war.
Vorarlberg wollte Schweizer Kanton sein
Und um ein Haar wären die Vorarlberger vor 104 Jahren zu Schweizern geworden. Bei einer Abstimmung sprachen sich damals 81 Prozent dafür aus, als Kanton zur Eidgenossenschaft gehören zu wollen und sich aus Österreich zu verabschieden. Doch den Beitrittsverhandlungen mit dem Bundesrat wurde trotz des wuchtigen Ja rasch der Stecker gezogen. Der Friedensvertrag von St-Germain-en-Laye bei Paris im Jahr 1919 untersagte es den Bundesländern im Sinn der Förderung der demokratischen Republik Österreich, in ein anderes Land überzutreten.
Und so sind Reinbacher und Co. Österreicher geblieben und in der National League als Grenzgänger mit Schweizer Lizenz unterwegs. Man hat sie hier gern, nicht nur wegen ihres charmanten Dialekts. Oft sind sie Publikumslieblinge – wie Zwerger in Ambri, Hofer in Biel und Jungstar Reinbacher in Kloten. «Wir Vorarlberger sind Geniesser, darum spielt einer wie Zwerger auch so gern mit den Fans», erklärt Ulmer.
Alles begann mit den Ulmer-Brüdern
Ursprünglich war es so, dass sie ihre erste Lizenz in der Schweiz gelöst oder sonst fünf Jahre im hiesigen Nachwuchs gespielt haben müssen, um eine Schweizer Lizenz zu erhalten. Der erste Schritt zur Karriere in der Schweiz war für viele Vorarlberger, dass sie sich schon auf Juniorenstufe im grenznahen Widnau SG dem örtlichen SC Rheintal anschlossen. Lanciert haben dieses Modell die Gebrüder Stefan und Martin Ulmer (35), die von ihrer Heimatstadt Dornbirn aus via Rheintal ihre Karrieren in der Schweiz starteten. Stefan spielte für die GCK Lions, Lugano, Biel und La Chaux-de-Fonds. Martin bei Kloten, den GCK Lions, Lausanne, Martigny, Biel und Olten.
Zu verdanken hatten sie dies ihrem Vater Arno Ulmer (59). «Er recherchierte und fand heraus, dass wir eine Schweizer Lizenz erhalten, wenn wir die Erstanmeldung in der Schweiz machen», erzählt Stefan Ulmer. Zunächst machte sich Papa Ulmer damit keine Freunde im Vorarlberg, als er seine talentierten Söhne über der Grenze in den Schweizer Nachwuchs schickte. Doch schon bald gab es erste Nachahmer, und heute kann er sich als Baumeister einer Bewegung, die in drei NHL-Drafts gipfelte, fühlen. Ob dies auch möglich gewesen wäre, wenn Rossi, Reinbacher und Rohrer in Österreich geblieben wären, ist fraglich. «Man muss realistisch sein – die Arbeit im Schweizer Nachwuchs ist viel besser als in Österreich», sagt Stefan Ulmer.
Produktion gerät ins Stocken
Während Bruder Martin seine Eishockeykarriere bei Innsbruck ausklingen lässt, ist Stefan Ulmer im vergangenen Frühling zurückgetreten und zurück in Dornbirn. Er sorgt als Nachwuchstrainer bei Rheintal Future mitunter dafür, dass es Vorarlberger Eishockey-Nachschub gibt. Allerdings stockte zuletzt die Produktion. «Corona hat uns hier enorm zurückgeworfen», klagt er. Nicht zuletzt deshalb bündeln sich inzwischen Dornbirn, Lustenau, Hohenems und Rheintal mit diesem länderübergreifenden Nachwuchsprojekt, das das Ausbildungsniveau erhöhen soll. «Davon profitieren alle», so Ulmer.
Zudem ist es seit einigen Jahren auch schwieriger geworden, im Nachwuchs der National-League-Vereine unterzukommen, weil sich auch viele junge Spieler aus anderen Nationen für solche Plätze bewerben. «Ein Spieler muss das gewisse Etwas haben, damit er eine Chance hat», weiss Ulmer. Und dass in der Schweiz neue Lizenzregeln anstehen, sorge zudem für Abschreckung.
Neue Regeln stoppen auch die Vorarlberger
So erhält ein ausländisches Kind, das nach der Saison 2010/11 bei uns für die Erstanmeldung registriert wurde, nicht mehr automatisch die Schweizer Lizenz. Eine noch etwas längere Haltbarkeit haben die ausländischen Lizenz-Schweizer, die fünf Jahre hier im Nachwuchs gespielt haben. Aber auch sie wird es in fernerer Zukunft zumindest in der National League nicht mehr geben. Denn ab der Saison 2026/27 werden dort keine Spieler mehr mit Schweizer Lizenz spielen können, die erst nach der Saison 2021/22 ihre erste Saison im Schweizer Nachwuchs gespielt haben. Schweizern gleichgestellt sind sie dann nur noch bis zur U23-Stufe, in der National League benötigen sie eine Ausländer-Lizenz. Mit diesen Massnahmen will die Liga die Schweizer Junioren und letztlich auch die Nati schützen. Für die Swiss League gilt die besagte neue Lizenzreglung nach heutigem Stand der Dinge nicht.
Die nächsten Vorarlberger Juwelen müssten also zumindest schon seit zwei Jahren bei Rheintal gemeldet sein, sonst sind die Türen für eine Karriere in der National League mit Schweizer Lizenz zu.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | HC Davos | 30 | 28 | 57 | |
2 | ZSC Lions | 26 | 31 | 55 | |
3 | Lausanne HC | 29 | 7 | 53 | |
4 | EHC Kloten | 30 | -2 | 50 | |
5 | SC Bern | 29 | 16 | 49 | |
6 | EV Zug | 28 | 19 | 46 | |
7 | SCL Tigers | 28 | 4 | 41 | |
8 | EHC Biel | 28 | 4 | 40 | |
9 | HC Fribourg-Gottéron | 29 | -6 | 39 | |
10 | HC Ambri-Piotta | 29 | -16 | 39 | |
11 | Genève-Servette HC | 26 | 1 | 36 | |
12 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 30 | -18 | 36 | |
13 | HC Lugano | 28 | -25 | 33 | |
14 | HC Ajoie | 28 | -43 | 23 |