Biel mischt die Liga auf
Törmänens Sieg über den Krebs beflügelt das ganze Team

Es ist wie im Märchen: Der EHC Biel spielt nach überstandener Krebserkrankung von Trainer Antti Törmänen an der Spitze mit. «Kein Zufall», sagen die Spieler.
Publiziert: 07.11.2021 um 12:05 Uhr
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Kann wieder lachen: Antti Törmänen ist zurück. Und Biel eilt von Sieg zu Sieg.
Foto: keystone-sda.ch
Angelo Rocchinotti

Plötzlich wird es still in der Tissot Arena. Viktor Lööv ist im Training in die Bande gekracht. Und bleibt mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen. Trainer Antti Törmänen zieht die Augenbrauen hoch, ist froh, kann der Schwede nach kurzer Pause wieder mittun.

«Drei Ausländer sind verletzt. Zudem stehen mir nur noch vier Verteidiger zur Verfügung», konstatiert der Finne, um gleich anzufügen: «Wir dürfen nicht zu viel darüber reden. Negative Gedanken schaden. Jetzt erhalten junge Spieler die Chance. Das ist gut für die Organisation.»

Eine Aussage, die den 51-Jährigen perfekt charakterisiert. Auch in den dunkelsten Momenten verlor er nie den Mut. So auch am 9. Juli des letzten Jahres, als der zweifache Familienvater just am 21. Hochzeitstag die niederschmetternde Diagnose Gallenblasen-Krebs erhielt. Die Überlebenschancen sind gering. Erkrankte leben im Schnitt noch sechs Monate. Doch: «Ich hatte vom ersten Tag an ein Ziel: die Rückkehr an die Bande. Es war der grösste Kampf meines Lebens», sagt Törmänen. Er nahm die Chemotherapie wie ein «Playoff-Spiel». Und gewann.

«Man spürte die Unsicherheit»

Jetzt ist Törmänen zurück. Und Biel spielt an der Tabellenspitze mit. Zufall? «Nein», sagt Stürmer Luca Cunti. «Wir haben gesehen, wie Antti gekämpft und sich durchgebissen hat. Das war beeindruckend und löste in unserem Unterbewusstsein etwas aus. Es gibt keinen Grund, auf dem Eis einmal nicht Gas zu geben. Seine Erkrankung war ein Riesen-Schock. Wir hofften und bangten.»

Törmänen habe sich nach einem Jahr Pause erst wieder zurechtfinden müssen, erzählt Verteidiger Yannick Rathgeb: «Es war unklar, ob sein Körper den Belastungen standhalten wird. In den ersten zwei, drei Vorbereitungsspielen spürte man die Unsicherheit. Zudem kannten ihn viele Spieler noch nicht und mussten erst abschätzen, wie er tickt. Dann haben wir uns gefunden, und jetzt ist es wie vor seiner Erkrankung.»

Hat sich der Finne denn überhaupt nicht verändert? Assistent Thomas Zamboni sagt: «Antti ist extrem happy in seinem Job und mit seinem Leben. Er kam stets gerne zur Arbeit, mochte es, von Menschen umgeben zu sein. Das ist jetzt noch ausgeprägter.» Läuft es mal nicht, bleibe Törmänen cool. «Früher gab es Situationen, da wurde er – wie jeder andere auch – sauer. Nun ist er extrem gelassen. Probleme sind für ihn da, um gelöst zu werden.»

Kein Schlendrian

Die Ruhe überträgt sich auf die Mannschaft. «Wir sind allgemein gelassener», stellt Verteidiger Beat Forster fest. «Auch wenn wir mal 0:3 im Rückstand liegen, glauben wir an unsere Stärken. Das hat Antti mitgebracht: Er war mental immer sehr stark.»

Die Trainings hätten sich leicht verändert. Zudem spüre er stärker, in welchem Gemütszustand sich die Mannschaft befinde, meint Damien Brunner: «In Situationen, in denen er uns früher in Ruhe liess, puscht er uns jetzt. Ist mal der Schlendrian drin, spricht er es sofort an.»

Törmänen selbst sagt, er habe sich als Trainer auch in der Vergangenheit stets verändert. «Schliesslich verändert sich auch die Mannschaft. Es stossen neue Spieler und somit neue Charaktere zum Team.» Trotzdem gibt er zu, ruhiger geworden zu sein. «Heute kann ich auf dem Sofa liegen, ein Buch lesen und einfach im Moment leben. Früher hatte ich ständig das Gefühl, ich müsse noch dies und jenes erledigen.»

«Einfach happy»

Sportchef Martin Steinegger fällt auf: «Antti wurde vorsichtiger, trägt in Gruppen Maske.» Diese Woche schickte Törmänen vorsichtshalber sogar Spieler mit leichtem Schnupfen nach Hause.

Nahe stand der Finne den Spielern schon immer. Trotzdem spricht Forster von einer noch engeren Bindung zwischen Team und Trainer. Auch während seiner Erkrankung schaute Törmänen immer wieder in der Kabine vorbei, informierte die Spieler über seinen Gesundheitszustand. Nun aber möchte er das Geschehene hinter sich lassen, kommt auf Fragen immer wieder auf sportliche Dinge zu reden. Auch in der Garderobe sprach er seit seiner Rückkehr nie mehr über seine schwersten Stunden. Törmänen sagt: «Ich bin einfach happy, hier zu sein.»

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
HC Davos
HC Davos
29
31
57
2
ZSC Lions
ZSC Lions
26
31
55
3
Lausanne HC
Lausanne HC
28
2
50
4
SC Bern
SC Bern
28
18
49
5
EHC Kloten
EHC Kloten
29
-5
47
6
EV Zug
EV Zug
28
19
46
7
EHC Biel
EHC Biel
28
4
40
8
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
28
-11
39
9
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
29
-6
39
10
SCL Tigers
SCL Tigers
27
1
38
11
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
26
1
36
12
HC Lugano
HC Lugano
27
-22
33
13
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
29
-20
33
14
HC Ajoie
HC Ajoie
28
-43
23
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