Andrej Bykow: Willst du mit leichten oder ernsten Fragen beginnen?
Julien Sprunger: Ach, du hast auch ein paar ernste? Dann würde ich sagen, dass wir mit einer leichten Frage beginnen.
Bykow: Gab es in deiner Karriere ein Ausrüstungsteil, das du vor einem Spiel vergessen hast?
Sprunger: Ich hatte mit Schlimmerem gerechnet (lacht). Lass mich nachdenken: nein. Ich habe nie meine Schlittschuhe oder meine Stöcke vergessen. Da bin ich mir sicher. Ich mache immer einen kompletten Scan meiner Ausrüstung, bevor ich meinen Platz verlasse, wenn wir auswärts spielen. Ich glaube, ich bin ziemlich gewissenhaft. Aber da du mir diese Frage stellst – hast du mal was vergessen?
Bykow: Bei den Profis ist mir das auch nie passiert. Bei den Junioren hingegen – ich war einmal ohne Hose und Brustpanzer angereist.
Sprunger: Ein starkes Stück, das bedeutet ja, dass du drei Viertel deiner Tasche vergessen hast, die muss sich leicht angefühlt haben (lacht). Damals kannten wir uns zwar, aber nicht so gut wie heute. Ich erinnere mich daran, wie du mit deinem Gitterhelm aufgetaucht bist. Du warst ganz dünn. Heute bist du ganz schön kräftig.
Bykow: Du warst damals schon zwei oder drei Jahre bei der 1. Mannschaft. Auch im Leben warst du weiter, wir waren fast nie zusammen unterwegs. Das haben wir später nachgeholt … Was war das Lustigste, das wir erlebten?
Sprunger: Traue ich mich, das heute zu sagen?
Julien Sprunger gab sein NL-Debüt als Sechzehnjähriger in der Saison 2002/03. Seither spielt der Stürmer ununterbrochen für Gottéron, wo er bereits als Junior alle Nachwuchs-Stufen durchlaufen hat. Seit sieben Jahren ist der Fribourger Captain der Mannschaft – und seit jeher Identifikationsfigur des Klubs. Klub-intern hat Sprunger die russischen Legenden Slawa Bykow und Andrej Chomutow überflügelt und führt die ewige Skorerliste mit 724 Punkten (364 Tore, 360 Assists) an. Bis 2014 war er in der Schweizer Nati aktiv, nahm an vier Weltmeisterschaften und einem Olympia-Turnier teil. Der 36-Jährige ist Vater von drei Kindern und wohnt mit seiner Familie in Estavayer-le-Lac FR.
Julien Sprunger gab sein NL-Debüt als Sechzehnjähriger in der Saison 2002/03. Seither spielt der Stürmer ununterbrochen für Gottéron, wo er bereits als Junior alle Nachwuchs-Stufen durchlaufen hat. Seit sieben Jahren ist der Fribourger Captain der Mannschaft – und seit jeher Identifikationsfigur des Klubs. Klub-intern hat Sprunger die russischen Legenden Slawa Bykow und Andrej Chomutow überflügelt und führt die ewige Skorerliste mit 724 Punkten (364 Tore, 360 Assists) an. Bis 2014 war er in der Schweizer Nati aktiv, nahm an vier Weltmeisterschaften und einem Olympia-Turnier teil. Der 36-Jährige ist Vater von drei Kindern und wohnt mit seiner Familie in Estavayer-le-Lac FR.
Bykow: Ich glaube, deshalb sind wir hier ...
Sprunger: Es ist kein einzelnes Ereignis, sondern eher eine Phase. Als wir 2013 im Finale standen, hatten wir eine unglaubliche Gruppe in der Garderobe. Joel Kwiatkowski (Verteidiger aus Kanada, die Red.) hatte eine Tradition eingeführt, die von der US-amerikanischen TV-Serie «Familienduell» inspiriert war. Er stellte sich vor uns auf und präsentierte zwei Spieler, die eine kleine Show aufführen mussten. Das war kurz vor Spielbeginn, wir hatten ja schon Schlittschuhe an den Füssen.
Bykow: Es begann mit kleinen, lustigen Sketchen.
Sprunger: Wir sahen Szenen, die zum Weinen waren. Manchmal denke ich, dass es fast unmöglich war, danach noch professionell zu spielen. Der Trainer wusste Bescheid. Es gab einen solchen Zusammenhalt und eine solche Lockerheit, dass es kein Problem war – bis zu einem gewissen Punkt. Wir führten im Viertelfinal 3:0, und Biel kam auf 3:3 heran. Nach diesem Spiel sagte Hans Kossmann (der damalige Trainer, die Red.), dass es nun vorbei sei. Wir haben es geschafft und sind bis ins Finale gekommen. Auch zuvor haben wir einiges erlebt. Wir hatten in Davos eine Schneeballschlacht in der Umkleidekabine, und beim Spengler Cup wäre fast mal die Feuerwehr gekommen. In unserem Sketch wurden Knallkörper eingesetzt, und das löste während des Turniers den Feueralarm aus. Das ist nie rausgekommen – bis jetzt. Ich werde nicht sagen, wer – er wird sich zu erkennen geben – aber ein ehemaliger Spieler, der immer noch im Eishockey aktiv ist, hat eine Motocross-Show organisiert.
Bykow: Man hat eine Show mit Motorrollern veranstaltet, in der Umkleidekabine waren danach Reifenspuren zu sehen. Als der Trainer kam, um seine Rede zu halten, roch es in der ganzen Umkleidekabine nach Benzin.
Sprunger: Wir haben davon noch ein paar Videos, und wir reden noch heute darüber. Es war ziemlich verrückt.
Bykow: Du erreichst jetzt die magische Marke von 1000 Spielen. Aber es gibt eine Sache, die du immer noch liebst wie am ersten Tag: beim ersten Bully auf dem Eis zu stehen, in der ersten Sturmreihe. Warum?
Sprunger: (Lacht.) Ich glaube, wir werden jetzt einen Mythos zerstören: Ich hasse es, beim ersten Bully auf dem Eis zu stehen.
Bykow: Ich kenne aber nicht viele, die das nicht möchten.
Sprunger: Das war immer so. Ich mag es, aufs Eis zu springen, wenn das Spiel schon läuft. Beim ersten Bully dazustehen, ist nichts für mich. Es gibt Spieler, die das als Geschenk des Trainers betrachten. Ich nicht.
Bykow: Ist das nur beim ersten Puckeinwurf des Spiels so, oder gilt das auch für jedes Drittel?
Sprunger: Auch vor den anderen Dritteln. Wenn der Trainer sagt, dass meine Linie beginnen wird, drehen sich alle zu mir um und lachen. Sie wissen, dass mich das nervt (lacht).
Bykow: Als wir regelmässig zusammen spielten, wusste ich, dass ich das Spiel nie beginnen würde.
Sprunger: Nie. Wir gingen oft gegen die dritte Linie des Gegners aufs Eis. Aber nicht gegen die erste oder zweite.
Bykow: Deshalb haben wir viele Tore geschossen und viele Punkte gemacht (lacht).
Sprunger: Die ersten Reihen waren oft die der Ausländer. Heute ist das noch häufiger der Fall. Aber für mich ist das in Ordnung.
Bykow: Bereust du es, nie für einen anderen Verein gespielt zu haben? Würdest du einem anderen Spieler wünschen, es so zu machen wie du?
Sprunger: 200 Prozent! Wenn ein Spieler davon träumt, seine ganze Karriere bei einem einzigen Verein zu verbringen, dann sage ich ihm, er soll es tun.
Bykow: Dieser Wunsch war für dich also grösser als die Sehnsucht, zu gehen und zu sehen, wie es bei einem anderen Klub ist?
Sprunger: Absolut! Aber es ist leicht für mich, das zu sagen. Ich bin 37 und habe meine ganze Karriere in Fribourg verbracht. Ich musste manchmal schwierige Entscheidungen treffen, sei es in sportlicher oder familiärer Hinsicht. Ich liebe diesen Verein, er ist der Verein meines Lebens und meine zweite Familie. Man weiss, dass ich nach Zürich, Bern oder in die USA hätte gehen können. Jedes Mal habe ich mir viele Fragen gestellt. Ich habe nie ein Angebot abgelehnt, ohne darüber nachzudenken. Wenn ich einem jungen Menschen etwas wünschen kann, dann, dass er sich denselben Luxus leisten kann: die Entscheidung zu treffen, zu bleiben. Wenn du Lust hast, kannst du weiterhin das Trikot tragen, das du liebst. Heute wirst du, auch wenn du einen Namen hast, zu einer Nummer.
Bykow: 1000 Spiele – das ist schon etwas Besonderes?
Sprunger: Es ist ein sehr grosser Schritt, in diesen Kreis aufgenommen zu werden. Es gibt nicht viele Spieler, die das schaffen. Das ist etwas ganz Aussergewöhnliches. Es macht mich stolz.
Bykow: Warum bleibst du nach dem Ende eines Drittels immer noch auf der Spielerbank sitzen, bevor du in die Garderobe gehst?
Sprunger: Es ist nichts Besonderes oder etwas, worüber ich nachdenke. Es ist ein ruhiger Moment, in dem du Druck ablassen kannst. Ich lockere die Schnürsenkel, puste kurz durch und überlege, was ich in der Garderobe sagen könnte. Es gibt Momente, in denen ich weiss, dass ich etwas sagen muss.
Bykow: Ich habe diese Gewohnheit von dir übernommen. Und ich mochte diese Ruhe, bevor man in das Getöse der Umkleidekabine zurückkehrt, sofort. Gibt es Persönlichkeiten, von denen du etwas übernommen hast, die dich inspiriert haben?
Sprunger: Ich habe keinen bestimmten Mentor. Für mich ist der Sport im Allgemeinen ein Vorbild. Es ist ein bisschen hochgestochen, aber ich habe Roger Federer aus der Ferne verfolgt. Seine Art zu handeln, seine Reden, seine Interviews – ich liebte es zu sehen, wie einfach und respektvoll er war. Andererseits habe ich nicht die Biografie einer Person auf dem Nachttisch liegen, zu keinem Zeitpunkt jemanden nachgeahmt oder mich von ihm inspirieren lassen.
Bykow: Wärst du kein Eishockeyspieler geworden, hättest du dann versucht, als Fussballer Karriere zu machen?
Sprunger: Als Kind gab es Fussball und Eishockey in meinem Leben, bis ich mich entscheiden musste. Profi zu werden, ist so etwas wie der Traum eines jeden Kindes. Es bringt mich heute auch zum Lachen, dass meine zwei Kinder davon träumen, Fussballer zu werden, nicht Eishockeyspieler. Und ich muss ihnen erklären, dass es im Leben nicht nur Sport gibt, während ich im Leben nur Sport mache (lacht).
Bykow: Unsere Beziehung hat sich sehr verändert. Am Anfang waren wir einfach Kumpels, haben herumgealbert. Dann wurde uns klar, dass es ein bisschen mehr ist. Wir haben uns immer sehr nahegestanden, obwohl wir ziemlich verschieden sind.
Sprunger: Unsere Verbindung begann, als wir in der gleichen Linie spielten. Auf dem Eis haben wir uns mit geschlossenen Augen gefunden. Wir sprachen die gleiche Sprache. Mit manchen Spielern bist du in der gleichen Kabine, aber am Ende entsteht keine Verbindung wie bei uns.
Bykow: Vor welcher Frage hattest du Angst, dass ich sie dir stelle?
Sprunger: Ich bin froh, dass du nicht «Welcher Trainer hat dir am wenigsten gefallen?» oder «Welcher Spieler ist dir am wenigsten in Erinnerung geblieben?» gefragt hast. Du weisst, dass es nicht mein Stil ist, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Vor allem, weil mir jeder etwas gegeben hat. Und ich bin froh, dass du mich nicht auch auf meine Verletzungen angesprochen hast. Ich habe kein Problem, darüber zu sprechen. Aber in Interviews taucht das Thema oft auf. Ich war eine Saison lang MVP. Niemand spricht mit mir darüber, während alle über meine Gehirnerschütterungen reden.
Bykow: Welche Frage hättest du dir gewünscht, dass ich sie dir stelle?
Sprunger: Wer war dein Lieblingsspieler in den letzten 20 Jahren?
Bykow: Und was ist die Antwort?
Sprunger: Ganz klar, du bist es. Du hast meine Karriere geprägt. Ich weiss nicht, wie viele der 1000 Spiele wir zusammen gespielt haben, aber ich denke, es waren ungefähr 700.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | ZSC Lions | 19 | 19 | 40 | |
2 | HC Davos | 21 | 21 | 40 | |
3 | Lausanne HC | 21 | 8 | 40 | |
4 | SC Bern | 22 | 15 | 36 | |
5 | EHC Kloten | 21 | 2 | 33 | |
6 | EV Zug | 21 | 14 | 33 | |
7 | EHC Biel | 21 | 0 | 32 | |
8 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 21 | -4 | 31 | |
9 | HC Fribourg-Gottéron | 21 | -9 | 27 | |
10 | SCL Tigers | 19 | -3 | 25 | |
11 | HC Lugano | 19 | -13 | 25 | |
12 | HC Ambri-Piotta | 19 | -12 | 24 | |
13 | Genève-Servette HC | 17 | -3 | 22 | |
14 | HC Ajoie | 20 | -35 | 15 |