Es ist eigentlich wie immer, wenn man sich mit Christian Wohlwend unterhält. Der 45-Jährige sprüht vor Energie, zeigt sich enthusiastisch, wenn er von seiner Mannschaft spricht und beschreibt, wie sie nach der 2:9-Klatsche am Spengler Cup gegen Sparta Prag wieder aufgestanden sei, tags darauf IFK Helsinki mit 3:2 niedergerungen und den Halbfinal klargemacht habe.
Doch wenn man ihn auf seine Vertragssituation anspricht, dann wird er plötzlich bleich und seine Stimme fast ein wenig brüchig. «Es belastet mich», sagt Wohlwend nachdenklich. Gespräche würden aktuell keine stattfinden. Es sei auch «ganz klar» belastend für seine tägliche Arbeit und den Umgang mit den Spielern, Ende Dezember noch immer im Ungewissen zu sein. «Aber ich muss das, als Teil des Business, so akzeptieren.»
Gianola: «Wir stehen nicht unter Druck»
Eigentlich war die «Vertragsakte Wohlwend» beim HCD auf Ende November terminiert. «Doch wir haben uns entschlossen, dies aufzuschieben, weil wir sehen wollten, wie die Mannschaft unter Druck funktioniert», verrät CEO Marc Gianola. Damals im November hatte Davos, auch wegen viel Verletzungspech, eine schwierige Phase und verlor zwischenzeitlich acht von neun Spielen.
Ehe sich die Mannschaft wieder fing. Aktuell liegt sie in der National League auf Rang 6. Mit nur 6 Punkten Rückstand zu den ZSC Lions und Rang 3. Aber auch lediglich 10 Punkten Vorsprung auf die SCL Tigers und Rang 11.
Nach dem Spengler Cup wartet im Januar ein dicht gedrängtes Programm mit zehn Spielen auf die Bündner. Der Start ins 2023 ist nicht nur für die Mannschaft eine Bewährungsprobe, sondern vor allem auch für ihren Trainer. Denn im Januar will der HCD neu auch bezüglich der «Vertragsakte Wohlwend» entscheiden, wie Gianola sagt. «Wir stehen nicht unter Druck, diesen Entscheid schon jetzt fallen zu müssen.»
Gründe für und gegen neuen Vertrag
Wohlwend ist in seiner vierten Saison beim Rekordmeister. Hat grosse Verdienste, weil er diesen nach dem Absturz, als die Ära von Arno Del Curto endete, bemerkenswert rasch wieder stabilisieren konnte. Und auch wie er den HCD in den letzten Playoff-Viertelfinals nach einem 0:3-Rückstand gegen die SCRJ Lakers noch zu einem 4:3-Erfolg führte, zeugt davon, dass es der Engadiner als Trainer drauf hat.
Doch im Umfeld des HCD ist halt auch davon zu hören, dass Wohlwend sehr anstrengend sei. Und dass die Pferde immer wieder mal mit ihm durchgehen. Bei seinem legendären Flaschenwurf in den letzten Playoffs wurde die ganze Nation davon Zeuge. Emotionale Ausbrüche dieser Art soll es auch im internen Kreis regelmässig geben. Und unter diesen soll auch das Verhältnis zwischen ihm und dem Team gelitten haben.
Um es auf den Punkt zu bringen: Es gibt gute Gründe, mit Wohlwend zu verlängern. Aber auch gute Gründe, die Zusammenarbeit nach vier Jahren zu beenden. Und einen neuen Weg einzuschlagen. Was würde Wohlwend nun helfen, Herr Gianola? «Hilfreich ist für ihn, wenn der Staff und die Spieler hinter ihm stehen, dann folgen die guten Ergebnisse automatisch.»
Auch der Sportchef kein Fan des Trainers
Wenn man sich die Hinhaltetaktik des HCD vor Augen führt, die Worte von Wohlwend und Gianola im Ohr hat und sich auch sonst in Davos umhört, dann wird man den Eindruck nicht los, dass es nicht gut aussieht für Wohlwend. Zumal auch Sportchef Jan Alston kein Fan von Wohlwend sein soll.
Entscheiden wird allerdings ohnehin nicht er, sondern CEO Gianola und der Verwaltungsrat um Präsident Gaudenz Domenig. Und kommt dieses Gremium zum Schluss, dass es einen Trainerwechsel braucht, ist auch nicht auszuschliessen, dass dieser noch diese Saison vorzeitig über die Bühne gehen wird. Analog zum jüngsten Beispiel der ZSC Lions.
Es brodelt hinter den Kulissen des Rekordmeisters. Das Verhältnis zwischen Wohlwend und dem Team hat offensichtlich gelitten. Und dem Vernehmen nach soll auch Alston bei diesem nicht sonderlich beliebt sein. Umso erstaunlicher, wie gut die Mannschaft trotzdem funktioniert. Der Kitt innerhalb des Teams muss aussergewöhnlich sein.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | HC Davos | 29 | 31 | 57 | |
2 | ZSC Lions | 26 | 31 | 55 | |
3 | Lausanne HC | 28 | 2 | 50 | |
4 | SC Bern | 28 | 18 | 49 | |
5 | EHC Kloten | 29 | -5 | 47 | |
6 | EV Zug | 28 | 19 | 46 | |
7 | EHC Biel | 28 | 4 | 40 | |
8 | HC Ambri-Piotta | 28 | -11 | 39 | |
9 | HC Fribourg-Gottéron | 29 | -6 | 39 | |
10 | SCL Tigers | 27 | 1 | 38 | |
11 | Genève-Servette HC | 26 | 1 | 36 | |
12 | HC Lugano | 27 | -22 | 33 | |
13 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 29 | -20 | 33 | |
14 | HC Ajoie | 28 | -43 | 23 |