Für die Nationalmannschaft geht es bei einer WM längst nicht mehr darum, in erster Linie die prinzipiellen Sorgen vom Tisch zu bekommen. Abstieg? Selbst bei einer pandemiefreien WM redet keiner mehr von der sportlichen Notfallzentrale. Man spricht von Medaillen und träumt laut vom Titel, weil Patrick Fischer das Selbstvertrauen kultiviert und so schrittweise in den Köpfen verankert hat.
Damit steht das Schweizer Eishockey in direkter Konkurrenz mit einigen typischen helvetischen Abwehrreflexen, die gesundes Selbstvertrauen, Titelträume und eine ambitionierte Zielsetzung unbedingt mit Überheblichkeit gleichsetzen.
Ist die Schweiz eine Eishockey-Supermacht? Nein. Sind wir eine Top-Nation? Nein, aufgrund einer mehrheitsfähigen Definition sind wir das noch nicht ganz. Haben wir die Bodenhaftung verloren, weil wir uns eine Medaille wünschen? Vielleicht den Titel? Nein. Die Schweizer National League bietet das attraktivste Eishockey ausserhalb der besten Liga der Welt – und die Nationalmannschaft ist (endlich) ein Spiegelbild davon.
Was reisst uns denn aus den Sitzen? Ängstlicher Defensiv-Fanatismus mit anekdotischen Achtungserfolgen in einer Vorrunde? Oder ist es doch die mutige, angriffslustige und lebenslustige Variante, die sich langsam als Markenzeichen etabliert und uns heftige Siege in Knockout-Spielen gegen die Grössten beschert wie 2018 in Dänemark? Eben. Dafür schluckt man auch mal einen verpassten Viertelfinal. Weil? Anekdotisch. Genauso wie früher die Achtungserfolge.
Die Spieler der neuen Schweizer Generationen träumen gross, und sie lassen sich diese Träume nicht mehr einfach so ausreden. Ein Nati-Coach, der die Angst vor dem Versagen zum höchsten Gut erhebt und damit Kreativität und Wagemut im Keim erstickt, wäre heute auf verlorenem Posten.
Also: Darf man eine Medaille erwarten? Ja, man darf. Nur nicht gleich durchdrehen, falls es nicht soweit kommt.
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