Es ist kurz vor Mitternacht am Samstag. Ambri-Trainer Luca Cereda und sein Sportchef Paolo Duca sind nach der 2:3-Niederlage auf der Heimfahrt von Biel nach Ambri. Im Privatauto. Das hat einen besonderen und zugleich bewegenden Grund: Cereda leidet seit einem Jahrzehnt an Angststörungen. Die machen es ihm unmöglich, im Mannschaftsbus an die Auswärtsspiele zu reisen.
«Er ist ein Kontrollfreak.» Duca darf das über Cereda so ohne Umschweife sagen. Der 42-Jährige ist nicht nur sein Sportchef, sondern auch sein Freund. Und das seit über 30 Jahren. Als die beiden Ambri-Macher 2017 ihre Ämter bei ihrem Herzensklub antreten, ist für Duca klar: «Ich lasse Luca nicht alleine fahren, ich habe es ihm sogar verboten.» Seither hat er nur zwei Auswärtspartien verpasst, am 40. Geburtstag seiner Frau und weil er einmal im Ausland gewesen ist. Da ist auf den Rückfahrten ein anderes Staff-Mitglied als Beifahrer eingesprungen.
Spätfolgen der Herz-Operation
Im letzten Oktober kommt es nach einem späten Spiel an einem Sonntag in Genf zu einer Premiere: Cereda lässt Duca, der üblicherweise Beifahrer ist, ans Steuer. Und gibt damit erstmals die Kontrolle ab. «Er war so richtig müde. Er hat sogar geschlafen neben mir.» Das ist ein riesiger Fortschritt. Denn Cereda arbeitet schon länger mit Hilfe eines Psychologen an seinen Problemen. «Mein Ziel ist es, eines Tages wieder im Teambus mitzufahren», sagt der 42-Jährige. «Als Teil der Mannschaft. Aber so weit bin ich noch nicht.»
Ein nächster Schritt in diese Richtung ist dem Familienvater Anfang Dezember vor dem letzten Tessiner Derby gelungen: An seinem Wohnort nahe Bellinzona TI steigt er zu und reist mit dem Team nach Lugano. Die rund 40-minütige Fahrt hat Cereda gemeistert. «Eine enorme Verbesserung», so Duca. Nächstes Mal möchte es der Trainer vielleicht bei einem Spiel gegen den EVZ versuchen. Zug ist der nächste nahegelegene Gegner.
Dabei ist sich Cereda lange Busfahrten aus seinen drei AHL-Saisons (St. John’s Maple Leafs, 2001–2004) in Neufundland gewohnt. Angenehm sind sie aber schon damals nicht für den einstigen Stürmer. Panik-Attacken hat er da aber noch keine, was ihn heute verwundert. Denn: Man führt seine Angststörungen auf die Herz-Operation zurück, der er sich 2000 aufgrund eines Herzfehlers unterziehen lassen muss. Laut seinem Psychologen können solche Probleme bei Menschen in unterschiedlichen Abständen nach einem Eingriff als Spätfolgen auftreten. Bei Cereda beginnen sie erst zehn Jahre danach. Darüber zu reden, fällt ihm nicht schwer.
Er denkt, dass es der Kontrollverlust ist, der ihm zu schaffen macht. Im Bus zu sitzen, aber nicht der Chauffeur zu sein. Magenschmerzen und Übelkeit sind die Folgen. Cereda versucht es kurzzeitig mit Beruhigungsmitteln, erkennt aber bald einmal, dass es ihn weniger Energie kostet, im eigenen Auto an die Auswärtsspiele zu fahren, statt ständig gegen die Angst anzukämpfen.
«Wir hatten noch nie einen Streit»
Cereda und Duca sind jeweils die ersten Biancoblu, die im Stadion des Gegners eintreffen. Und die letzten, die die Heimfahrt antreten. Sie warten immer, bis sich der Teambus auf den Weg macht. Trotzdem sind Trainer und Sportchef vor der Mannschaft zurück in Ambri. «Ich warte jeweils in der Garderobe auf die Ankunft der Spieler», erzählt Cereda, «falls einer von ihnen noch mit mir über etwas reden möchte.» Gespräche, die andere Coaches im Car führen könnten.
Wie es sonst im Ambri-Auto zu und her geht? «Nach Niederlagen wie jetzt ist es etwas ruhiger», verrät der dienstälteste NL-Trainer. «Wir gehen das Spiel nochmals durch.» Das Duo nutzt diese Zeit bestmöglich. «Wir besprechen die Leistungen der Spieler, planen die Trainings.» Hockey ist das Hauptthema. Es ist ein intensiver Austausch, «eine Diskussion, eine Konfrontation», so Duca, «wir sind alleine, niemand stört uns». Manchmal steht auch ein Call an oder sie bekommen einen Anruf von einem der Assistenztrainer aus dem Teambus.
Die Persönlichkeit der beiden Tessiner, sie könnte unterschiedlicher nicht sein. Cereda ist nachdenklich, Duca emotional. «Da hilft es, dass wir beste Freunde sind», so Duca, «Luca ist ein guter Zuhörer. Ich kann nicht so lange nur zuhören und nichts sagen.» Sie sind eine einzigartige Combo, die einzigartige Erinnerungen schafft mit ihrer Fahrgemeinschaft in den unzähligen Stunden im Auto. «Wir verbringen mehr Zeit miteinander als mit unseren Frauen», scherzen sie. Und das wird ihnen nie zu viel? «Nein, wir hatten noch nie einen Streit», sagt Cereda, bevor er sich nach Mitternacht verabschiedet und sich wieder der Match-Analyse mit Duca widmet.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | Lausanne HC | 20 | 12 | 40 | |
2 | ZSC Lions | 18 | 20 | 39 | |
3 | HC Davos | 19 | 21 | 38 | |
4 | SC Bern | 20 | 15 | 33 | |
5 | EHC Biel | 19 | 4 | 32 | |
6 | EV Zug | 19 | 11 | 29 | |
7 | EHC Kloten | 19 | -2 | 28 | |
8 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 19 | -8 | 26 | |
9 | HC Ambri-Piotta | 18 | -10 | 24 | |
10 | HC Lugano | 17 | -13 | 22 | |
11 | HC Fribourg-Gottéron | 19 | -11 | 22 | |
12 | Genève-Servette HC | 16 | -2 | 21 | |
13 | SCL Tigers | 17 | -3 | 21 | |
14 | HC Ajoie | 18 | -34 | 12 |