Sportliche Bankrott-Erklärung
Das sind die Zeugnisse der SCB-Verlierer

Tief gesunken. Der SCB ist auf der gleichen Stufe wie Ajoie und Langnau. Während die (Pre-)Playoffs beginnen, ist die Saison für die Berner schon zu Ende.
Publiziert: 15.03.2022 um 17:53 Uhr
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Aktualisiert: 15.03.2022 um 18:20 Uhr
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SCB-Boss Marc Lüthi verfolgt gequält das letzte Spiel gegen Lausanne.
Foto: Claudio de Capitani/freshfocus
Stephan Roth

Am letzten Spieltag der Quali wurde der SCB von Ambri noch auf der Ziellinie abgefangen. So belegen die Berner, die 2019 noch Qualisieger und Meister waren, nach zwei enttäuschenden neunten Plätzen nun gar Platz 11. Die Saison ist zu Ende.

Auch wenn die Erwartungen an den SCB nicht mehr so hoch sind wie einst und sich der Klub in einer Umbruch-Phase befindet, ist das Verpassen der Pre-Playoffs eine sportliche Bankrott-Erklärung. Lichtblicke gab es nur wenige. Hier kommen die Zeugnisse der SCB-Verlierer:

Marc Lüthi: Note 3,5
In der Vergangenheit war der CEO beim SCB omnipräsent. Geduld? Ein Fremdwort. Inzwischen lässt er die Leute im sportlichen Bereich gewähren, auch weil Corona das Gastro-Business-Modell des SCB hart getroffen hat und der Klub in den letzten zwei Jahren ums Überleben kämpfen musste. Dazu kamen die gesundheitlichen Probleme Lüthis, der wegen einer Hirnblutung und einer Herz-Operation zu Beginn des Jahres während eineinhalb Monaten ein Timeout nehmen musste. Die mittelfristige Zukunft des 60-Jährigen beim SCB ist offen. Auf dem Tiefpunkt wird er sich nach bald 24 Jahren beim SCB kaum zurückziehen. Die nächste Saison wolle er sicher noch durchziehen, sagt er.

Raeto Raffainer: Note 3
Der Lack beim Sportdirektor, der bei der Nati einen Top-Job machte und danach den Umbau beim HCD nach der Ära Del Curto orchestrierte, hat einen Kratzer erhalten. Ob der von ihm mit Nachdruck vorangetriebene Umbruch und die Transfers von Romain Loeffel, Joël Vermin, Chris DiDomenico und Marco Lehmann Früchte tragen, wird erst die Zukunft zeigen. Wäre man wenigstens in die Pre-Playoffs gekommen, hätte der Engadiner die durchwachsenen Auftritte der Übergangssaison zuschreiben können. Doch nun hat der SCB einen Totalschaden erlitten. Und die Verantwortung für die sportlichen Belange trägt Raffainer.

Andrew Ebbett: Note 3,5
Böse Zungen werden sagen, dass der SCB auch mit seiner überforderten Vorgängerin Florence Schelling die Pre-Playoffs hätte verpassen können. Die Verantwortung für das SCB-Scheitern muss aber nicht der kanadische Sportchef-Lehrling an der Seite von Raffainer übernehmen.

Johan Lundskog: Note 2
Raffainer hatte ihn als Assistent von Christian Wohlwend nach Davos geholt und dann auch beim SCB empfohlen, weil er von seinen Qualitäten überzeugt war und ist. Der 37-jährige Schwede unterschrieb dann schon vor Raffainers Ankunft in Bern beim SCB. Doch bei seiner ersten Station als Headcoach war der nette Lundskog spätestens im Quali-Finish überfordert und hatte keine Winner-Ausstrahlung. Ob er SCB-Trainer trotz des Debakels bleiben darf, dürfte auch davon abhängen, ob ihm die Führungsspieler in den kommenden Tagen in den Gesprächen mit den Bossen den Rücken stärken.

Die Kern-Gruppe: Note 4
Captain Simon Moser, Puncher Christian Scherwey, Marathon-Mann Ramon Untersander und Oldie Beat Gerber kann man attestieren, dass sie ihre Leistung meist gebracht haben, wenn sie fit waren. Sie standen auf und neben dem Eis ihren Mann – doch auch die Leader brachten das SCB-Schiff nicht auf Kurs.

Die Unerwünschten: Note 2
Für Spieler, bei denen Lohn und Leistung in einem krassen Missverhältnis stehen, wie Nati-Stürmer Vincent Praplan und Verteidiger Calle Andersson, suchte der SCB schon während der Saison nach Abnehmern. Interessenten waren (und sind) vorhanden. Doch beide wollten in Bern bleiben. Auch die Hinterbänkler Alain Berger, Gregory Sciaroni, Jan Neuenschwander oder Jeremy Gerber, deren Abgang in Hinblick auf nächste Saison schon früh klar war, zeigten nie eine Trotzreaktion.

Die Ausländer: Note 3
Vollends überzeugen konnte einzig der deutsche Topskorer Dominik Kahun. Der andere Stürmer, der im letzten Sommer neu verpflichtet wurde, der Lette Kaspars Daugavins, enttäuschte auf der ganzen Linie. Dustin Jeffrey kam auf ganze vier Tore, war die halbe Saison verletzt. Cory Conacher, letzte Saison noch eine Verstärkung, kam nie auf Touren, war mehrfach überzählig, so dass man ihn in der Endphase an Strich-Konkurrent Ambri auslieh, wo er sich dann verletzte. Die Ersatzleuten Christian Thomas, Phil Varone und Cody Goloubef waren willig, konnten das Steuer aber auch nicht herumreissen. Es ist möglich, dass der SCB nächste Saison neben dem Kanadier Éric Gélinas noch einen weiteren ausländischen Verteidiger holt, falls man einen Abnehmer für Andersson findet.

Die Jungen: Note 5
Goalie Philip Wüthrich (24) machte den nächsten Schritt in seiner Karriere zur Nummer 1. Und der herzhafte Stürmer Joshua Fahrni (19) war eine Entdeckung und einer der wenigen Lichtblicke. Dass beim SCB endlich wieder Junge zum Zug kommen, ist ein wichtiger Schritt im Umbruch-Prozess.

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Lausanne HC
Lausanne HC
31
12
59
2
ZSC Lions
ZSC Lions
28
31
58
3
HC Davos
HC Davos
32
25
58
4
SC Bern
SC Bern
31
18
55
5
EHC Kloten
EHC Kloten
32
-1
54
6
EV Zug
EV Zug
30
20
49
7
SCL Tigers
SCL Tigers
30
4
44
8
EHC Biel
EHC Biel
30
2
42
9
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
32
-11
42
10
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
31
-18
41
11
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
31
-12
39
12
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
28
-3
36
13
HC Lugano
HC Lugano
30
-23
36
14
HC Ajoie
HC Ajoie
30
-44
26
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