Tristan Scherwey gehört zu den härtesten Spielern der Liga. Doch neben dem Eis ist der Stürmer feinfühlig, sagt von sich: «Ich bin weicher und sensibler als andere. Manchmal ein Riesen-Weichei.» Immer wieder rührt ihn sein Göttimeitli zu Tränen. Und auch die 60 Fans, die am Samstag vor der PostFinance Arena ausharren, bewegen den 30-Jährigen.
Nach dem kläglichen 3:6 gegen Davos verlangen die Anhänger eine Aussprache. Das Captain-Team um Scherwey, Simon Moser und Ramon Untersander stellt sich. Begleitet wird das Trio von CEO Marc Lüthi, COO Rolf Bachmann, Sportdirektor Raeto Raffainer und Sportchef Andrew Ebbett. «Es war sehr emotional», sagt Scherwey. «Den Fans in die Augen zu schauen und zu hören, wie sehr sie leiden, ging mir ans Herz.»
SCB-Stars müssen zweimal antraben
Alles sei friedlich abgelaufen, versichert Lüthi. «Die Art und Weise wie wir das Spiel verloren haben, war nicht akzeptabel.» Die Botschaft: «Die Fans erwarten von uns nicht den Himmel, reden nicht vom Meistertitel. Doch sie fordern die typischen SCB-Werte ein: Kampfgeist, Leidenschaft und Stolz», erzählt Scherwey. Ob Tränen geflossen seien, will er nicht verraten, sagt aber: «Die Worte haben mich berührt. Ich kam nicht mehr klar, habe gelitten.»
Dass sich Spieler und Klubbosse in Bern den Fans stellen, ist keine Premiere. Wohl aber, was danach folgt: «Wir fragten uns, wie wir die Botschaft der Mannschaft vermitteln können und kamen zum Schluss, dass Fans in der Kabine eine Ansprache halten sollten», erzählt Untersander. «Das hat eine andere Wirkung, als wenn die immer gleichen Spieler sich ans Team wenden», ergänzt Raffainer. Und so müssen die SCB-Stars am Montag zweimal antraben. Am Morgen zum Training und abends um 18.00 Uhr zum Treffen mit 15 Fans.
Privilegiert und verwöhnt
«Sie sagten, sie würden uns immer unterstützen, sofern der Einsatz stimmt. Lassen wir uns aber wie gegen Davos abschlachten, hätten sie Mühe», sagt Untersander. Alles sei professionell abgelaufen, versichern Ebbett und Raffainer. Alle hätten Maske getragen. Zudem habe man geachtet, dass keiner auf das SCB-Logo am Boden tritt. Es sei beeindruckend gewesen, Fans mit eintätowiertem SCB-Emblem zu sehen. 15 Minuten habe das Prozedere gedauert. Raffainer übersetzt auf Englisch. Danach trifft sich das Team zum Nachtessen.
Einen Tag nach der Kabinenpredigt siegt Bern gegen Servette (3:2 n.V.) erstmals nach drei Pleiten. Scherwey dreht mit einem Doppelpack das Spiel. «Perfekt, klappt das in einem solchen Match», sagt der Nati-Stürmer. Dann deutet er mit dem Finger auf das SCB-Logo, klopft sich mit der Faust auf die Brust und sagt: «Es geht um mehr als um das Resultat. Es geht um den Klub. Die Fans geben alles für uns. Es tat gut, wieder einmal zu erkennen, wie privilegiert und verwöhnt wir eigentlich sind.»
Öffentlich auftreten möchten die 15 Fans nicht. Sie hätten bekommen, was sie verlangt hätten und sind dankbar für die Möglichkeit, die man ihnen geboten habe, heisst es. Untersander hofft: «Es sollte nun endlich jedem klar geworden sein, was es heisst, für dieses Logo, diese drei Buchstaben, diesen Club, diese Stadt spielen zu können.»
Ob die Ansprache nachhaltig ist? Am Freitag kommts zum Derby gegen Langnau.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | ZSC Lions | 19 | 19 | 40 | |
2 | HC Davos | 21 | 21 | 40 | |
3 | Lausanne HC | 21 | 8 | 40 | |
4 | SC Bern | 22 | 15 | 36 | |
5 | EHC Kloten | 21 | 2 | 33 | |
6 | EV Zug | 21 | 14 | 33 | |
7 | EHC Biel | 21 | 0 | 32 | |
8 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 21 | -4 | 31 | |
9 | HC Fribourg-Gottéron | 21 | -9 | 27 | |
10 | SCL Tigers | 19 | -3 | 25 | |
11 | HC Lugano | 19 | -13 | 25 | |
12 | HC Ambri-Piotta | 19 | -12 | 24 | |
13 | Genève-Servette HC | 17 | -3 | 22 | |
14 | HC Ajoie | 20 | -35 | 15 |