Zwischen Marco Rossis Sätzen «Papa, ich habe Angst, dass mein Herz nicht mehr schlägt» und «Ich fühle mich zum ersten Mal als richtiger NHL-Spieler» liegen zweieinhalb Jahre. Und eine Odyssee, die mit einer Covid-Infektion begann, in der die Hoffnung die Ungewissheit ablöste, und die sein erster NHL-Treffer in eine Erfolgsgeschichte verwandelte.
Doch der Reihe nach. Im November 2020, nur einen Monat nachdem Rossi von den Minnesota Wild in der ersten Runde als Nummer 9 gedraftet worden war, infizierte er sich in Zürich mit dem Coronavirus. Der Österreicher kam lange nicht wieder richtig auf die Beine. Er fühlte sich ständig müde, kehrte beim ZSC aber trotzdem aufs Eis zurück.
Der Tiefpunkt folgte zum Jahreswechsel an der U20-WM in Kanada. «Ich war am Ende, ich konnte einfach nicht mehr aufs Eis.» Er habe an Jetlag oder sonstige Probleme gedacht. «Aber Corona, den Gedanken hatte ich nie», sagte Rossi im Frühjahr 2021 in der ORF-Sendung «Sport am Sonntag».
Drittbester NHL-Rookie
Er flog dennoch nach Minnesota und rückte ins Camp ein, wo er intensiven medizinischen Tests unterzogen wurde. Die Schock-Diagnose: Herzmuskel-Entzündung, hervorgerufen durch Corona. Rossi musste ein Jahr aussetzen, sein Einstiegsvertrag wurde entsprechend verschoben. Eine Geduldsprobe – für ihn, für seine Familie. Er kehrte zu ihr nach Vorarlberg zurück für die Genesung, wo die Sorgen um sein Herz eine Herausforderung für die Eltern war.
Die entstandenen physischen Defizite arbeitete der Stürmer auf, doch sie zehrten an seiner Geduld. Oft musste sich der 22-Jährige nach seiner Rückkehr nach Nordamerika mit dem Farmteam Iowa Wild und der AHL begnügen. 2021/22 setzte ihn Minnesota nur in zwei, eine Saison später in 19 NHL-Partien ein.
Den Durchbruch schaffte der Nationalstürmer in dieser Saison – und wie. Im zweiten Saisonspiel gegen Toronto (4:7) schoss Rossi sein erstes NHL-Tor. Mittlerweile zählt der einzig verbliebene Österreicher in der NHL zu den Teamstützen Minnesotas, ist als Center des Top-Sturms gesetzt. Und derzeit der drittbeste Rookie der Liga hinter Wunder-Teenie Connor Bedard (18, Chicago) und Adam Fantilli (19, Columbus).
Rossi hat sieben Kilo zugelegt
«Ich fühle mich so stark wie noch nie», sagte Rossi vor zwei Monaten der «Kleinen Zeitung». An sich gezweifelt habe er nie, «sondern alles untergeordnet, um in der NHL zu spielen». Letzten Sommer blieb er fürs Training in den USA, hat sieben Kilo zugelegt. «Er stiess in einer phänomenalen Verfassung zu uns», betont Wild-Trainer Dean Evason (59, Ka), «er verdient es, wo er gerade spielt.»
Vor Weihnachten erntete Rossi zudem den Respekt von seinem Star-Flügel Kirill Kaprisow (22): Nachdem der Russe heftig von Montreals Kaiden Guhle in die Bande gecheckt worden war und vom Eis aufgeblickt hatte, sah er keinen seiner Prügler-Teamkollegen, die für ihn einstanden, sondern den 175-cm-Ösi. «Ich dachte, wow, der ist eine Maschine», so Kaprisow. Es war Rossis erster Kampf in der NHL.